verletzte Pferde habe ich erschossen, die sofort zerteilt wurden. Ich denke mit Ekel an das zuckende Fleisch, das schnell, ohne Salz, gekocht wurde, und über das man wie hungrige Wölfe herfiel. Das Wasser war in weitem Umkreis verseucht - dadurch jede, auch die kleinste Verwundung auf dem Schlachtfeld tödlich. Ruhr und Dysenterie wüteten. Ich selbst, obwohl fast unmittelbar zur Suite des Kaisers gehörend und infolgedessen nicht allen Unbilden des Feldzuges ausgesetzt, war in einer elenden Verfassung. Ich bekam das sogenannte kalte Fieber, und plötzlich, bei verhältnismäßigem Wohlbefinden, befiel mich Schüttelfrost, der Stunden währte. Dann war ich in Schweiß gebadet. Für Tage blieb eine tödliche Mattigkeit zurück. Noch heute, mit 82 Jahren, leide ich an diesem Schüttelfrost - nichts, kein Bad, kein Medikament konnte mir vollkommene Heilung bringen. Alle fühlten, daß ein Unstern auf unserem Unternehmen laste. Die Katastrophe rückte immer näher. Unser Lager wurde aufgelöst, und die meisten Offiziere und Mannschaften flohen nach Europa zurück. Bevor wir in die Festung Queretaro kamen, wurde auch mir freigestellt, in die Heimat zurückzukehren. Aber mein unverwüstlicher Optimismus, daß vielleicht doch noch alles sich zum Guten wende, daß irgendwie irgendwoher Rettung käme und mit ihr neue Lorbeeren - war ja die Kaiserin Charlotte zu Napoleon geeilt, um ihn an sein gegebenes Wort zu mahnen, von ihm Hilfe zu fordern -, meine Treue zu dem unglück lichen Kaiser, der während meines Aufenthaltes sich immer gnädig mir gegenüber gezeigt, veranlaßte mich zu erklären, mit Graf Pachta bis zum letzten Ende - was immer auch dieses Ende sei — auszuhalten. Da fiel Queretaro durch Verrat in die Hand der feindlichen Truppen. Mit Graf Pachta und sechs anderen Offizieren wurde ich gefangengenommen, mit dem Kaiser vorerst nach Veracruz gebracht. Auch hier blieb ich über Veranlassung von Fürst Salm bei Graf Pachta, sein Zimmer teilend und wieder in nächster Nähe Seiner Majestät. Die Ungewisse Zukunft lastete schwer auf uns. Da Maximilian zum Tode des Erschießens verurteilt wurde, sollte uns das gleiche Schicksal treffen? Wir waren auf alles gefaßt. Acht Tage vor der Erschießung des Kaisers Maximilian wurde ich von Graf Pachta getrennt und das letzte Häuflein Österreicher - acht Offiziere - in die verschiedenen Gefangnisse des Landes verschleppt. Gegenüber jeder anderen Erzählung, dieser oder jener von uns Österreichern habe der Erschießung beigewohnt, erkläre ich, daß niemand, auch der Leib arzt Dr. Bäsch nicht, Zeuge der Hinrichtung war. Ich wurde mit zwei Kameraden, Kusniak und Pawlowsky, nach Guanojuato in das dortige Zuchthaus gebracht. Dieser Weg war wohl mein Kreuzweg. Die brutalen Soldaten, die uns führten, nahmen das Gute, das wir noch am Leibe hatten, fort, selbst meine Reitstiefel wurden mir heruntergerissen, und man gab mir ein Paar zerfetzte Sandalen. Wir marschierten im Staub, in dem heißen Sand, Stunde um Stunde, geschwächt durch die Aufregung der letzten Zeit. Krank, mit wunden Füßen, trampelte ich zwischen unserer Eskorte nach kurzer Rast immer wieder weiter. Wir kamen zu einem Indianerdorf, glühende Sonne brannte auf uns. Die Zunge klebte am Gaumen, meine Füße schmerzten wahnsinnig. Es wurde Halt geboten. Ich warf mich auf die Erde, lehnte mich an einen Baum und glaubte, daß ich ein rechtes Bild des Jammers bot. Die Indianer eilten aus dem Dorf herbei und boten uns Erfrischungen an, und ein alter Mann, den ich von einem Jagdausflug her kannte, trat auf mich zu und fragte mitleidig, ob ich verwundet sei. Ich verneinte, zeigte auf meine Füße, das Blut, das an den Sandalen klebte. Er gab einem Mädchen, das bei ihm war, einen Auftrag. Es eilte fort, um nach
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