OÖ. Heimatblätter 1966, 20. Jahrgang, Heft 1/2

wirklich voll eingehen — nach stärkerem Abstand und nun jeder Übertreibung enthoben - bei Adalbert Stifter. Diese beiden sind sich wesenhaft verwandt. Man kann es nicht länger übersehen, daß sie beide nach dem „sanften Gesetz" leben, schaffen und in jeder Äußerung handeln (Bild 12, 13 und 15). Diller ist sehr belesen, doch wäre es übertrieben, ihn als besonders eifrigen Stifter-Leser zu bezeichnen. Kaum geringere Bedeutung als die Literatur hatte eine gemeinsame Tante, die als Kind Stifter noch als Schulinspektor gekannt hatte. Daß er bei seinen Inspektions besuchen holzbesohlte Schuhe getragen hätte, wußte sie nicht zu bestätigen, die Art seiner Güte hingegen hatte ihr durch ihr ganzes Leben einen unvergeßlichen Eindruck hinter lassen. Eben in diesen zwanziger Jahren war man bemüht, sich von den Bildern der Kriegs gewinner und Nachkriegsschieber endlich zu befreien, seelisch wieder hochzukommen, sich auf die ewigen Werte wieder neu zu besinnen. Zur rechten Stunde kam der Inselverlag mit einer ungekürzten Stifter-Ausgabe heraus». Die nicht abreißende Stifter-Renaissance hatte, durch Hermann Bahr kräftig gefördert, eingesetzt. Stifter wird zum Sammlungsruf der Stillen im Lande, und es war eine Freude, daß diese Schar wuchs. Diller diente auf seine Art und fand eben aus dem Kreis der Stillen seine treuesten Anhänger. Es kamen Zeiten, in denen dann und wann der Versucher an Diller herantrat: Sie könnten doch auch modern malen, warum machen Sie nicht mit? Darauf konnte er nur antworten: „So bin ich, anders kann ich (und werde ich) nicht malen." Es wird sich auf die Dauer als seine Stärke erweisen, daß er sich selbst treu blieb. In diesem Jahrzehnt war Richard Diller als Porträtist der Linzer Gesellschaft noch un umstritten bevorzugt. Folgen wir den Kritiken, so hatte er wohl als Damenporträtist den stärkeren Ruf. Sich in das Wesen seiner Modelle zu versenken, sich an ihnen zu entzünden, sie psychologisch zu studieren, ja in diesen jungen Mannesjahren selbst in Brand zu geraten, erfüllte seine Kunst wie sein Leben. Wären nicht die Kämpfe innerhalb des Vereines um die besten Plätze bei jeder Ausstellung stets neuerlich ausgebrochen und hätte die Inflation nicht auch über den freischaffenden Künstler ihre Schatten geworfen, wären nicht in stei gendem Maße soziale Schwierigkeiten zu erspüren gewesen, man hätte nicht nur von einem erfolgreichen, sondern auch unbelasteten, glücklichen, echten Künstlerleben, das der Malerei, der Dichtung wie der Musik gleich offenstand, sprechen dürfen. Der Kreis seiner Bekannten und Gönner wuchs, und manch ein Kritiker zog Dillers Kunst mit der Ritzbergers in Ver gleich — was damals als höchstes Lob galt. Diller selbst jedoch durchaus nicht begeistern konnte, es war doch allzu deutlich, daß er nicht — wie Ritzberger zuletzt in zunehmendem Maße — für die angelsächsische Welt gemalt hatte. Diller malt an einigen großen winter lichen Gebirgslandschaften in der Radmer, an einer ganzen Reihe von Frauenbildnissen, an Stilleben wie an einigen Christusbildern, darunter dem das Land segnenden Christus für Prälat Hauser. Gerade diese Arbeit macht deutlich, daß er keineswegs ein „Nazarener" war, er leugnet zwar nicht die Zeichnung, doch lag ihm gerade das Gegenteil der Nazarener; er liebte das Verschleiernde des Abends, das Unbestimmte der Dämmerung, den Abend frieden der Natternbacher Landschaft, der sich mit dem Segen Christi verband. Was konnte man an Kritik mehr wünschen, als die lapidaren Sätze, die der bekannte Kunstkritiker • Wenn in diesen frühen Jahren nach dem Krieg ein Kranz auf Stifters Grab lag, so war er im Landheim des Wandervogels gewunden und in vierstündigem Transport an sein Grab getragen worden. Dr. G. Gugenbauer hatte zugleich für den Inselverlag die damals noch unbeschädigte Totenmaske des verehrten Meisters auf genommen.

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