beitrug. Aber nicht nur als Arzt und Gelehrter war Paul Riccio dem Herrscher wertvoll, sondern in weiterer Folge auch als politischer Ratgeber und Helfer, woraus sich seine hohen geistigen Qualitäten ermessen lassen. Als kaiserlicher Rat trat er auf dem Reichstage zu Speyer im Jahre 1529 auf, auf dem er sich als glänzender Redner erwies und die Fürsten zur Hilfe für den König gegen die Türken aufrief. Nicht minder wichtig war er den kaiserlichen Brüdern Karl V. und Ferdinand durch seine vermittelnde Rolle in den Religionsstreitigkeiten. In seiner im Jahre 1532 veröffentlichten Schrift „Statera prudenturn" machte er einen viel beachteten und anerkannten Vorschlag zur Aussöhnung der römischen Kirche mit den Protestanten. Es besteht kein Zweifel daran, daß er diese Schrift, wenn nicht auf Anregung, so doch im Einverständnisse mit seinem kaiserlichen Herrn verfaßte und herausgab. Die in dieser Schrift vertretenen Gedanken waren sehr fruchtbar und geeignet, die Spaltung der Christenheit zu verhindern. Sie wurden aber vorn damaligen Bischofe von Wien Johann Fabri abgelehnt und dem Papste zur Verwerfung empfohlen. Alles in allem war Paul Riccio ein außerordentlicher, nicht nur hoch begabter und höchst gebildeter, sondern auch sehr kluger und weitschauender Mann, dessen Leistungen die Habsburger denn auch mit verschiedenen Gunstbezeichnungen belohnten; die wichtigste von diesen war die Verschaffung der Herrschaft Sprinzenstein und die Erhebung in den Freiherrenstand. Die Herrschaft Sprinzenstein war im Jahre 1528 durch den Tod des Herrschaftsinhabers ledig geworden. König Ferdinand wandte sich an den Lehensherrn, den Bischof von Passau, mit der Bitte, die freigewordene Herrschaft seinem getreuen Diener Paul Riccio zu verleihen; diesem Ersuchen kam der Bischof von Passau und belehnte am 31. Juli 1529 Paul Riccio mit der Herrschaft Sprinzenstein. Ein Jahr darauf, am 15. November 1530, erhob Kaiser Karl V. Paul Riccio in den Freiherrenstand und, erteilte ihm die Bewilligung zur Führung des Titels Freiherr von Sprinzenstein. Somit wurde dieser Mann der erste Herr seines Geschlechtes auf Sprinzenstein und der Stammvater der gräflichen Familie Sprinzenstein, und es kann gesagt werden, daß er eine der interessantesten Gestalten seiner Zeit war; sein Verkehr mit den führenden Männern des Humanismus beweist dies. Auch sein ältester Sohn Hieronymus stand in den Diensten des Königs Ferdinand und nahm an dessen Hofe eine ähnliche Stellung ein wie sein Vater. Auch er war Arzt und Doktor der Medizin und Doctor artiurn, womit das philosophische Fach bezeichnet wurde. Auch er stand in Briefwechsel mit den berühmtesten Männern seiner Zeit, Erasmus von Rotterdam, Reuchlin und anderen. Wissenschaftliche Werke von ihm sind allerdings nicht überliefert. Aber er war es, der die Herrschaft seiner Familie auf Sprinzenstein begründete. Bereits im Jahre 1532 nahm er die Grundherrenrechte in Sprinzenstein wahr, obwohl er erst im Jahre 1541 vom Bischofe von Passau mit der Herrschaft belehnt wurde, weil sie sein Vater zu seinen Gunsten aufgesagt hatte. Als tatsächlicher Herr auf Sprinzenstein erwirkte er im Jahre 1535 beim Kaiser, daß der der Herrschaft untertänige Markt Sarleinsbach die Bestätigung seiner Marktrechte erhielt. Trotzdem blieb er noch etwa ein Jahrzehnt am Hoflager König Ferdinands. Erst vom Jahre 1550 an sehen wir ihn in voller Tätigkeit und im Pflichtenkreise seiner Herrschaft, deren Verwaltung und Wahrnehmung ihrer Rechte und Obliegenheiten er sich mit ganzem Eifer, erstaunlichem Verständnisse und größter Klugheit widmete. Er nahm sich seiner Untertanen wie ein Vater an und erließ auch für sein eigentliches Hauswesen um das Jahr 1555 die Sprinzensteinische Hausordnung, in der 63
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2