OÖ. Heimatblätter 1964, 18. Jahrgang, Heft 1/2

JAHRGANG 18 1964 HEFT 1/2

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0 berösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Institut für Landeskunde von Oberösterreich Sdiriftleiter: Dr. Franz Pfeffer J a h r g a n g 1 8 H e f t 1/2 Jänner-.Jlllni 1964 INHALT Zur Geschichte des Theaters in Freistadt (Gustav Brachmann) Julius Hart über Enrica von Handel-Mazzetti (Harro Heim) Josef Kepplinger, der Stammvater des Ottensheimer Altarbaues (Josef Mit termayer) Das Gefecht bei Lambach (Günther Probsz t) Zu Franz Stelzhamers Schullesebuch (Hans Commenda) Aus der Geschichte der Familie der Grafen von Sprinzenstein (August Zöhrer) Die Abstammung des Generals Neidhardt von Gneisenau (Max Neweklowsky) Garstner Klosterfahrten ins Weinland (Josef Aschauer) Hans Bernrather (Bernreuther) (Johann Obernhumer t) S C H R I F T TU M• Nachschrift zu „Die Paura an der Traun" Seite 3 47 49 54 57 61 67 69 77 (Eduard Beninger) 83 Karl Ilg: Landes- und Volkskunde Vorarlbergs (Hans Commenda) 84 Hubert Kaut: Wiener Kinderspielzeug aus drei Jahrhunderten (Hans Commenda) 86 Otto Jungmair: Wunden und Wunder (Ernst Burgstaller) 88 BEILAGE Otto Kampmüller: Mühlviertler Volksspiele. Eine volkskundlich-soziologische Untersuchung. 222 Spiele. 30 Abbildungen von Richard Kastner. Schriftenreihe des Institutes für Landeskunde von Oberösterreich 17. 108 Seiten, davon 24 Bildtafeln.

Zur Geschichte des Theaters in Freistadt Von Gustav Brachmann (Neukirchen bei Altmünster) I. Allgemeines Warum hätte durch all die Jahrhunderte hin bis weit herauf ins 18. der Stadtschreiber um eines Schauspieles willen die Kielfeder schneiden sollen? Das war doch Kurzweil des Volkes wie Tanz zum Trumsack, zur Schwegelpfeife und Querflöte beim Leutgeb auf dem Boden oder im Sommer draußen unter den Bäumen vor den Toren, das war doch Kurzweil wie die Fasenacht und andere Narretei, ob der hohe Obrigkeit allermeist nichts zu befinden hatte! Ständige Theater gab es nirgends noch im Lande, die fahrenden Spieler aber, althergebracht aus grauen Zeiten, Nachfolger der Singer und der Reimsprecher, die schon im frühen Mittelalter, ja in vorgeschichtlicher Zeit schon eine Art wandernder Zeitung1 gewesen, die Fahrenden, sie waren zu allen Zeiten wohl im Grunde einander gleich. Bunt zusammengewürfelt Volk, unstete, leichtsinnige, doch kaum je verworfene Kerle, aber gleichwohl rechtlich nur auf einer Stufe mit fahrenden Fiedlern, Pfeifern, Tänzern, Gauklern, Fechtern, Ringern, denen man belustigt lauschte oder zuschaute, die aber doch eine schier unüberbrückbare gesellschaftliche Kluft vom ehrsamen Sässigen trennte. Menschen minderen Rechtes, nicht einmal vollen Wergeldes teilhaftig2 , Fliegengewicht im Lebenskampfe, mit dem Hunger auf du und du, wenn's hoch ging, zur Nacht in einem warmen Stall, sonst draußen unter Strohschobern, wie ein nötiges Übel geduldet, darum auch bissiger Sprüche und jeweils zeitgemäßer Anzüglichkeiten voll und wieder darum lästig3 , oft genug verscheucht, doch nie ausgemerzt, so flatterten diese ältesten Schauspieltruppen durch die Lande. Wo sie auftraten, was sie darboten und wie sie es boten, das zu vermerken hatte, wie schon gesagt, der Stadtschreiber keinen Grund. Aber daß sie oft und oft auch durch Freistadt kamen, der vor der Gegenreformation noch reichen Stadt, diesem bedeutenden Handelsplatze an der uralten Breslauer Straße, aus dem Norden und Süden gewinnend, daran ist wahrhaft nicht zu zweifeln. In ,.