OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

Nach R. ist „die Abgabe eines solchen Materials an ein Heimatmuseum sehr bedenklich". Die erschwerenden Umstände, ,,besonders wenn es erst entstehen soll", treffen allerdings in unserem Fall nicht zu; in Rechnung stellen muß man schließlich auch, daß nicht alle Zentralmuseen ihre urgeschichtlichen Fundbestände in Ordnung halten. Völlig teile ich die Sorge, es sei „vom denkmalpflegerischen Standpunkt eine Zerreißung eines Fundkomplexes nicht sehr begrüßenswert". Um so mehr verwahre ich mich dagegen, wenn man mich mit solchen Vorwürfen belasten will. Der Sachverhalt ist folgender: Die Ausgrabungen auf der Paura führte ich in den Sommermonaten 1956-1959 durch. Das umfangreiche Fundmaterial wurde so rasch bearbeitet, daß das Buch bereits 1961 erscheinen konnte. Bis dahin war, da der Raum für das Heimatmuseum der Marktgemeinde Bad Wimsbach-Neydharting noch nicht bereitgestellt war, eine kleine Serie von Fundstücken vorübergehend in zwei Vitrinen im Vorraum des Gemeindehauses ausgestellt. Jahre später wird mir nun angekreidet, das damals „ausgestellte Scherbenensemble sei für eine richtige Beurteilung nicht ausreichend" gewesen. Wenn sich R . heute weiters darüber beklagt, er hätte damals, also vor 1961, in Wimsbach auch nicht in Erfahrung bringen können, wo sich „das Originalmaterial befindet", so hat er entweder seine Anfrage an eine falsche Stelle gerichtet oder geflissentlich vermieden, mit seinen Schlußfolgerungen zuzuwarten. Die Einrichtung des Heimatmuseums begann ich 1962, die Eröffnung erfolgte im Frühjahr 1963. In der Einleitung des Buches steht nun, daß der Hauptteil der Funde ins Heimatmuseum kommt; ich ließ mir noch die Entscheidung offen, Doubletten in einer Schule auszustellen. Derzeit werden sämtliche Funde von der Paura im Heimatmuseum verwahrt, wobei die im Buch veröffentlichten Stücke alle ausgestellt sind. Halten zu Gnaden, ich wüßte wahrlich nicht, was es da auszusetzen gibt. Eduard Ben inger Landes- und Volkskunde Vorarlbergs * Der gebürtige Vorarlberger Dr. Karl Ilg, Professor der Volkskunde an der Universität Innsbruck, zeichnet als Herausgeber eines vierhändigen Werkes, das erschöpfenden Aufschluß über Vorarlberg geben wird. Nach fünfzehnjährigen Vorarbeiten liegen nun die Bände I und III vor und lassen erkennen, daß hier ein Werk entsteht, dessen wertvoller Inhalt durch die reiche und vornehme Ausstattung ergänzt wird. Ausgezeichnete Farb- und Schwarzweiß-Lichtbilder, Skizzen, Diagramme, Textzeichnungen und Tabellen erläutern und ergänzen das gedruckte Wort, das von Herausgeber und verschiedenen Beiträgern stammt, zu deren kluger Auswahl man nur herzlich Glück wünschen kann. Sehr willkommen sind die am Schlusse jedes Bandes gegebenen Hinweise auf Leben und v\lerk dieser Mitarbeiter, sehr willkommen wäre, namentlich am Schlusse des III., das Volkstum behandelnden Bandes, ein ausführlicher Sachweiser, der aber vielleicht dem Schlußband vorbehalten blieb. Schon in den ersten Worten seiner „Einführung zum Gesamtwerk" betont der Herausgeber die starke Eigenpersönlichkeit des Bundeslandes vor dem Arlberg. Bundesminister Dr. Drimmel weist in seinem Geleitwort auf die geschichtliche Begründung dieser Tatsache hin. Vorarlberg ist das einzige in unserem Staatsverband verbliebene Gebiet der alten österreichischen Vorlande, die bis zum Wiener Kongreß weit in den Südwesten Deutschlands hineinreichten. Es stellte einst auch ein wichtiges Bindeglied zu den habsburgischen Stammlanden in der Schweiz vor. Heute spielt Vorarlberg als Brücke und Mittler zum Westen und geschätztes Mitglied der an ausgesprochenen Persönlichkeiten so reichen Familie der österreichischen Bundesländer eine angesehene Rolle. Das Bewußtsein dieses Eigenwertes spricht aus den Worten, mit denen der Landeshauptmann Vorarlbergs Ulrich Ilg den I. Band eröffnet. Er führt aus, daß die Liebe zur Heimat sich nicht gefühlsmäßig auf das begeisterte Absingen der Landeshymne beschränken darf. „Sie muß mit dem guten Wissen um die Werte unserer Heimat, um die Schätze der Natur, um das Leben und Schicksal, Schaffen und Werken unserer Men84 sehen in Vergangenheit und Gegenwart verbunden sein. Je mehr wir darüber wissen, um so leichter werden wir auch unsere Planungen und Entscheidungen für die Zukunft treffen und verantworten können." Im Folgenden soll nun versucht werden, aus der Blickschau des Landes ob der Enns die Ergebnisse der beiden Bände dieser Landes- und Volkskunde Vorarlbergs zu betrachten, ihre Besonderheiten aufzuzeigen und dabei verschiedene Gedanken auszusprechen, die sich dem aufmerksamen Leser durch den Vergleich der oberösterreichischen und vorarlbergischen Verhältnisse schier von selber aufdrängen. Schon den vorstehenden Hinweis des vorarlberger Landeshauptmannes sollten wir Oberösterreicher uns recht zu Herzen nehmen. Band I ist der „LandschafL und Natur" gewidmet. Er wird eröffnet durch Hermann Gsteu, der in seinen Ausführungen über „Das Land im Überblick" nachdrücklich betont, ,,daß Vorarlberg zu seinem Staate nicht günstig liegt". Er veranschaulicht diese, uns meist nicht voll bewußte Tatsache durch eine Skizze, welche konzentrische Kreise um den vorarlbergs Verkehrsmittelpunkt Feldkirch zieht. Mit Verblüffung ersieht man daraus, daß Bern, Mailand und Nürnberg dem Vorarlberger näher liegen als Salzburg; Genua, Venedig und Frankfurt am Main näher als Linz; Prag, Leipzig, Essen, Bonn näher als Wien! Raimund von Klebeisberg beginnt seinen ausführlichen Beitrag über „Erdgeschichte und Bodenbildung" mit den Worten: ,,Vorarlberg ist jenes österreichische Bundesland, das auf kleinster Fläche größte geologische Mannigfaltigkeit aufweist." Das prachtvolle Farbbild „Blick über Bregenz und das Vorarlberger Rheinland", das dem ersten Band als symbolischer Titel vorangestellt ist, zeigt denn auch * Karl Ilg: Landes-und Volkskunde, Geschichte, Wirtschaft und Kunst Vorarlbergs, Wagner, Innsbruck, 1961. Bd. I, 244 Seiten, Ganzleinen, Schilling 96.-; Bd. III, 366 Seiten, Ganzleinen, Schilling 135.- .

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