OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

der Zweck dieser gelehrten „Commödien", wie sie verallgemeinert hießen, gewiß weit weniger bloßer Unterhaltung der Zuschauer als vielmehr der Ausbildung des Schülers im Rednerischen zugedacht, allein auch sie scheinen mit der Zeit verfallen zu sein, den Schüler mit dem Einlernen zu lange, zu einseitig beansprucht, vom Studium abgelenkt oder sonstwie Ungebühr verursacht zu haben. Jedenfalls schaffte Maria Theresia mit Hof-Dekret vom 19. 12. 1768 diese „vormal jährlich gewöhnlichen comödien bei denen lateinischen schulen" völlig ab. Auch schon ihr Vater, Karl VI., war der Bühne nicht hold. Für Wien zunächst einmal lautet seine Entschließung vom 4. l. 1704, daß „die comödien und masquern/absonderlich aber die ... prostibula und liederliche weibsbilder . . . vom stadtgericht ... abgeschaffet werden sollen ... cum derogatione omnium instantum" (J. B. Suttinger von Thurnhof, Consuetudines Austriacae, Nürnberg 1718, Anhang), was freilich nicht allzuviel Erfolg gehabt haben dürfte. Recht eigentlich begann aber erst der langsam zum Zentralismns hinstrebende Staat um die Mitte des 18. .Jahrhunderts sich mit der Schauspielerei zu befassen. Mit erhobenem Finger natürlich. An einer ganzen Reihe von Tagen sollte sie sich nicht mehr hören und sehen lassen dürfen (Hof-Dekret vom 16. 12. 1752: künftig dürfen vom 12. Dezember an durch den ganzen Advent, durch die Fasten, in den Betwochen, in der Fronleichnamsoktav, an den Frauentagen und -vortagen, selbst wenn kein kirchlicher Feier- oder Fasttag besteht, an den Quatembern, Allerheiligen, Allerseelen samt Vorabend, am Himmelfahrts- und Dreikönigstage wie auch am Geburtstag der Kaiserin-Mutter und dem Geburts- und Sterbetag Karls VI. keine Schauspiele stattfinden; an den Weihnachts-, Ostern-, Pfingstfeiertagen immer erst am nächsten Tage.) Hierzu waren Erwägungen aus Maria Theresias religiöser Einstellung die Richtschnur. Desgleichen bei ihrem vorangegangenen Verbote5 der rein volkstümlichen, von Laien aufgeführten Sommer- und Winterspiele, des Adam- und Eva-, des Geburt-Christi-, des Dreikönig- und des Johann-d.-Täufers-Spieles „gleich all dergleichen unanständigen vorstellungen, da dergleichen spiele zu keiner auferbauung, sondern lediglich nur zur Ärgernis6 des publicums anlaß" gäben. Mit Frömmelei wahrhaft nicht behaftet, schlug gleichwohl in solchem Falle auch der Staat der Aufklärung in dieselbe Kerbe, denn dem galt es doch, auf Teufel komm heraus dem Volke statt „abgestandener" Bräuche die sogenannte ,,Vernunft" einzutrichtern: so brachte denn eine Polizei-Verordnung für Steiermark, Kärnten, Krain vom 31. 5. 1786 das vorerwähnte Verbot erneut in Erinnerung, und eine allgemeine Verordnung vom 26. 5. 1770 untersagte u. a. nocheinmal das „hlg. drey könig- und lichtmeß-spiel mit lebendigen personen als einen unschicklichen mißbrauch". Was haben doch diese Eiferer der einen wie der anderen Richtung hier allein an unwiederbringlichem, wertvollstem Volksbrauche auf dem Gewissen! Aber auch das Schauspiel in der Reichshauptstadt hatte alsbald nichts mehr zu lachen. Nur dort gab es ja schon so etwas wie stehende, an bestimmten Örtlichkeiten auftretende Truppen, für die man bisher keine oder nur unbedeutende7 obrigkeitliche Vorschriften gekannt hatte. Nun aber schuf Maria Theresia die Theater-Zensur „zur beseitigung aller die sitten und den anstand beleidigenden gegenstände bei schauspielen". Sonnenfels wurde zum Zensor bestellt. Verboten waren: Verstöße gegen die Religion, den Staat, die guten Sitten und „offenbarer unsinn / weil des theaters unwürdig". Zensurpflichtig waren alle, wenngleich schon früher einmal gespielten Stücke und ihr Wortlaut auch dann, wenn er nur zum Drucke bestimmt war. Vierzehn Tage vor jeder beabsichtigten Vorstellung war 4

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