3 km von dem älterberechtigten Pabneukirchen gelegene winzige „Markt" Riedersdorf ist ein sprechendes Beispiel. Es besteht heutzutage vielfach die Ansicht, als habe — verfassungsrechtlich gesehen - von jeher ein wesentlicher Unterschied zwischen den Begriffen „Markt" und „Stadt" bestanden. Man konnte diesen Irrtum besonders i. J. 1962 aus Anlaß der Ennser Stadtfeierlichkeiten deutlichst beobachten. Immer sprach man von der „Verleihung des Stadtrechtes", ohne die beträchtliche Unterscheidung zu beachten, ob es sich im Einzelfalle um die — in Ober österreich ganz vereinzelte — Verleihung eines solchen Sonder-„Status" im Sinne eines Ranges oder nur um die Genehmigung (bzw. Verleihung) eines für das betreffende Ge meinwesen ausgearbeiteten „Statuts" im Sinne eines örtlichen Rechts-Buches handelte. In der Mehrzahl der Fälle ist dieses Letzte (so auch in Enns) gegeben, von irgendeiner ausdrück lichen Rang-Verleihung ist gar keine Rede. Mittelbar aber darf es gleichwohl gelten: einer in der landesfürstlichen Kanzlei zumindest genehmigten, wo nicht sogar erstellten örtlichen Rechts-Satzung, eines „Statuts", konnte sich nicht irgendein verhältnismäßig belangloser Marktflecken eines Grundherrn, sondern immer nur ein wirtschaftlich wie politisch bedeut sames, meist dem Landesfürsten selbst „gehöriges" Gemeinwesen erfreuen. Rein äußerlich betrachtet, waren „Städte" (zumindest der älteren Leseart) Großsiedlungen, meist wehrhaft mit Turm und Mauer umschlossen, in Urkunden zumindest als „oppidum", wo nicht gar als „civitas" bezeichnet. Aber auch in den wenigen Fällen ausdrücklicher Verleihung des Stadtrechtes' an ein Gemeinwesen (an einen bisherigen Markt) handelte es sich nicht um eine Erweiterung der schon bisher besessenen Rechte, sondern nur um eine äußere Würdigung. Mit anderen Worten: zwischen einem Markte und einer Stadt bestanden keinerlei rechtliche Unterschiede. Was sie beide gemein hatten, das war das Recht, mindestens einen Jahrmarkt zu bestimmten Jahreszeiten halten, einen Pranger aufstellen, Richter und Rat wählen und Bürgerrecht verleihen zu dürfen. Gerade das Recht zum Markthalten geht bei manchen Märkten und Städten schon so weit zurück, daß über die ausdrückliche Verleihung nichts mehr bekannt ist. Wir irren kaum, wenn wir hier ähnliche Verhältnisse annehmen, wie sie z. B. auch beim Erwerbe der hohen (Blut-)Gerichtsbarkeit bestanden: auch sie soUte lehr mäßig immer und überall von förmlicher Verleihung abhängen. Allein, sehr oft ließ man auch andere Rechts-Grundlagen, vorab das selten widerlegbare Berufen auf unvordenkliches Her kommen, gelten. Besonders die wirren Verhältnisse um die Mitte des 13. Jahrhunderts be günstigten das. Es war oben vom hohen wirtschaftlichen Wert die Rede, den das Marktrecht für ein Gemein wesen ehemals hatte. Das mag manchen verwundern, der die heute noch da und dort ge haltenen Jahrmärkte betrachtet: kleine Volksfeste, Tingel-Tangel, Vergnügungsbetrieb, kurzum, tiefster Verfall ehemaliger Märkte, wo sich Pfeifer, Drehorgler, Zauberkünstler, Possenreißer und Quacksalber bestenfalls am äußersten Rande sozusagen oder in irgendeiner überfüllten Wirtsstube zeigen konnten, der Markt selbst aber ausschließlich eine Gelegenheit für das Handelsgeschäft war. Wer alt genug ist, daß er diesen Verfall über ein halbdutzend Jahrzehnte noch selbst beobachten konnte, weiß, wie diese Entwicklung - die übrigens schon seit der Geltung der Gewerbeordnung von 1859 einsetzte - verlief. Einst legten bei solchem Anlaß ihre Waren in den überdachten Ständen aus: die Mühlviertier Weber, die auch weitum die Märkte in den Nachbarländern besuchten, denn ihre Webe hatte besten Grein (1491), Grieskirchen (1613), Schwanenstadt (1627), vielleicht auch Steyregg (um 1500?).
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