\Tirtshäusern, in Stadeln der Vorstadt gaben sie ihre Darbietungen, sammelten sie im schlissigen Hut die Pfennige für ihr Spiel, gewürzt mit derben Spässen, mit Knüffen, Püffen, Prügeln, denn einer gab meist den Pfiffigen, ein anderer den Stockdummen, der immer draufzahlte und eine Mischung sozusagen war dann im 18. Jahrhundert der unsterbliche Hanswurst ... Es gab auch andere, die Schauspiele boten, jedoch verächtlich auf die Fahrenden herabschauten. Das waren die magistri in der evangelischen Schule der Reformationszeit4 mit ihren ledernen Schuldramen, das waren die „lateinischen schulmeister" der Gegenreformation, Jesuiten, Piaristen. Ehrsamer Leute Söhne standen da wie dort auf der Bühne, sprachen in wohlgesetzter, eingelernter lateinischer Rede, agierten von Belsazar oder von Semiramis, vom Ägypterland und vielerlei biblischen Stoffen mehr oder minder geschwollen, dem Bürger nicht verständlich, aber doch ansehnlich in prunkender, seltsam-fremder Tracht, Könige, Propheten, Krieger - Grund genug für die Angehörigen, sich erhoben zu fühlen, Grund genug, dem Magister oder Schulmeister entsprechend in Münze oder einem fetten Braten, auch einem Fäßl Wein Ergetzlichkeit zu bezeigen. Derlei vornehme Schauspiele bot man freilich in keinem Wirtshaus, wo Hauderer und Knechte ihre Kannen leerten, geschweige im Stadel, wo die Mäuse pfiffen, derlei bot man wohl allermeist im Saale des alten Freistädter Rathauses - heute Aktenablage des Bezirksgerichtes. Ursprünglich war 1• 3

der Zweck dieser gelehrten „Commödien", wie sie verallgemeinert hießen, gewiß weit weniger bloßer Unterhaltung der Zuschauer als vielmehr der Ausbildung des Schülers im Rednerischen zugedacht, allein auch sie scheinen mit der Zeit verfallen zu sein, den Schüler mit dem Einlernen zu lange, zu einseitig beansprucht, vom Studium abgelenkt oder sonstwie Ungebühr verursacht zu haben. Jedenfalls schaffte Maria Theresia mit Hof-Dekret vom 19. 12. 1768 diese „vormal jährlich gewöhnlichen comödien bei denen lateinischen schulen" völlig ab. Auch schon ihr Vater, Karl VI., war der Bühne nicht hold. Für Wien zunächst einmal lautet seine Entschließung vom 4. l. 1704, daß „die comödien und masquern/absonderlich aber die ... prostibula und liederliche weibsbilder . . . vom stadtgericht ... abgeschaffet werden sollen ... cum derogatione omnium instantum" (J. B. Suttinger von Thurnhof, Consuetudines Austriacae, Nürnberg 1718, Anhang), was freilich nicht allzuviel Erfolg gehabt haben dürfte. Recht eigentlich begann aber erst der langsam zum Zentralismns hinstrebende Staat um die Mitte des 18. .Jahrhunderts sich mit der Schauspielerei zu befassen. Mit erhobenem Finger natürlich. An einer ganzen Reihe von Tagen sollte sie sich nicht mehr hören und sehen lassen dürfen (Hof-Dekret vom 16. 12. 1752: künftig dürfen vom 12. Dezember an durch den ganzen Advent, durch die Fasten, in den Betwochen, in der Fronleichnamsoktav, an den Frauentagen und -vortagen, selbst wenn kein kirchlicher Feier- oder Fasttag besteht, an den Quatembern, Allerheiligen, Allerseelen samt Vorabend, am Himmelfahrts- und Dreikönigstage wie auch am Geburtstag der Kaiserin-Mutter und dem Geburts- und Sterbetag Karls VI. keine Schauspiele stattfinden; an den Weihnachts-, Ostern-, Pfingstfeiertagen immer erst am nächsten Tage.) Hierzu waren Erwägungen aus Maria Theresias religiöser Einstellung die Richtschnur. Desgleichen bei ihrem vorangegangenen Verbote5 der rein volkstümlichen, von Laien aufgeführten Sommer- und Winterspiele, des Adam- und Eva-, des Geburt-Christi-, des Dreikönig- und des Johann-d.