OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

für uns hatten und uns bereits einiges Geld vorstreckten, hatten vor einigen Wochen die Idee, da sie uns kein Klavier, welches wir für 8-10 fl. mieten wollten, auftreiben konnten, nur ein klimpriges Piano mit Glasinstrumentation und 21 Tasten zu liefern, auf dem ich mich äglich einige Zeit unterhalte und das mir in Ermangelung eines anderen recht viel Spaß macht. Auch haben wir vor einigen Tagen einige Turnapparate aufgestellt und wird nun fleißig geturnt, so daß wir unsere drückende Existenz so viel als möglich zu erleichtern suchen. Da sich am 12. November ein Österreicher, ehemaliger Oflfizier, der in Mexiko heiratete, nach Europa einschifft, der mir antrug, Briefe mitzunehmen, so benütze ich diese Gelegenheit um an Dich und an meine Mutter zu schreiben und beabsichtige, da ich schon einmal im Train bin, auch nach Vera Cruz an den preußischen Consul d'Obire zu schreiben, um mich neuerdings zu erkundigen, ob kein Brief und kein Geld von Euch an mich ankam, da ich bereits im Monat Juni oder Anfang Juli an Adolfine schrieb und sie bat, mir 500 Piaster zu schicken und den Brief an den preußischen Consul in Vera Cruz zu adressieren, dem ich bereits schrieb, auf welchem Wege er mir Brief und Geld am sichersten zukommen lassen könne. Auch will ich nach Queretaro an einen Deutschen schreiben, damit ich einen Koffer mit Zivil-Hemden, den ich im vorigen Jahr beim Präfekten in San Louis de la Pays zurückließ, wenn wir in Freiheit gesetzt sind und ich über Queretaro nach Mexiko fahre, schon dort finde, und endlich will ich zwei Briefe an 2 Rittmeister meines ehemaligen Regi ments beantworten, die mir bereits vor mehreren Wochen schrieben. Ich bin sehr neugierig, zu erfahren, ob Du während des Aufenthaltes der französischen und österreichischen Majestäten in Salzburg selbst bei irgend einer Soiree oder sonstigen Festlichkeit beim Empfang vor gestellt wurdest. Ich hoffte, den hl. Abend schon in Europa zubringen zu können, was aber nun auf keinen Fall mehr möglich sein wird. Sollten meine Briefe von hier nicht angekommen seyn und ich nicht genug Reisegeld haben, um nach Europa zurückzufahren, so beabsichtige ich, nach Havanna zu gehen und dort beim österreichischen Consul, der uns hoffentlich als arme Kriegsgefangene, die alles verloren haben, bei sich aufnehmen wird, so lange zu bleiben, bis ich das nötige Reisegeld bekomme. Indem ich Dich bitte, die lieben Kinder in meinem Namen herzHchst zu küssen, verbleibe ich. Euch alle bestens grüßend in der Hoffnung, bald eine Antwort von Dir zu bekommen, eingeschlossen in ein Cuvert an Herrn von d'OBIRE, preußischer Consul in Vera Cruz. Dein Dich vielmals um Vergebung bittender Gottfried. Beiliegenden Brief bitte ich Dich, meiner Mutter zukommen zu lassen. * Graf Pachtas Hoffnung, die Heimat wiederzusehen, ging leider nicht in Erfüllung, denn wie Aemilian Wurmb (siehe Seite 100) berichtet, starb er in dessen Armen am 15. Dezember 1867. Sein Leichnam wurde vor der Insel San Thoma ins Meer versenkt. Gustav Herrle Im österreichischen Freiwilligenkorps in Mexiko diente als Pionierleutnant Gustav Herrle, der am 1. April 1843 als Sohn des Lederermeisters und Hausbesitzers Gustav Herrle in Wels, Stadtplatz 45, geboren war'»; sein Geburtshaus befindet sich heute im Besitz desLeder- '» Taufbuch der Stadtpfarre Wels, Tom XIII, pag. 65, 1843. — Den Hinweis auf Gustav Herrle verdanke ich Herrn Dr. Felix Gamilschegg, Wien, ebenso bin ich Herrn Dechant und Stadtpfarrer Heinrich Hirscher von Wels zu Dank verpflichtet.

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