OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

sich von Fall zu Fall, d. h. für die Zeit, da die Bannung öffentlich wirksam wurde, für die Marktzeit also, noch eines weiteren deutlich sichtbaren auffalligen Zeichens zu bedienen, des Marktzeichens, ebenfalls „freyung" oder „freitn" genannt. Es besteht nicht der geringste Anhalt zur Annahme, daß sich etwa mit den Freyungs-Zeichen die Nieder-Gerichtsbarkeit der Märkte und Städte bloß ein äußeres symbolum oder signum iustitiae habe beilegen wollen, um damit denen der Hohen Gerichtsbarkeit etwas entgegen zusetzen. Vielmehr glauben wir, daß jene Zeichen erhöhten Frieds im Rahmen und Bereiche der Marktgerichtsbarkeit und der danach geübten strengeren und schnelleren RechtsSprechung sogar in eine Zeit zurückreichen, wo die in den Verleihungsurkunden für den Blut bann so deutlich herausgestellten Gerechtsame („vinculum et patibulum" = Stock und Galgen) vielleicht noch gar nicht ihre äußerliche Verkörperung in dauernd stehenden Galgen, innerhalb geschlossener Siedlung in dauernd und öffentlich aufliegenden Stöcken (Blöcken) gefunden hatten. Und wenn auch vielleicht das eine wie das andere um das 13. Jahrhundert anzusetzen sein mag - bestimmt obwalteten auch da landschaftsweise Unterschiede® —, so lebte doch in den Freyungs-Zeichen ein bedeutsamerer, ein gewichtigerer Sinnbildswert, als ihn bloß Nacheiferung hätte begründen können. Darüber hinaus hatten sie noch den reinen Nützhchkeitszweck einer allgemein verständlichen Kundmachung, was in einer Zeit, da Lesen und Schreiben noch auf engste Personenkreise beschränkt war, gar nicht genug zu schätzen gewesen sein mußte. Ihr über ein Halbjahrtausend geübter Brauch ließ ihre Bedeutung wohl männigüch geläufig sein und machte eine zusätzliche, mündlich erklärende Verlautbarung (durch Ausruf, wie er allerdings dort und da einmal vorgekommen zu sein scheint) durchaus entbehrlich. Diese Freyungs-Zeichen, welche Gestalt auch immer sie im Laufe der Jahrhunderte und nach mitunter verschiedenem Ortsbrauche gehabt haben mochten, waren also Sinnbilder des während der Dauer einer Marktzeit verschärften „frieds" und trugen ihren Namen nach der vom Landesfürsten dem betreffenden Gemeinwesen ausdrücklich, u. zw. mit Brief und Siegel verHehenen Berechtigung®, an bestimmten Kalendertagen öffentlich Markt ® Das Fehlen jedweder Erwähnung solcher Zeichen in den babenbergischen Stadtrechten des 13. Jahrhunderte -auch das von Passau (Fssg. 1225. VIII) bedroht nur ganz allgemein jedweden Fried-Bruch mit Verlust der Hand oder 5 Pfd. - ist gewiß auffällig, allein sie gedenken ja auch sonst des doch zu jener Zeit schon so lebhaften wirtschaftlichen Lebens kaum in irgendwelcher Weise. — Übrigens führt auch W. Funk, Alte deutsche Rechtsmale, Berlin 1940 (17), die Freyungs-Zeichen in das Hochmittelalter zurück. Uns scheinen sie nörd licheren Ursprunges gewesen zu sein. Sagt doch das Magdeburger Weichbildrecht schon 1188 (IX): „daz ist noch daz urkund / wo man newe Stadt bawet oder markt macht / daz man da ein creutz sezet auf den markt / durch das man sehe / daz weichfried da sei / vnd man henket auch da des kuniges handtechuch daran / durch das daz man darbey sehe / daz es des kuniges wille sey." ® Gleich wie bei anderen öffentlichen Berechtigungen war, wie schon oben gesagt, auch die Erteilung der Stadt- und Markt-Rechte nur allzu oft durch die geldlichen Bedürfnisse des Landesfürsten, späterhin des Staates, weit mehr als durch sachlich begründete Erwägungen geleitet. Auch der geradezu unumstößlich eingelebte Brauch, sich seine landesfürstliche Bevorrechtung bei jedem Regierungswechsel neu bestätigen zu lassen, war zu einer bescheidenen, aber geläufigen Einnahmsquelle des Staates, was aber noch weit schlimmer war, zu einer geradezu unverschämten Bakschisch-Schnorrerei der mit dieser doch rein schimmelmäßigen Amtshandlung befaßten Staatsdiener obersten bis untersten Ranges geworden. Be sonders blühte diese Schmutzerei im 17. und ersthalben 18. Jahrhundert, dem klassischen Zeitalter österrei chischer Beamtenbestechlichkeit. Ein solches im einzelnen aufgegliedertes Beispiel ist in einer Verzeichnung der Herrschaft Clam anläßlich der zu Regensburg durch Kaiser Leopold I. gewährten Erneuerung des Klamer Markt-Rechtes erhalten: „. . . dem Hrn. Ferd. Klueg / k. ö. geheimen hofcanzley zahlen lassen 131 fl. dem canzlisten für diplom- und briefschreiben 6 fl. dem canzley diener für tragen zum unterschreiben 1 fl. 30 kr. für das vidimus mit dem kaysrl. sigel 6 fl» des herrn secretär Koch leuten 3 fl.

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