-Täufers-Spieles „gleich all dergleichen unanständigen vorstellungen, da dergleichen spiele zu keiner auferbauung, sondern lediglich nur zur Ärgernis6 des publicums anlaß" gäben. Mit Frömmelei wahrhaft nicht behaftet, schlug gleichwohl in solchem Falle auch der Staat der Aufklärung in dieselbe Kerbe, denn dem galt es doch, auf Teufel komm heraus dem Volke statt „abgestandener" Bräuche die sogenannte ,,Vernunft" einzutrichtern: so brachte denn eine Polizei-Verordnung für Steiermark, Kärnten, Krain vom 31. 5. 1786 das vorerwähnte Verbot erneut in Erinnerung, und eine allgemeine Verordnung vom 26. 5. 1770 untersagte u. a. nocheinmal das „hlg. drey könig- und lichtmeß-spiel mit lebendigen personen als einen unschicklichen mißbrauch". Was haben doch diese Eiferer der einen wie der anderen Richtung hier allein an unwiederbringlichem, wertvollstem Volksbrauche auf dem Gewissen! Aber auch das Schauspiel in der Reichshauptstadt hatte alsbald nichts mehr zu lachen. Nur dort gab es ja schon so etwas wie stehende, an bestimmten Örtlichkeiten auftretende Truppen, für die man bisher keine oder nur unbedeutende7 obrigkeitliche Vorschriften gekannt hatte. Nun aber schuf Maria Theresia die Theater-Zensur „zur beseitigung aller die sitten und den anstand beleidigenden gegenstände bei schauspielen". Sonnenfels wurde zum Zensor bestellt. Verboten waren: Verstöße gegen die Religion, den Staat, die guten Sitten und „offenbarer unsinn / weil des theaters unwürdig". Zensurpflichtig waren alle, wenngleich schon früher einmal gespielten Stücke und ihr Wortlaut auch dann, wenn er nur zum Drucke bestimmt war. Vierzehn Tage vor jeder beabsichtigten Vorstellung war 4

das Textbuch in doppelter Ausfertigung beim Zensor einzureichen, der zustimmenden Falles sein „admittitur" daraufsetzte, ein Stück zurückbehielt, das andere wieder ausfolgte. ,,Extemporata" - plötzliche Einfälle des Spielers - waren nach wie vor bei 24stündigem, gleich nach der Vorstellung anzutretendem Arrest verboten. Auch die Anschlagzettel waren zensurpflichtig. Jede Übertretung war dem „Hofmusikgrafen8 " anzuzeigen, damit er Abhilfe schaffe. Aus Anlaß der Staatstrauer (Tod Maria Theresias), der nach dem altspanischen bisherigen Hofzeremoniell sogenannten „Zeit der tiefen Klage und Ablegung der pleureusen", nämlich vom 30. 11. 1780 bis 21. 1. 1781, verbot Josef II. mit Hof-Reskript vom 30. 11. 1780 zwar ebenfalls alle Schauspiele, danach aber sollte das „Comödienspiel wegen der Ernährung verschiedener Menschen, dann weil die wahre Empfindung nicht im Äußerlichen besteht", wieder aufgenommen werden. In der Verordnung vom 17. l. 1781 werden jedoch alle Arten „Spektakel" (Aufführungen) wie auch Musik und Bälle untersagt für Ostern, Mariä Verkündigung, Pfingsten, Fronleichnam, für den 17./18. August (Erinnerung an Kaiser Franz 1.), Mariä Geburt, 15. Oktober (Theresientag), Allerheiligen, 28./29. November (Erinnerung an Maria Theresi.a) und für den 22. bis 24. Dezember. Eine Verordnung vom 18. 