OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

5. 11. ,,Die Ahnfrau" (Tr, Grillparzer). - 6. 11. ,,Der Weg zur Hölle" (L, Kadelburg). - 7. 11. ,,Gute Zeugnisse, oder Das Ideal von der Kreuzungsstation" (L, Mallachow), Benefiz von Frey und Eisner. - 9. 11. ,,Sherlock Holmes" (Detektivkomödie, Bogenhard). - 10. 11. nachmittags: ,,Der verschwundene Prinz, oder ein Märchen aus 1001 Nacht" (P, Plötz), verbunden mit einer Seherzlotterie mit 5 Haupttreffern, abends „Familie Schimek" (Schw, Kadelburg). - 12. 11. ,,Sie und ihr Mann" (,,Operettenposse", Buchbinder). - 14. I 1. ,,Ein toller Tag / Eine Heirat auf Probe" \,,Üperettenposse", Costa). - 15. 11. nachmittags: ,,Eulenspiegel, oder Schabernack über Schabernack" (großes Spektakelstück), abends: ,,Dir wie mir, oder Ein Ghs Wasser" (L), dann „Der Hauptmann von Köpenick" (,,Gaunerkomödie", Schlegel) und „Ein ungeschliffener Diamant" (P, Berger). ANMERKU 1.G EN 1 So erzählt Witichind in seinen annales (Ausg. H. Meibom, Script. rer. Germ., Helmstedt. 1638, 636), wie eilig sich eine Niederlage der Franken in (Nieder-)Sachsen herumgesprochen, ,,... ut a mimis declamaretur, uti ...", daß die Schauspieler bei ihrem Auftreten gleich zum besten gegeben hätten, wie doch wohl keine Hölle so groß sei, all die gefallenen Feinde aufzunehmen. Der Sachsen-Spiegel, das um 1225 entstandene Rechtsbuch, das ja auch, wiewohl für Niedersachsen gedacht, in Österreich fühlbaren Einfluß übte, anerkennt (Lnd.-R., 1., 37, III., 69) für solche Leute (im Falle der Tötung oder Verwundung) kein Wergeld (Gutmachung in Geld), sondern nur eine lächerliche Genugtuung, wie den Schatten, den ein Mann in der Sonne wirft oder das Glitzern eines blanken Schildes. Vogelfrei waren sie darum keineswegs. Denn der vom Täter an den Richter zu erstattenden Strafe (gewette) tat ihr minderer Rechtsstand keinen Abbruch. Vgl. auch das diploma Friedrichs II. ( 1216) über die mimi ioculatores, histriones. 3 Ein Capitulare (Königsgesetz fränkischer Zeit), L. V. c. CCCXXXVIII, verbietet den Schauspielern streng, in irgend welcher geistlichen Kleidung aufzutreten: ,,si quis ex scenicis vestem sacerdotalem aut monasticam vel mulieris religiosae vel qualicumquc ecclesiastico statu similem indutus fuerit/corporali poenae subsistat et exilio tradatur". • Hier sei übrigens vermerkt, daß eine solche von M. Georg Mauritius verfaßte biblische „schön comoedia von Josaphat könig in Juda", Leipzig 1607 (preuss. Staatsbibl. Y 9-2375) dem Herrn auf vValdenfels b. Reichental, Jakob Stangl, gewidmet war. • Hof-Dekret vom 26. 10. 1751. • Die Vorstellung vom Sittenverderbnis durch die Bühne war freilich nicht so vereinzelt (vgl. Nikol. Vernulius, Inst. pol. cam., III) und ganz besonders galt das dem Volks-Schauspiele (vgl. Wilh. Amesius, De conscientia eiusque iure et casibus, Amsterdam, 1635, V/39, 377). 7 Am 14. 8. 1650 wurde zu Wien „denen comödianten ... eine satzung gemacht/ von einer person zween groschen / und auf die bühn wieder zween groschen", d. h., das Eintrittsgeld samt Bühnenzuschlag ward obrigkeitlich festgelegt. Daß auch zuvor schon ein - uns nicht bekannter - ,,satz" bestanden haben mußte, geht daraus hervor, daß am selben Tage „die comoedianten / um daß sie unzüchtige sachen agirt / und zuviel genommen über das/ was regierung gesetzt hat/ pro 24 reichs-thaler immediate von regierung gestrafft worden . .. um diese straffe ist die neue uhr in der regierung erkaufft worden". (J. v. Suttinger, a. a. 0. 107). Es wurde demnach zumindest in Wien schon eine wenigstens fallweise Theater-Zensur gehandhabt. Bemerkenswert ist dabei auch die von der Regierungsstelle selbst wahrgenommene Strafzuständigkeit. 8 Das sogenannte Oberste Spielgrafenamt für Österreich ob und unter der Enns war eine altherkömmliche, auf einem landesfürstlichen Vorrecht beruhende, längst ganz inhaltlos gewordene Vvürde, die entfernt so etwas wie eine Oberstaufsicht über Musik und Bühne darstellen sollte, nur noch auf dem Papier stand und mit Hof-Entschließung vom 19. 10. 1782 „als eine garnicht anpassende, und wider die natürliche Freyheit, durch Kunst sein Brot zu verdienen, streitende Beschränkung" aufgehoben wurde. • Zu allen Zeiten war ja wirklich, wie oben schon gesagt, unter diesen Musenjüngern auch viel leichte Ware, vollends natürlich in unruhigen Jahren, wie um die Wende des 18./19. Jahrhunderts, so manches Strandgut. So wurde z. B. am 6. 9. 1789 eine „Schauspieler-Bande" zur Fahndung polizeilich ausgeschrieben, weil sie den Waldenfels'schen Landgerichtsdiener, der sie nach Oberhaid abschieben sollte, an Händen und Füßen gebunden und seines Messers beraubt hatte. Am 27. 10. 1796 sucht das Kreisamt des Mühlkreises den Schauspieldirektor Berndt und den Schauspieler Döblin und bemerkt dazu: ,,nachdem aber Leuthen dieser Gattung auf ihr Wort, sich selbst zu stellen, nicht immer ganz zu trauen ist, so sind selbe, ohne jedoch Aufsehen zu erregen, durch ein herrschäftliches Canzleiindividuum ... oder einen vertrauten Bürger hierher geleiten zu lassen." Am 20. 10. 1803 wiederum wurden zwei „herumziehende Komedianten" wegen eines Raubes an Paul Niedermayr auf dem Stoibergütl zu Thann vom Landgerichte Losensteinleithen gesucht. „ Der Gedanke, die Eingänge aus Theater-Aufführungen ,:u öffentlichen Zwecken nutzbar zu machen, war an sich nicht neu. So sollten nach einer Verordnung vom 11. 7. 1763 fortan die bei Theater-Aufführungen - offenbar nur in Wien - anfallenden Gebühren dem Zuchtbaus-Fonds zugewendet werden. 11 Wie von jeher, so erlagen auch damals vor allem jugendliche und die ,,Veiblichkeit der Welt des Scheines, die die Bühne in die Kleinstadt zauberte. Wir sehen doch auch heute die Narreteien der Bewunderer (,,fans"), denen freilich ihr angebetetes Bild allermeist räumlich so ferne ist, daß es bei unschädlicher, kindlicher Verzückung bleibt. Die Gestalten auf den Brettern aber waren buchstäblich greifbar. Ehen gingen in die Brüche, 44

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2