Ich war Leutnant bei den Savoyen-Dragonern und habe bereits den Feldzug 1859 in Ober italien mitgemacht, war ein glänzender Reiter - hatte ich doch auf der Spanischen Hof reitschule gelernt war tollkühn und abenteuerlustig. Die Liebe zu den Pferden wurde mir wohl von meinem Großvater vererbt. Großvater Albrecht Adam war als 21jähriger von Prinz Eugen Beauharnais als dessen Hofmaler in den russischen Feldzug mitgenommen worden und kam erst mit den letzten Bayern in seine Heimat zurück. Ich hatte seine Memoiren oft und oft gelesen. Was gab es da noch für Abenteuer zu erleben. Mexiko! Mein älterer Bruder lebte als Generaldirektor der Schiffswerft von San Marco in Triest. Auf seiner, für die damalige Zeit sehr luxuriös eingerichteten Segeljacht gab er dem Erzherzog Max ein Diner, bei welchem auch ich anwesend war. Man sprach von Mexiko, und plötzlich - seine Augen auf mich richtend - fragte der Erzherzog: „Was für Pläne haben Sie, lieber Wurmb?" Meine Pläne was sollte ich sagen, was antworten? In meiner Ver legenheit über die unerwartete Ansprache hinein hörte ich die Stimme meines Bruders: „Kaiserliche Hoheit, mein Bruder würde glücklich sein, von Ihnen nach Mexiko mitge nommen zu werden". Ich erinnere mich noch sehr gut jenes Augenblicks. Was stürmte nicht alles in dieser knappen Sekunde auf mich ein! Meine Pläne, meine Träume sollen sich be wahrheiten? Nach Mexiko! Lockende Fata Morgana! Kam da das große, das ganz große Abenteuer zu mir? Wenn ich nach Mexiko ging, erwartete mich nicht Ehre, Ruhm? Meine glänzende Phantasie - die Phantasie eines 24jährigen - zeigte mir das Land der Azteken. „Wirklich, lieber Wurmb? Das freut mich, wir sprechen noch darüber", sagte der Erzherzog lächelnd. Man trank mir zu - ich war in der kleinen Tafelrunde der Held des Augenblicks. Schon am anderen Tag meldete ich mich bei Seiner kaiserlichen Hoheit zur Audienz. Der hohe Herr war außerordentlich liebenswürdig, kurz darauf waren alle Formalitäten geregelt - mein Schicksal war besiegelt, es gab kein Zurück mehr - ich träumte weiter von Ruhm und Ehre. Endlich, viel zu lange für meine Ungeduld und freudige Erregung - Ende Oktober 1864 war ich eingeteilt in das österreichisch-belgische freiwillige Korps, wir verließen von Triest aus die Heimat, ich sehe nicht zurück, nur vorwärts, und unauslöschlich war der Eindruck, den ich bei der Ankunft im Hafen von Veracruz hatte. Unser Empfang in Mexiko, die Ein quartierung, der Aufenthalt der Truppe - der Krieg, all das ist hinlänglich beschrieben worden - mehr oder weniger wahr, mehr weniger aufrichtig. Ich habe nicht den Ehrgeiz und das Talent, keine Begabung, unter die Schriftsteller zu gehen. Was ich hier schreibe, für mich aus unerklärlichem Grunde aufschreibe, sind persönliche Erinnerungen, persönliche Eindrücke, nur Begebenheiten in meinem Leben. Ich hatte Mexiko mit seinen Bewohnern liebgewonnen, ich betrachtete mit offenen Augen die Schönheiten des Landes, vor mir steigt der Popocatepetl auf mit seinem von ewigem Schnee gekrönten Haupt. Der Citaltepe (Cihualtepetl), Oaxaco, Orizaba, Puebla, Fehnantepec - ich erinnere mich an die drei Zonen, an die wogenden Maisfelder, die wir durch schritten - so hoch waren die Stauden, daß nur unsere Köpfe sichtbar waren -, an die Zitronenhaine, die herrliche Vegetation, die bunten Vögel, ich sehe die Pyramiden, Schwestern jener, wie ich sie in Ägypten gefunden. Und die Bewohner? Die Mexikaner hatten nicht viel Freude an den zusammengewürfelten Elementen, welche die Legion bildeten, die an maßende Soldateska hatte sich nicht viel Freunde gemacht. Ich war ein vorzüglicher Lateiner und sprach in kürzester Zeit spanisch tadellos. Da ich vorerst der Eskorte Ihrer Majestät der Kaiserin Charlotte zugeteilt war, auch wenn sich die Allerhöchsten Herrschaften nach der
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