OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

das Kreisamt zugegen sein. Die Sorge, daß es mit der noch immer währenden Leidenschaft zur Bühne - Wandertruppen wie Liebhaber - oft genug zu allerhand Schiffbruch führe, war gewiß nicht unbegründet 11 • Gerade in Kleinstädten und Märkten huldigte man ihr fast unbeschwert, dann glomm sie während zweimaliger Feindbesatzung, Geldsturz und fortdauerndem Kriege bis in die Mitte des zweiten Jahrzehntes fort und loderte endlich allenthalben in deutschen Landen aufs neue auf12 • Ganz offensichtlich konnte die Liebhaber-Bühne allein trotz allen Eifers, aller Hingebung die Freude am Theater-Besuche nicht voll befriedigen. Denn besser als je gingen nebenher noch die Geschäfte der \,Vander-Bühnen, der herumreisenden Gesellschaften, obgleich ihnen der Polizeistaat nicht grün war: eine Verordnung vom 5. 10. 1816 gebietet ihre Abschaffung, falls sie nicht kreisamtlich gesehene Pässe hätten, zumal laut Runderlaß vom 2. 12. 1812, Nr. 9684, Schauspieler-Gesellschaften ohnehin nur in Kreisstädten spielen dürften. Nach wie vor waren begreiflicherweise auch räudige Schafe unter ihnen. So erläßt am 30. 11. 1819 die „k. k. Polizei-Hofstelle" folgende Ausschreibung: Im Lande ob der Enns herumziehende „Schauspieler-Banden" ließen „sich beygehen, die sittenverderblichsten, mit keiner Zensur versehenen Stücke aufzuführen". In Niederösterreich hatten sich insbesondere die jüdischen Schauspieler Haberr und Avacas durch anstößige Vorträge in Jiddisch und durch Aufführung des verbotenen Stückes „Unser Verkehr" unangenehm bemerkbar gemacht. Eine ministerielle Weisung vom 18. 6. 1821 läßt sich bald darauf vernehmen: WohltätigkeitsAnstalten mißbrauchen die Erlaubnis zu musikalischen Aufführungen an den NormaTagen, um auch Tänze, Opern und Schauspiele zu geben; dies widerspreche der Heiligkeit solcher Tage und ist abzustellen. Ein Hofkanzlei-Dekret vom 16. 4. 1822 betont ausdrücklich, daß den Theater-Proben außer Polizeibeamten höchstens Theaterdirektoren, nicht aber Theaterfremde ohne ausdrückliche polizeiliche Erlaubnis beiwohnen dürfen. Ein solches Dekret vom 24. 8. 1826 verweist nochmals darauf, daß an den Norma-Tagen (Aschermittwoch, Palmsonntag bis Osterdienstag, Mariä Verkündigung, Pfingstsonntag, Fronleichnam, Mariä Geburt, Allerheiligen, 22. bis 25. 12.) kein Theater abgehalten werden darf; auch sonst darf eine Vorstellung immer erst eine Stunde nach dem nachmittägigen Gottesdienste beginnen. Hofkanzlei-Dekret vom 22. 3. 1827: Wandertruppen haben (ähnlich den Hausierern) ihre von der Landesstelle ausgestellten Pässe bei den Kreisämtern mit dem Sichtvermerk versehen zu lassen und erhalten dort auch die auf das Haupt der Truppe lautende Erwerbsteuerkarte. In den Pässen, die nur an Leute „von tadelloser Aufführung" erteilt werden dürfen, sind die einzelnen Mitglieder namentlich anzuführen; sie werden (laut Patent vom 31. 12. 1812) je nach der „Provinz" mit 1 fl. 30 kr. bis 5 fl. Erwerbsteuer belegt. Außerdem brauchen die „Komödianten wie auch Seiltänzer, Gymnastikkünstler u. dgl." die besondere polizeiliche Erlaubnis für die Aufführungen von der Landesstelle, die ihnen durch die Kreisämter oder hauptstädtischen Polizei-Direktionen zugemittelt wird. TheaterGesellschaften mit festem Standorte - auch bloße Wintergesellschaften - werden einzeln besteuert. Ein Hofkanzlei-Dekret vom 17. 7. 1827 bestimmt im Einvernehmen mit dem k. k. Finanz-Ministerium: vom nächsten Triennium an sind Schauspiel-Gesellschaften mit festem Standorte hinsichtlich der Erwerbsteuer unter die „3. Abteilung ,Künste und Gewerbe' einzureihen". Nur noch das Haupt der Gesellschaft unterliegt hier der Erwerbsteuer, die einzelnen Mitglieder aber unterliegen als „Hülfsarbeiter" nur wie bisher der „Classensteuer". Am 26. 11. 1832 muß das Mühlkreisamt noch einmal bemängeln, daß „auf dem flachen Lande die bestehende Theater-Zensurvorschriften nicht genau beobachtet" und 8

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