OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

fabrikanten Rudolf Kitzmantel. Herrle blieb nach der Rückkehr aus Mexiko in den USA, heiratete 1873 in New York die Münchnerin Anna Koch und war als Angestellter des Hydro graphie Office Navy Department in Washington tätig, wo er 1902 starb. In Briefen an seine Mutter, Anna Herrle, nimmt Gustav Herrle auf seinen Dienst im öster reichischen Mexiko-Korps Bezug. Innigst geliebte Mutter! Puebla, 20. September 1865. Theuerste Mutter, so will ich Ihnen denn in Kürze von meiner Abreise an alle Vorfalle mitteilen. Am 7. November 1864 habe ich für Max geschworen. Bin mit der Südbahn nach Laibach gefahren. Dort begegnete ich einer Reihe von verwilderten Gestalten, teils in grober Zwilchmontur und Haiinas mit Strohhüten am Kopf, teils auch in ganz zerlumpter oft origineller Adjustierung. Man sagte mir, dies seien Leute vom Freikorps. Am 19. November kamen wir in Triest an und wurden vom Bahnhof in eine große Kaserne getrieben, standen dort bis 9 Uhr früh, marschierten zum Quai und wurden eingeschifft. Unser Transport war der Erste. Das Schiff hieß „Bolivian", wir waren gegen 1200 Mann. Das Schiff ein echter Englishman, ein Schraubendampfer. In der Kajüte verlegte einem die Ausdünstung so vieler zusammengepferchter Menschen den Atem. Ich schlief ganz gut auf einem Stiegenhausdeckel. Das Essen auf dem Schiff war miserabel. Frühstück 1 Stück harter Zwieback, 1 Schale schwarzes Kaffeewasser und 1 Schluck Rum. Mittag 1 Stück Pöckelfleisch mit Kraut. Nachmittags das gleiche Essen wie vormittags, leh bin oft hungrig vom Tisch aufgestanden. (Fortsetzung 22. 9.) Von der 1. Station Gibraltar ging es in den freien Ozean hinaus. Bei unserer Ankunft in Martinique sahen wir die ersten Schwarzen. Wir, sämtliche Kadetten des ersten Transportes, baten den Herrn Generalen Graf Thun, der sich auf unserem Schiff befand, am Hl. Abend auf unsere Kosten durch ein besseres Mal feiern zu dürfen. (Fortsetzung 25. 9.) Die Fahrt von Martinique nach Vera Cruz dauerte, wenn ich nicht irre, 5 Tage. Endlich, am Neujahrstag gegen 9 Uhr früh, betrat ich mit eigentümlichen Gefühlen den amerikanischen, eigentlich mexikanischen Boden. Ich dachte nämlich, ob ich wohl je auch wieder diesen Boden verlassen und die Reise zurück würde machen können. Doch das weiß der liebe Gott allein. Alle hatten wir auf eine schöne Kaserne mit ordentlichen Zimmern und Betten uns gefreut. Wir wurden aber in eine halbzerfallene Kaserne geführt, viel Unge ziefer. Ich dachte, warum bist du herübergegangen. Ich müßte 100 Seiten vollschmieren, um alles zu schildern. (Fortsetzung 26. 9.) Am Tag nach HeiUgen Drei König marschierte unsere Kolonne, 2., 3., 6. Jäger- und 1. Pionierkompagnie, von Vera Cruz ab. Wir machten bis Jalapa, 4000 Fuß höher als Vera Cruz, 6 Marschtage in größter Sonnenhitze. Wir trafen nur ganz elende Indianerfamilien. Schon am 1. Marschtag bekam ich wunde Füße und haspelte die folgenden Märsche mit. Ing. Richard Moro, Die Mütter meiner Familie und deren Sippe (im Besitz von Dr. Hermann Moro, Wien 9, Wilhelm Exner-Gasse 13); hier auch die Abschriften der Briefe Gustav Herries.

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