4. I786 verbietet alle Possenspiele und Extemporata. Jetzt greifen zum ersten Male klare theaterpolizeiliche Vorschriften auch auf das flache Land über: jede Aufführung bedarf nun auch hier der vorherigen Bewilligung des Kreisamtes, das natürlich nur bereits „gutgeheißene Stücke" darbieten lassen darf. Nach wiederholten Polizei-Verordnungen (1787, 1791, 1797, 1799) oblag die Handhabung der TheaterPolizei in den Landeshauptstädten den Polizei-Oberdirektionen, bei denen auch die Erlaubnis zu jeder Haus-Komödie, zu öffentlichen Bällen und musikalischen Veranstaltungen zu erwirken war. Zur Handhabung der Zensur und zur Bewilligung neuer Theatergebäude war die Landesstelle allein zuständig. Eine Hof-Entschließung vom 12. 2. 1787 gestattet den Theater-Unternehmern in den Landeshauptstädten ebenso wie dem „Wienerischen Nazional-Theater" grundsätzlich auf fallweises Ansuchen während der Fasten (mit Ausnahme der letzten Woche einschließlich Palmsonntags) Schau- und Trauerspiele aufzuführen. Eine Verordnung vom 9. 2. 1793 regelt nochmals die sogenannten „Norma-Tage": Spielverbot für 19./20. 2. (Erinnerung an Josef II.), 28. 2./1. 3. (Erinnerung an Leopold II.), Palmsonntag bis einschließlich Mariä Verkündigung, Pfingstsonntag, 14./15. 5. (Erinnerung an Maria Luise), Fronleichnam, Mariä Geburt, 15. 11. (Leopold) und 22. bis 25. 12; die vorerwähnte Erleichterung bleibt für die stehenden Bühnen aufrecht. Eine Verordnung für Oberösterreich vom 23. 2. 1793 „in Ansehung der Comedienspielen auf dem Land, als deren Schauspieler selbst, dann wegen des Extemporiren und der zensirten Stücke" weist die Kreisämter an, bei Bewilligung von Theateraufführungen immer den einschränkenden Zusatz zu machen: ,,nur in größeren, mit einem Magistrate versehenen Städten und Märkten". Auch sind jedesmal Ermittlungen über die Persönlichkeit der Schauspieler9, besonders auch über ihr Herkunftsland (Frankreich!), zu pflegen und Schauspieler-Gesellschaften dürfen fortan nur noch mit kreisamtlichen Pässen umherziehen. Um die Einhaltung der erteilten Bewilligungen zu sichern - denn viele örtliche Obrigkeiten wüßten ja nicht einmal, ,,was ein hierländig censurirtes und passirtes Stück sagen will" - , haben diese „in ihren gewöhnlich einzureichenden Policey-Rapporten jederzeit anzumerken, welche Stück die Zeit hindurch aufgeführt worden". Um Extemporata zu verhindern, haben die Ortsobrigkeiten die ihnen vorgelegten Textbücher vorher durchzulesen, mit dem Ortspfarrer gemeinsam durchzugehen und „dasjenige abzuändern, was sie nicht sittlich oder sonst nicht 5

anpassend fänden". Also noch eine zweite Zensur! Und jetzt, im Jahre 1793, wären wir dort angelangt, wo der Herr Secretarius, wie eingangs gesagt, seine Feder hatte spitzen müssen. Er wird sie auch in Freistadt gespitzt und seine „Policey-Rapporte" geschrieben haben. Aber welch unersetzlicher Verlust vor allem auch in theatergeschichtlicher Hinsicht: die kreisamtlichen Akte sind nicht mehr erhalten! Die des Mühlviertler Kreisamtes wurden erst im Winter 1920/21, weil allerdings durch Feuchtigkeit in den steinernen Gewölben der Bezirkshauptmannschaft arg mitgenommen, ohne Beiziehung Fachkundiger zum Einstampfen vergeben ... Da sich auf dem Lande bei den ·wandertruppen dazumal auch Theaterzettel noch nicht recht eingebürgert hatten, fehlen uns auch diese Anhaltspunkte, was, wann und wo von ihnen in Freistadt in jedem Einzelfalle gespielt