OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

Zur Geschichte des Theaters in Freistadt Von Gustav Brachmann (Neukirchen bei Altmünster) I. Allgemeines Warum hätte durch all die Jahrhunderte hin bis weit herauf ins 18. der Stadtschreiber um eines Schauspieles willen die Kielfeder schneiden sollen? Das war doch Kurzweil des Volkes wie Tanz zum Trumsack, zur Schwegelpfeife und Querflöte beim Leutgeb auf dem Boden oder im Sommer draußen unter den Bäumen vor den Toren, das war doch Kurzweil wie die Fasenacht und andere Narretei, ob der hohe Obrigkeit allermeist nichts zu befinden hatte! Ständige Theater gab es nirgends noch im Lande, die fahrenden Spieler aber, althergebracht aus grauen Zeiten, Nachfolger der Singer und der Reimsprecher, die schon im frühen Mittelalter, ja in vorgeschichtlicher Zeit schon eine Art wandernder Zeitung1 gewesen, die Fahrenden, sie waren zu allen Zeiten wohl im Grunde einander gleich. Bunt zusammengewürfelt Volk, unstete, leichtsinnige, doch kaum je verworfene Kerle, aber gleichwohl rechtlich nur auf einer Stufe mit fahrenden Fiedlern, Pfeifern, Tänzern, Gauklern, Fechtern, Ringern, denen man belustigt lauschte oder zuschaute, die aber doch eine schier unüberbrückbare gesellschaftliche Kluft vom ehrsamen Sässigen trennte. Menschen minderen Rechtes, nicht einmal vollen Wergeldes teilhaftig2 , Fliegengewicht im Lebenskampfe, mit dem Hunger auf du und du, wenn's hoch ging, zur Nacht in einem warmen Stall, sonst draußen unter Strohschobern, wie ein nötiges Übel geduldet, darum auch bissiger Sprüche und jeweils zeitgemäßer Anzüglichkeiten voll und wieder darum lästig3 , oft genug verscheucht, doch nie ausgemerzt, so flatterten diese ältesten Schauspieltruppen durch die Lande. Wo sie auftraten, was sie darboten und wie sie es boten, das zu vermerken hatte, wie schon gesagt, der Stadtschreiber keinen Grund. Aber daß sie oft und oft auch durch Freistadt kamen, der vor der Gegenreformation noch reichen Stadt, diesem bedeutenden Handelsplatze an der uralten Breslauer Straße, aus dem Norden und Süden gewinnend, daran ist wahrhaft nicht zu zweifeln. In ,.\Tirtshäusern, in Stadeln der Vorstadt gaben sie ihre Darbietungen, sammelten sie im schlissigen Hut die Pfennige für ihr Spiel, gewürzt mit derben Spässen, mit Knüffen, Püffen, Prügeln, denn einer gab meist den Pfiffigen, ein anderer den Stockdummen, der immer draufzahlte und eine Mischung sozusagen war dann im 18. Jahrhundert der unsterbliche Hanswurst ... Es gab auch andere, die Schauspiele boten, jedoch verächtlich auf die Fahrenden herabschauten. Das waren die magistri in der evangelischen Schule der Reformationszeit4 mit ihren ledernen Schuldramen, das waren die „lateinischen schulmeister" der Gegenreformation, Jesuiten, Piaristen. Ehrsamer Leute Söhne standen da wie dort auf der Bühne, sprachen in wohlgesetzter, eingelernter lateinischer Rede, agierten von Belsazar oder von Semiramis, vom Ägypterland und vielerlei biblischen Stoffen mehr oder minder geschwollen, dem Bürger nicht verständlich, aber doch ansehnlich in prunkender, seltsam-fremder Tracht, Könige, Propheten, Krieger - Grund genug für die Angehörigen, sich erhoben zu fühlen, Grund genug, dem Magister oder Schulmeister entsprechend in Münze oder einem fetten Braten, auch einem Fäßl Wein Ergetzlichkeit zu bezeigen. Derlei vornehme Schauspiele bot man freilich in keinem Wirtshaus, wo Hauderer und Knechte ihre Kannen leerten, geschweige im Stadel, wo die Mäuse pfiffen, derlei bot man wohl allermeist im Saale des alten Freistädter Rathauses - heute Aktenablage des Bezirksgerichtes. Ursprünglich war 1• 3

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2