OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

Aus der Geschichte der Familie der Grafen von Sprinzenstein Von August Zöhrer (Linz) In den letztenJahrhunderten vor demJahre 1848, seit dem Entstehen des absoluten Fürstentums im 16. Jahrhundert, waren die Führungsstellen im Staate dem Adel vorbehalten, der also in hohem Maße an der Gestaltung des Gemeinschaftslebens verantwortlich beteiligt war. Es verlohnt sich daher, sich mit den Familien, deren Glieder von Generation zu Generation in maßgebenden öffentlichen Ämtern standen, wichtige Aufträge auf diplomatischem, Verwaltungs- und militärischem Gebiete erfüllten und damit das Staatswesen und sein und seiner Bewohner Gedeihen wesentlich beeinflußten, zu beschäftigen. Diese Beschäftigung bedeutet Anerkennung nicht der Adelsvorrechte, sondern der Tatsachen und Leistungen. Eine der vornehmsten Familien des Landes Oberösterreich war die Familie der Freiherren, seit 1646 Grafen von Sprinzenstein, die ab 1600 in mehreren Linien lebte und deren Mitglieder sich vielfach in öffentlichen Stellungen auszeichneten. Immer aber widmete sich ein Vertreter des Geschlechtes mehr oder weniger der Wahrnehmung der grundherrlichen Aufgaben und der Verwaltung der Gutsherrschaft Sprinzenstein; darunter waren auch sicher Männer, die zu öffentlichen und gehobenen Stellungen nicht Lust oder Geschick hatten und sich lieber den Pflichten der Erhaltung des Stammsitzes und der Wahrnehmung der Rechte, die aus seiner Innehabung hervorgingen, zuwandten. Da diese Familie seit meiner Kindheit im Blickfeld meiner Interessen stand, weil sie doch in der nächsten Nachbarschaft meines Heimatortes Sarleinsbach lebte und dereinst als Grundherrschaft sein Schicksal bestimmte, so lag es nahe, daß meine Betrachtung gerade diese Familie ins Auge faßte. Wenn nun auf die Geschichte der Familie Sprinzenstein hingewiesen wird - mehr als ein Hinweis kann eine Abhandlung in einer Zeitschrift nicht sein -, dann muß ausdrücklich betont werden, daß ihre Bedeutung vor allem in ihrer Stellung und Tätigkeit im allgemeinen Staatswesen begründet war, nicht so sehr in ihrer Stellung als Grundherrschaft. Schloß und Herrschaft Sprinzenstein bildeten wohl den Stammsitz und die Grundlage ihrer VVürde, aber ihren Namen und ihr Ansehen machte sich die gräfliche Familie durch die hohen Ämter, zu denen sie die Kaiser oder Landstände beriefen, und die großen Verdienste, die sie sich in der Ausübung ihrer Ämter erwarb. Schon die Herkunft des Geschlechtes beginnt mit seiner Wirksamkeit am kaiserlichen Hofe und dem besonders großen Vertrauen und der außerordentlichen Wertschätzung, die die Habsburger für den Stammvater des Geschlechtes Paul Riccio hegten und durch die Verleihung des Adelstitels Freiherr von Sprinzenstein bezeugten. Über ihn und seine Tätigkeit in den Diensten des Kaisers Maximilian I. und seines Enkels König Ferdinand, späteren Kaisers Ferdinand I., muß ausführlicher gesprochen werden, weil Paul Riccio einer der interessantesten, gebildetsten und einflußreichsten Männer seiner Zeit und der Umgebung des Kaisers war und weil in dieser Darstellung die Begründung für die Verleihung mit der Herrschaft Sprinzenstein zu sehen ist. Nach der Vollendung seiner Studien, die, der Zeit entsprechend, keine ausschließlichen Fachstudien waren, sondern der möglichst vollständigen Aneignung des ganzen damaligen Wissensgutes dienten und die er mit der Erwerbung des Doktorates der Medizin beendete, übte Paul Riccio durch mehrere Jahre hindurch die Professur für Philosophie an der Universität Pavia aus. Dann aber trat er in die Dienste 61

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