wurde. Denn selbst im späten 18. Jahrhundert machte sich die Obrigkeit um „Zeit und Ort der Handlung" nicht die mindeste, sondern nur um diese selbst Sorge. Einen Raum zum Spiele zu finden, das war völlig privater Abmachung überlassen, noch hatte kein gewaltiger Theater-Brand die Notwendigkeit entsprechender bau- und feuerpolizeilicher Vorschreibungen gebieterisch eingegeben. Es mag zu solchen Aufführungen wandernder Schauspieler-Gesellschaften in Freistadt - wie unten noch zu besprechen - wohl allermeist im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts der große Raum im Schöttlschen Hause gedient haben, allein dies stand, wie gesagt, in ihrem Belieben, und so blieb es zunächst sogar noch in der so spielwütig gewordenen letzten Zeit des Jahrhunderts. Beinahe süchtig waren die Menschen jener Jahrzehnte geworden, Spiele zu schauen und selbst spielend aufzutreten. Es war wie eine Modekrankheit gekommen, wie heute Fernsehen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Mixer, es war die große Zeit der Liebhaber-Bühne. Das Heraufkommen dieser eigenartigen, den Kulturgeschichtler immer wieder fesselnden Zeiterscheinung hatte etwelche Wurzeln. Da war die aufsteilende dichterische Größe der deutschen Klassiker, von der man schließlich selbst im kleinsten Landstädtchen einen Hauch verspürte. Da war die im Gefolge des Rufes nach „Rückkehr zur Natur" ausgebrochene Empfindsamkeit, ja Empfindelei mit Seufzern, Tränen, Schwüren, WertherStimmung, die gleichfalls schließlich bis in den Melkeimer der Stallmagd tropfte. Da war die Räuberromantik mit viel falschen Tönen - denn jeder Massenmörder sollte nun sozusagen nur ein Opfer der Gesellschaft sein. Da war nebst einigem anderen, doch wahrlich nicht zuletzt noch etwas, das sozusagen die schon pralle Knospe zum Aufbruch brachte: ein Kaiserwort oder doch ein solches, das man so deuten durfte. Und das kam so: Über ein Jahrtausend war die Armenfürsorge ausschließlich in der Hand der Kirche gelegen. Dess sah sich nun der Staat des „aufgeklärten Absolutismus" leid und beschämt. Die Grundlage für solche Art der Wohltätigkeit sollte breiter werden. Sie ganz in seine Hand als Wohlfahrtsstaat zu nehmen, dazu ermangelten ihm, industriearm, innen kaum gefestigt, durch überhastete Reformen gescheucht, von außen her gerüttelt, durchaus die geldlichen Mittel. Da war es die Tat eines Freistadt benachbarten Großgrundbesitzers, des Grafen Buquois in Gratzen, der die sogenannte „Vereinigung aus Liebe des Nächsten", kurz gesagt eine Art freiwilliger, nun auch zum Teil weltlicher Armenfürsorge, begründete. Dieses Beispiel griff Josef II. auf und schuf mit Hof-Entschließung vom 2. 6. 1783 die sogenannte „ArmenAnstalt". Mit ihr sollte zum ersten Male eine Art geregelter Fürsorge für Bedürftigste erreicht werden. Da man aber, wie schon gesagt, bei der Geldknappheit des Staates privater Wohltätigkeit nicht entraten konnte, gab man ihr hier ein Wirkungsfeld für milde Gaben, 6

