OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

Gemeinwesen ohne solche Bevorrechtung fast geringschätzig herabschauten. Diese Bewertung hatte bezeichnenderweise selbst die doch so alles vernüchternde, jegliche Überlieferung vernünftelnd entblätternde Zeit der „Aufklärung" ungeschmälert überstanden, so daß selbst spät erst erhobene Märkte (z. B. Urfahr 1808) sich solch ein Zeichen noch anschafften. Erst das spätere 19. Jahrhundert tat ihnen Abbruch. Die Arten der Freyungs-Zeichen und ihre Anwendung Die früheste Gestalt solcher Freyungs-Zeichen war hierzulande gewiß das sogenannte „hüetl", eine Nachbildung des babenbergischen Herzogshutes, später war es das „fahndl", ein Fähnlein, meist in den Landesfarben, seit allgemeinerem Gebrauche von Wappenschildern wohl auch noch mit dem vom Landesfürsten verliehenen Wappen des Ortes, seltener dem des Herrschaftsinhabers, bisweilen auch dem landesfürstlichen Wappen selbst. Schließlich trat - es ist anzunehmen: nicht vor dem 16. Jahrhundert - zu derlei Fahndln ein hölzerner, seltener eiserner, rechter, vorwärts gereckter Mannsarm mit einem aufrecht in der Faust gehaltenen blanken Schwert. Wahrscheinlich noch in früh-, wo nicht vorgeschichtliche Zeit ging im deutschen Räume die Rechts-Auffassung zurück, daß für bestimmte Örtlichkeiten oder Anlässe die öffentliche Ordnung und Sicherheit einen übergewöhnlichen Schutz, einen besonderen „fried" be nötige'. So durfte vor allem die öffentliche Gerichts-Versammlung, das „thing", Anspruch erheben, daß auch von den nicht unmittelbar Beteiligten, also vor allem vom Kreise der Zu hörer, dem „umstand", jene Ruhe und Ordnung gewahrt werde, die ein leidenschaftslos geführtes Verfahren erheischte. Aber auch der einzelne Stammesgenosse sollte innerhalb seiner Be hausung, begrenzt durch Traufe oder Türschwelle („drischübl"), für sich und seine Haus genossen so sicher und „friedbar" sein „wie der herzog in seiner bürg®", mithin den „hausfrieden" genießen. Auch die Kultstätten, seit Übernahme des Christentums die Kirchen, der vom einzelnen regelmäßig dahin zu nehmende Weg (der Kirchsteig), der ja bis ins späte 18. Jahrhundert herauf meist unmittelbar um die Kirche liegende, ebenfalls „gefreite" Hof (Freithof, Friedhof), seit alters auch die Landstraßen, um Handel und Wandel zu sie auf S. 256, 257, 258, 261, 263, 268, 272, 275, 305, 314, 315, 316, 328, 329, 339, 354, 383 als „Plättstahle" (Bügeleisen, 354), die „trotz schärfsten Wettbewerbs mit dem Steyrer Räume ihren Weg stromabwärts nah men" (258).] Im hier besprochenen „fasten-speis"-Falle mußte die Stadt also die doppelte Geldablöse im errechneten Verhältnisse auch an die übrigen herkömmlichen Bezieher berappen (Stadt-Archiv Freistadt, OÖ. Land.- Arch., Hs. Nr. 88). Dem Landeshauptmann und seinen Mannen mag freilich eines zur (geringen) Entlastung dienen. Zur selben Zeit galt nämlich der ranghöchste Beamte in Österreich, Oberster Hofkanzler imd Außenminister Phil. Ludw. Graf Sinzendorff nicht nur innerhalb dieser Grenzen, sondern auch bei allen auswärtigen Höfen als der bestechlichste aller damaligen Staatsmänner - und das durfte in jenen Zeiten wahrhaft etwas sagen! Er war der würdige Sohn seines Vaters, der wegen seiner als Präsident der Hofkammer begangenen großen Unterschlagungen erst zu lebenslangem Gefängnis verurteilt, alsbald aber, wie ja nicht anders zu erwarten, vom Kaiser wieder begnadigt worden war rmd sich — ohne einen Gulden Schadensgutmachung — auf seine Güter „zurückziehen" durfte. Ein Jahrhundert später — der saubere Josefinische Staat duldet wenigstens kein Beamten-Schmieren mehr —, am 28. 10. 1787, kostet aber die Erneuerung seiner Frei heiten z. B. dem Markte Leopoldschlag allein an Gebühren doch immerhin noch 11511. 41 kr (Markt-Arch. Leopoldschlag, OÖ. Land.-Arch., Sch. 603). ' friede, ahd. fridu, mhd. vride = Schontmg, Zustand unverletzter Rechts-Ordnung. ® „quod domus sua cuique tutissime sit refugium"; vgl. Gustav Brachmann, Der Hausfriede im Spiegel deutschen Volksrechtes in Österreich, ÖÖ. HBl., Linz 1959, IV und, 1961, IV. • Wir glauben nicht, daß in diesem Begriff noch die Vorstellung vom ursprünglichen „umgrenzten Hof" lebendig war, wie dies K. S. Bader (Das Dorf als Friedens- u. Rechtsbereich, Weim. 1957, 96, FN. 8) annimmt. Denn dann hätte solcher Ausdruck auch am Hofe jedweder Hofstatt haften müssen, der doch seit jeher nicht nur „umgrenzt", sondern wirklich umfriedet, umzäunt gewesen war. Der Friedhof — im Oberdeutschen ja ganz bezeichnend nicht selten auch „freithof" genannt - trug seine Benennung sicherlich erst aus dem übertragenen Gebrauche von „fried", nämlich im Sinne eines Sonder-Friedens, eines erhöhten Rechts-Schutzes, einer besonderen „freiung".

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