OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

Zu Franz Stelzhamers Schullesebuch Von Hans Commenda (Linz) Mit Jubelgedichten hatte Franz Stelzhamer die ersten Ereignisse des Sturm-und-DrangJahres 1848 begrüßt; aber die Ernüchterung folgte nur allzuschnell nach. Vorüber waren die guten Zeiten, da die schönen Künste im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit standen. Nunmehr war und blieb die Politik des Tages Losung. Als freischaffender Künstler und wandernder Vortragsmeister bekam der Franz von Piesenham diese Sinnesänderung des Publikums deutlich in den immer schmäler werdenden Einnahmen zu spüren. Vorüber war ferner mit dem Vormärz auch dessen patriarchalische Lebensordnung, auf welche Stelzhamer bisher sein Dasein gebaut hatte. Immer schwieriger wurde es, bei Bräuern, Pflegern, Pfarrern, Wirten und Freunden tage-, ja wochenlang zu zehren und bloß mit Dankesworten zu zahlen. Auch die Beschwernis des unsteten \,Vanderlebens drückte mit zunehmendem Alter mehr und mehr; und schließlich empfand der Dichter die Trennung von Weib und Kind, die er beide in seiner Art liebte, recht schmerzlich. So sehnte er sich denn nach gesichertem Einkommen und gefestigter Stellung. Dabei stand ihm Adalbert Stifter als Vorbild vor Augen. Er sah in dem Freunde einen durch Glücksgüter wie Geistesgaben gleich bevorzugten Liebling der Musen. Nun wußte er aus brieflicher Mitteilung, daß Stifter sich mit der Absicht trug, Aufsätze über das Unterrichtswesen zu verfassen und sich künftig im Schuldienst zu betätigen. So entschloß sich denn Stelzhamer, dem Dichter des „Hochwaldes" auf diesem Wege zu folgen, und machte sich am 2. Juni 1849 in einer Eingabe an die Landstände von Oberösterreich erbötig, ein Schullesebuch zu verfassen. Mit warmen Empfehlungen reichte die oberösterreichische Landesregierung am 10. Juli 1849 dieses Anbot an die Unterrichtsverwaltung in Wien weiter. Wie immer bei neuen Plänen war Stelzhamer zunächst erfüllt von phantastischen Erwartungen und überspannten Hoffnungen. So schrieb er am 19. August 1849 voll Zuversicht an seine Frau: ,,Ich erhoffe mit voller Gewißheit den Auftrag vom Ministerium." Tatsächlich wurde aber der Werdegang seines Schullesebuches zu einem wahren Kreuzweg von Enttäuschungen für den Verfasser. Zum ersten ließ schon die Entscheidung des Ministeriums, dieses Anerbieten anzunehmen, ungebührlich lange für die Ungeduld des ohne Einnahmen dastehenden Dichters auf sich warten. ,,Meine Ministerialsache scheint ein Strudelteig zu werden", klagt er denn auch am 13. Oktober 1849 in einem Briefe an sein Eheweib. Erst am 7. Februar 1850 ging ihm der Entscheid des Unterrichtsministers Grafen Thun zu, den Entwurf eines „Lesebuches für die erste Klasse, obere Abteilung, deutscher katholischer Landschulen" vorzulegen. Gleichzeitig erhielt er 150 Gulden Conventionsmünze als Vorschuß, nicht einmal genug, um seine drückenden Schulden zu zahlen. Drittens wurde das am 21. Mai 1850 druckreif nach Wien übermittelte Werk, obwohl es sich genau an die bis in Einzelheiten festgelegten Richtlinien des Ministeriums hielt, nicht approbiert, sondern mehrmals in Wien umgearbeitet, was dem überstark ausgebildeten Selbstgefühl Stelzhamers gegen den Strich ging. Er fuhr daher schließlich nach Wien und schlug im Ministerium einen gewaltigen Krach. Triumphierend berichtet er am 26. Oktober 1850 darüber seiner Frau: ,,Es war nahe daran, daß Neid und Kabale mein Manuskript zerstückelt und unter anderen fremdartigen Elementen 57

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