OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

der Pfarrkirche von Ottensheim, das sogenannte_,,Saillerhaus" (damals Markt Nr. 77, heute Bahnhofstraße 4) von Frau Katharina Riener. Diese Frau hatte das Haus am 24. September 1880 gekauft und es dann den Eheleuten Kepplinger übergeben, die es sodann bis zum Jahre 1898 gemeinsam besaßen5 • In diesem „Saillerhause", das gegenwärtig dem Ehepaare Wilhelm und Cäcilie Stummer gehört, gründete Josef Kepplinger seine Altarbauwerkstätte, die er so emporführte, daß ihre Erzeugnisse weit über die Grenzen unseres Landes hinaus (auch in Niederösterreich, Salzburg, Böhmen und Schlesien) den Meister und seine Wahlheimat Ottensheim bekannt machten. Altäre für Gramastetten, St. Gotthard, Eggenburg (Niederösterreich) und andere Orte, viele Kanzeln und sonstige Kircheneinrichtungsstücke gingen aus diesem Altarbaubetrieb hervor. Die meisten dieser Altäre wurden in der Stilform der Gotik, manche auch in jener des Barocks und der Renaissance, geschaffen. Der Betrieb gliedert sich in vier Einzelwerkstätten, die im Erdgeschoß untergebracht waren: 1. Im ersten Erdgeschoßraum waren die Tischler und Ornamentiker (= die Schnitzer des Altarzierats) an der Arbeit. Hier skizzierte Kepplinger selbst oder sein Werkführer die Pläne und Altarentwürfe, die dann von anderen Zeichnern im einzelnen ausgearbeitet wurden; 2. In der „Großen Werkstätte", einem Raum, der ebenfalls im Erdgeschoß lag, konnten auch die ganz großen Altäre, zum Beispiel jener für die Kirche in Eggenburg, der 20 Meter hoch gebaut worden sein soll, aufgestellt werden. In diesem Teil der Werkstätte waren die Tischler beschäftigt; in einer Galerie, die diesen Raum umzog, schliefen die Lehrbuben; 3. Neben dieser „Großen Werkstätte" lag die Werkstatt der Figuristen, der Bildhauer, welche die Altarfiguren schnitzten; 4. Neben der Figuristenwerkstätte war schließlich die eigentliche Ornamentikerwerkstatt. Hier wurde der hölzerne Kleinschmuck, der die Altäre hauptsächlich ziert, zum größten Teile hergestellt. Über diesen Werkstatträumen lagen die Wohnzimmer. Zum Hause Nr. 77 gehörte auch eine landwirtschaftlich genützte Grundbesitzfläche, die von den Lehrbuben bearbeitet werden mußte. Eine kleine „Nebenwerkstätte" besaß Josef Kepplinger im sogenannten „Färberhaus" (Markt Nr. 125) an der Donau (heute Donaulände Nr. 15, Besitzerin Frau Walburga Streinz). Eine betriebseigene „Vergolderwerkstatt" befand sich - vermutlich bis zum Jahre 1892 - im „Herbstenhäusel" (Markt Nr. 53, heute Linzer Straße Nr. 8), also im ersten Ottensheimer Domizil der Familie Kepplinger. Nachdem sich diese Werkstatt als zu klein erwiesen hatte, deshalb aufgelassen und samt dem ganzen Hause am 23. Mai 1892 an Cajetan und Pauline Hoheneder verkauft worden war6, wurden alle zum Vergolden bestimmten Werkstücke und Figuren zum Linzer Vergolder Klambauer (Ecke Hafnerstraße/Wurmstraße) gebracht. Dort arbeiteten übrigens auch die „Faßmaler", die im Zusammenwirken mit den Vergoldern die Einfassungen malten. Während seiner besten Zeit konnte der Meister über vierzig Gesellen und dazu acht oder neun Lehrlingen Arbeit und Brot geben7 • Ein bekannter Künstler, ·der Schöpfer des im Jahre 1930 errichteten ersten Ottensheimer Kriegerdenkmals mit der während des zweiten Weltkrieges entfernten Bronzefigur „Fallender Krieger", hat ebenfalls einst in Kepplingers Werkstätte gearbeitet: Adolf Wagner, der spätere akademische Bildhauer „Wagner von der Mühl". In Ottensheim lebten zur Zeit der Abfassung des vorliegenden Aufsatzes noch zwei ehemalige 50

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