Haussammlungen und letztwillige Stiftungen. Nicht zuletzt erklärte man Schauspiele zum Besten der Armen als erlaubt, ja als erwünscht10 • Nun hub in der Tat auch in unserem Lande eine wahre Spielwut an. Die „Linzer Zeitung" sprach nicht nur von einer „neuentdeckten Haupthülfsquelle" für die Armen-Anstalt, sondern geradezu von einer „neuen Epoche in der Geschichte der Schaubühne". Das war viel, zuviel fast schon gesagt. Denn der nüchterne Ordnungsstaat fürchtete alsbald schon wieder, die gerufenen Geister nicht mehr loszuwerden. Und so kam auch schon die erste kühlende Abreibung von oben: eine Verordnung vom 24. 12. 1786 wünscht „der zu großen Verbreitung der Schauspielsucht" Schranken zu setzen. Possenspiele und Extemporalia sind abermals durchaus verboten, und wieder wird darauf verwiesen, daß auf dem Lande jede Aufführung der kreisamtlichen Bewilligung bedürfe. Im Gegensatze zu den von 1792 (Regierungsantritt Franz' II.) an erflossenen theaterpolizeilichen Bestimmungen, die lediglich mehr polizeistaatlichem Denken entsprangen, spiegelte sich in der eben erwähnten Verordnung weit mehr ein für die josefinische Zeit so kennzeichnender Gedanke: die breite Masse von jedem Tun fernezuhalten, das ihre Arbeitsamkeit - beinahe möchte man schon sagen: ihr Plansoll - und dadurch die wirtschaftliche Entwicklung des Staates hemmen könnte, oder mit anderen Worten, damit - wie es zum Beispiel bei dem Verbote der doch von alters üblichen Schnitterfeste und Kirchweihtänze so bezeichnend heißt - ,,die Zeit nicht versplittert" werde. In der Verordnung vom 13. 2. 1795 wird von den Obrigkeiten des nun um seine innere Ruhe besorgten Staates erwartet, daß „insonderheit bey den gegenwärtigen Zeiten" (Französische Revolution!) ,,alles sorgfältig vermieden werde, was die guten Sitten beleidigen oder gefährliche Grundsätze in Rücksicht auf die gute Ordnung und das Wohl des Staates verbreiten könnte"; ,,Extemporiren und zweydeutiges Gebärdenspiel" wird neuerlich verboten. Die nächsten Jahre brachten dem Staat denn wirklich - durch kriegerische Verwicklung - der Sorgen so viele, daß die Obrigkeit nur selten noch Zeit fand, sich um die Freunde Thaliens zu kümmern. Die Spielsucht, von einem Schuß österreichischer Leichtlebigkeit beflügelt, ging ungeachtet der ernsten Zeiten noch immer weiter. Not gab es ja mehr als genug, und um sie lindern zu helfen, durfte man sich eben auch mit den muntersten Stücken auf der Bühne zeigen. So meinte wenigstens der Hans und die Gret, Vater Staat aber runzelte darob ernsthaft die Brauen. Das Mühlviertler Kreisamt läßt sich am 5. 8. 1801 - kurz zuvor hatte man einen Krieg verspielt - denn auch ausdrücklich vernehmen: ,,dem itzt auf dem flachen Lande herrschenden Hang, Komödien zur frommen (wohltätigen, d. V.) Absicht aufzuführen" gedenke die Obrigkeit „keineswegs durch diesämtliche Aneiferungen Vorschub zu geben, weil dadurch der Dilettanten Eifer zur Arbeit erkaltet, und diese wohlthätige Unterhaltung, anstatt sie zur Erhollung von den Geschäften zu gebrauchen, zur Hauptbeschäftigung erwächst/ auch manche/: wie schon die Erfahrung lehret:/ den nützlichen Gewerben entzieht und zuletzt ihre Nahrung darinnen zu suchen, verleidet". Im gerade vorliegenden besonderen Falle allerdings - Rottenegg hatte schon vor zwei Jahren ähnlich gelitten und war nun, noch nicht einmal erholt, am 23. 7. 1801 neuerlich Opfer eines schweren Wolkenbruches geworden - wolle man ein Auge zudrücken und „erwähnte Dilletanten bereden, hierin etwas für die Verunglückten zu thun". Selbstverständlich seien aber die Stücke vorher zur Zensur einzureichen. Um die Theaterbesucher über die Verwendung des Geldes zu beruhigen, werde ein Kanzleiangestellter der Obrigkeit oder ein angesehener Bürger an der Kasse sitzen und bei der Endzählung und Abfuhr des Geldes an 7

