OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

zubehör eingegangen. llg nimmt sich aber ebenso des meist recht stiefmütterlich behandelten Gebietes ,,Volkstümliche Nahrungsweise" mit großer Sachkenntnis an. Er führt die unterschiedlichen Namen der einzelnen Mahlzeiten auf und ebenso die ihrer Gerichte. Zu den Besonderheiten Vorarlbergs gehört da vor allem der „Riebe!", eine Art Sterz aus grobem Maismehl, das Käsegericht „Käsknöpfle", der „Kratzet", eine Abart des Mehlschmarrens, die „Ofenkatze", eine aus Hefeteig und Dörrobst in der Pfanne herausgebackene Süßspeise und die „Küchli", winzige Krapfen, als Festgericht des Funkensonntags. Der „Schübling", ein v\1ecken in dessen Einschnitt eine Wurst geschoben wird, könnte recht gut als Urbild der „hot dogs" Nordamerikas gelten. Im allgemeinen ist die Vorarlberger Alltagskost gekennzeichnet durch das Fehlen des Brotes bei den Hauptmahlzeiten, das starke Überwiegen der breiartigen Pfannengerichte und das Ersetzen der Fleisch- durch Käsespeisen. In dem Abschnitt „Bodenständiges Bauen und Wohnen" zeigt Ilg die Arten und Besonderheiten im Hausbau der einzelnen Talschaften auf, die sich aus dem Einhof entwickelten, der in Stadt wie Land die Ausgangsform bildete. In den abschließenden Betrachtungen über ,,Die Volkskunst" geht Ilg auf die ländlichen Holz-, Eisen- und Tonerzeugnisse am und im Hause eiri. Er weist nebenbei auf Krönchen, Gürtelbänder, Silberschließen und gestickte Brusttücher, Lätze, Bänder und Borten ausdrücklich hin, die bei den Frauentrachten eine große Rolle spielen, und vergißt auch nicht die kunstvollen Tischlerarbeiten zu nennen. Im übrigen trägt auch die Volkskunst Vorarlbergs die allbekannten Grundzüge. ,"7enn der Oberösterreicher die zwei vorliegenden Bände der Vorarlberger Landes- und Volkskunde durchgearbeitet hat, dann drängen sich ihm drei Gedanken auf. Der erste ist ein Glückwunsch, gerichtet an Herausgeber, Mitarbeiter und Verlag. Möge die Vollendung des Werkes unter dem gleichen guten Stern stehen wie sein Beginn! Der zweite Gedanke gilt dem Ländle vor dem Arlberg. Möge seine Landes- und Volkskunde zu einem Hausbuch im Inlande, zu einem Ehrenbuche im Auslande werden. Der dritte Gedanke ist ein frommer Wunsch an das Schicksal. Möge es in absehbarer Zeit auch unserem Lande ob der Enns eine ähnliche, auf zeitgemäßer Grundlage aufbauende, zusammenfassende Würdigung bescheren! Hans Commenda Wiener Kinderspielzeug aus drei Jahrhunderten* Der Verfasser, wissenschaftlicher Beamter des Historischen Museums der Stadt Wien, macht in diesem in ,"7ort, Bild wie Ausstattung gleich originellen und ansprechenden Buch seiner Vaterstadt mit dem Ergebnis mühsamer und langwieriger, aber auch ergiebiger und dankenswerter Forschungen ein reizendes Geschenk. Die Anregung zu dieser gründlichen wissenschaftlichen Arbeit geht wohl zurück auf jene vielbeachtete Ausstellung, welche vor zwei Jahren im Historischen Museum der Stadt Wien unter dem Titel „Das Kind und seine Welt" gezeigt wurde. Durch Beiträge von v\;iener Sammlern ergänzt und durch eine Übersicht des in Museen geborgenen Spielzeuges abgeschlossen, mit sorgfältigen Bildnachweisen und Schrifttumsangaben versehe.-, macht das Buch dem Verfasser wie Verleger gleiche Ehre. ,"7enn noch ein Wunsch übrig bleibt, so ist es der nach einem genauen Sachweiser, welcher die Benützung des Werkes sehr erleichtern würde. Eine versunkene kleine Wunderwelt, das Wiener Kinderspielzeug der letzten 300 J ahre, wird in diesem, trotz vornehmer Ausstattung erstaunlich preiswertem Buch lebendig und erweist die große Bedeutung, welche man einst dem Spiel und Spielzeug seiner Kinder beilegte. Da Wien im 19. Jahrhundert in Erzeugung und Vertrieb von Spielsachen in Österreich führend war, so wurden auch die Heimarbeiter, Fabrikanten, Verleger und Geschäfte nicht vergessen, die alle zusammenwirkten, um der Jugend echt kindertümliches, wertvolles Spielzepg „zum Nutzen und Vergnügen" in die Hand zu geben. Immer wieder weist der Verfasser dabei auf die Zusammenhänge zwischen den beiden verschiedenen Welten der Kinder und Erwachsenen hin und zeigt die kulturgeschichtlichen und seelischen Beziehungen auf, welche Spielzeug und Zeitgeschichte verbinden. 86 Dem Schreiber dieser Zeilen stieg beim Durchblättern des Buches noch einmal die eigene Kinderzeit aus der alten, buntbemalten Spanschachtel auf, die Kaut sehr glücklich als Titel und Sinnbild seines Werkes wählte. Auch in Linz gab es ja ähnliche Spielzeugschachteln, auch in Linz waren die meisten der im Wiener Buche aufgezählten Spiele und Spielsachen einst daheim, und den wenigen Wiener Besonderheiten stehen auch Linzer Besonderheiten gegenüber. Dies soll im Folgenden durch einige Beispiele aufgezeigt werden. Kaut geht vom Alt-Wiener Weihnachtsfest aus und ist in der glücklichen Lage, durch ein bürgerliches Familienbild des Jahres 1820 die Verbindung der alten Gabenbringer Nikolaus und Krampus mit der neuen Beschenkung auf und unter dem Christbaum belegen zu können. Aus Adelskreisen, die durch ihre Familienbeziehungen zum Elsaß und zu Mitteldeutschland mit dem Weilmachtsbaum bekannt geworden waren, drang um diese Zeit die neue Form der weihnachtlichen Bescherung in das Wiener Bürgerhaus vor. Auch in Linz stand der erste weihnachtliche Lichter- und Geschenkbaum in der adeligen Familie des ständischen Syndikusses Anton Freiherr von Spaun, der damit einem adeligen elsässisch-wienerischen Vorbild folgte. Wie in Wien beging damals auch in Linz die Bevölkerung das Weihnachtsfest durch Mettengang, Krippenschau und * Hubert Kaut: Alt-Wiener Spielzeugschachtel. Wiener Kinderspielzeug aus drei Jahrhunderten. Mit Beiträgen von Gabriele Folk-Stoi, Gertrude Wernigg und Christian M. Nebehay. Mit vielen Farbbildern und 130 Abbildungen. Hans-DeutschVerlag AG Wien, 1961. Ganzleinen, 135 Seiten, 142 Schilling.

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