Oberösterreicher mit Kaiser Max in Mexiko Von Richard Kutschera (Linz) Seit die ehemals spanische Kolonie Mexiko die Herrschaft der Krone von Madrid abge schüttelt hatte, tobten Kämpfe aller gegen alle in diesem von der Natur so reich bedachten Land. Parteien, Interessengruppen und Ehrsüchtige rangen um Macht und Einfluß im Staate. Als geflüchtete mexikanische Politiker und Diplomaten mit dem französischen Hofe Ver bindungen angeknüpft hatten, entschloß sich Kaiser Napoleon HI. unter dem Einfluß seiner Gemahlin Eugenie zum Griff in die Neue Welt. Ein Kaiserreich Mexiko als französischer Vasallenstaat sollte geschaffen werden. Dazu benötigte Frankreich einen Mann dynastischen Ranges als Strohmann, der sich bereit erklärte, gestützt auf die Gnade und Unterstützung Napoleons im fremden Land seinen Thron zu errichten. Napoleon und seine Gattin verfielen auf den Gedanken, Erzherzog Ferdinand Maximilian, den 1832 geborenen Bruder Kaiser Franz Josephs I., in das abenteuerliche Unternehmen zu verstricken. Tatsächlich lockte das Irrlicht dieser fernen Kaiserkrone, der Schein voller eigener Souveränität, den kaiserlichen Prinzen so sehr, daß er alle Bedenken beiseite schob. Jetzt endlich sollte sein Traum von voller fürstlicher Betätigung und Macht in Erfüllung gehen. Nicht länger sollte er als Zweit geborener gezwungen sein, neben dem um nur zwei Jahre älteren Träger der Kronen Habsburgs, von dessen unnahbarer Majestät in Distanz gehalten als bloß apanagierter Prinz, ein Schattendasein zu führen. Den Ausschlag gab das stete Drängen seiner Gattin Erzherzogin Charlotte, Tochter des belgischen Königs Leopold I., deren heißes Begehren nach dem Glänze einer Herrscherkrone ging. Freudig nahm daher der Erzherzog an, als am 2. Oktober 1863 eine Abordnung mexikanischer Politiker in seinem Schloß Miramare erschien, um ihm die Würde eines Kaisers von Mexiko anzubieten. Viel zum Entschluß des Erzherzogs dürften neben den Luftschlössern, die ihm die mexikanischen Emigranten vor Augen führten, auch die optimistisch gefärbten Siegesmeldungen des Marschall Bazaine beigetragen haben, der am 7. Juni 1863 mit dem französischen Expeditionskorps in der Hauptstadt Mexikos eingezogen war. Die Franzosen beherrschten jedoch nur die Hauptverbindung zwischen dieser Stadt und dem Hafen Veracruz. Bei ihren Bemühungen, das ganze Land unter Kontrolle zu bringen, verstrickten sich die 60.000 Mann, über die der Marschall verfügte, in einen Kleinkrieg ohne Ende. Sie waren gezwungen, einen zermürbenden Guerillakrieg gegen die sich immer wieder zusammenballenden Truppen des Präsidenten Benito Juarez zu führen^. Selbst der von Kaiser Franz Joseph I. als Oberhaupt der Familie Habsburg verlangte völlige Verzicht auf alle Thron- und Nachfolgerechte in Österreich schreckte Erzherzog Ferdinand Maximilian nicht ab. Ehe er sich am 14. April 1864 auf der Fregatte „Novara" nach Mexiko einschiffte, unterfertigte er am Tag vorher in Miramare den ihm von seinem kaiserlichen Bruder vorgelegten Familien- und Staatsvertrag, mit dem er dem Willen des Herrschers entsprach. Noch am Abend vor der Einschiffung verließ Franz Joseph 1. Triest, um nach Wien zurückzukehren. Die einzige Unterstützung, die er ihm leiht, besteht in der Bewilligung zur Anwerbung eines Freiwilligen-Korps für Mexiko, das aus Österreichern gebildet werden soll. ' Schrifttum über Kaiser Maximilian in Mexiko: Dr. Ernst Schmitt Ritter von Tavera, Geschichte der Re gierung des Kaisers Maximilian imd die französische Intervention in Mexiko 1861-1867 (Wien 1903); Egon Cesar Conte Corti, Die Tragödie eines Kaisers (Wien 1943); Felix Gamilschegg, Kaiseradler über Mexiko (Graz 1964).
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