das Kreisamt zugegen sein. Die Sorge, daß es mit der noch immer währenden Leidenschaft zur Bühne - Wandertruppen wie Liebhaber - oft genug zu allerhand Schiffbruch führe, war gewiß nicht unbegründet 11 • Gerade in Kleinstädten und Märkten huldigte man ihr fast unbeschwert, dann glomm sie während zweimaliger Feindbesatzung, Geldsturz und fortdauerndem Kriege bis in die Mitte des zweiten Jahrzehntes fort und loderte endlich allenthalben in deutschen Landen aufs neue auf12 • Ganz offensichtlich konnte die Liebhaber-Bühne allein trotz allen Eifers, aller Hingebung die Freude am Theater-Besuche nicht voll befriedigen. Denn besser als je gingen nebenher noch die Geschäfte der \,Vander-Bühnen, der herumreisenden Gesellschaften, obgleich ihnen der Polizeistaat nicht grün war: eine Verordnung vom 5. 10. 1816 gebietet ihre Abschaffung, falls sie nicht kreisamtlich gesehene Pässe hätten, zumal laut Runderlaß vom 2. 12. 1812, Nr. 9684, Schauspieler-Gesellschaften ohnehin nur in Kreisstädten spielen dürften. Nach wie vor waren begreiflicherweise auch räudige Schafe unter ihnen. So erläßt am 30. 11. 1819 die „k. k. Polizei-Hofstelle" folgende Ausschreibung: Im Lande ob der Enns herumziehende „Schauspieler-Banden" ließen „sich beygehen, die sittenverderblichsten, mit keiner Zensur versehenen Stücke aufzuführen". In Niederösterreich hatten sich insbesondere die jüdischen Schauspieler Haberr und Avacas durch anstößige Vorträge in Jiddisch und durch Aufführung des verbotenen Stückes „Unser Verkehr" unangenehm bemerkbar gemacht. Eine ministerielle Weisung vom 18. 6. 1821 läßt sich bald darauf vernehmen: WohltätigkeitsAnstalten mißbrauchen die Erlaubnis zu musikalischen Aufführungen an den NormaTagen, um auch Tänze, Opern und Schauspiele zu geben; dies widerspreche der Heiligkeit solcher Tage und ist abzustellen. Ein Hofkanzlei-Dekret vom 16. 4. 1822 betont ausdrücklich, daß den Theater-Proben außer Polizeibeamten höchstens Theaterdirektoren, nicht aber Theaterfremde ohne ausdrückliche polizeiliche Erlaubnis beiwohnen dürfen. Ein solches Dekret vom 24. 8. 1826 verweist nochmals darauf, daß an den Norma-Tagen (Aschermittwoch, Palmsonntag bis Osterdienstag, Mariä Verkündigung, Pfingstsonntag, Fronleichnam, Mariä Geburt, Allerheiligen, 22. bis 25. 12.) kein Theater abgehalten werden darf; auch sonst darf eine Vorstellung immer erst eine Stunde nach dem nachmittägigen Gottesdienste beginnen. Hofkanzlei-Dekret vom 22. 3. 1827: Wandertruppen haben (ähnlich den Hausierern) ihre von der Landesstelle ausgestellten Pässe bei den Kreisämtern mit dem Sichtvermerk versehen zu lassen und erhalten dort auch die auf das Haupt der Truppe lautende Erwerbsteuerkarte. In den Pässen, die nur an Leute „von tadelloser Aufführung" erteilt werden dürfen, sind die einzelnen Mitglieder namentlich anzuführen; sie werden (laut Patent vom 31. 12. 1812) je nach der „Provinz" mit 1 fl. 30 kr. bis 5 fl. Erwerbsteuer belegt. Außerdem brauchen die „Komödianten wie auch Seiltänzer, Gymnastikkünstler u. dgl." die besondere polizeiliche Erlaubnis für die Aufführungen von der Landesstelle, die ihnen durch die Kreisämter oder hauptstädtischen Polizei-Direktionen zugemittelt wird. TheaterGesellschaften mit festem Standorte - auch bloße Wintergesellschaften - werden einzeln besteuert. Ein Hofkanzlei-Dekret vom 17. 7. 1827 bestimmt im Einvernehmen mit dem k. k. Finanz-Ministerium: vom nächsten Triennium an sind Schauspiel-Gesellschaften mit festem Standorte hinsichtlich der Erwerbsteuer unter die „3. Abteilung ,Künste und Gewerbe' einzureihen". Nur noch das Haupt der Gesellschaft unterliegt hier der Erwerbsteuer, die einzelnen Mitglieder aber unterliegen als „Hülfsarbeiter" nur wie bisher der „Classensteuer". Am 26. 11. 1832 muß das Mühlkreisamt noch einmal bemängeln, daß „auf dem flachen Lande die bestehende Theater-Zensurvorschriften nicht genau beobachtet" und 8

ungenehmigte Stücke aufgeführt werden. Jedes Stück hat vor der Aufführung vom LandesPräsidium genehmigt zu sein; sollten darüber hinaus örtliche Verhältnisse weitere Abänderungen nötig machen, so ist fallweise rechtzeitig darum einzureichen. Jeder TheaterUnternehmer, der die Vorführungsbewilligung vom Kreisamt erhalten hat, muß das Verzeichnis der geplanten Stücke noch der Ortsobrigkeit vorlegen. Aber auch die LiebhaberGesellschaften müssen „ihre Unterhaltungen ... in den gehörigen Schranken halten", damit sie nicht „die häusliche Ordnung stören, von der gewohnten Beschäftigung zum Müßiggange führen und der Moralität gefährlich werden". Auch bei jeder solchen Aufführung ist das Stück rechtzeitig zur Zensur einzureichen. Ein Hofkanzlei-Dekret vom 6. l. 1836 stellt fest, daß „herumziehende Schauspielertruppen", Seiltänzer, Gymnastikkünstler, herumziehende Musikbanden und verschiedene Schausteller, ,,welche die österreichischen Provinzen in allen Richtungen durchstreifen, seit einiger Zeit bedeutend zunehmen". Ausländer, die nicht in jeder Hinsicht unbedenklich sind und nicht ungewöhnlich künstlerisch Wertvolles oder Seltenes darbieten, sind schon an der Grenze zurückzuweisen, nötigenfalls wieder hinüber zurückzustellen. Inländern aber sind solche Bewilligungen von den Landesstellen nur unter Prüfung aller polizeilichen Voraussetzungen zu erteilen, in Haupt- oder anderen großen Städten im Einvernehmen mit den dortigen Polizei-Direktionen oder -Kommissariaten. Von den erteilten Bewilligungen, bei denen immer auch auf die wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnisse der einzelnen Gegenden zu achten ist, sind die Kreisämter zu verständigen, die die - grundsätzlich knapp gehaltenen - Fristen für die Vorführungen zu überwachen und die sonstigen polizeilichen Bestimmungen anzuwenden haben. Örtliche Obrigkeiten dürfen unter keinen Umständen derlei Darbietungen aus eigenem erlauben. Hofkanzlei-Dekret vom 22.10.1836: je nachdem die Vorführungsbewilligung auf 3, 6 oder 12 Monate lautet, beträgt die Taxe auf dem Lande 45 kr., 1 fl. 30 kr. oder 3 fl. HofkanzleiDekret vom 3. 9. 1841: unter keinen Umständen darf mehr eine Landesstelle ihre Zuständigkeit zur Vorführungserlaubnis für „herumziehende Schauspielertruppen" u. ä. Schausteller an ein Kreisamt oder an eine Ortsobrigkeit abtreten. Denn vielerorts wird von Geistlichkeit und Familienvätern darüber geklagt, daß „die Zahl der herumziehenden Schauspieler, Gymnastikkünstler, Musikanten, Marionettenspieler, Thierkomödianten, und Eigenthümer anderer, auf Schaulust des Publikums berechneter Gegenstände auf dem Lande auf eine Art sich vermehre, daß daraus insbesondere für das Landvolk, besonders für das Gesinde, nachtheilige Wirkungen zu erwarten sind". Dieselben Einschränkungen gebieten die Erlässe des Landes-Präsidiums vom 31. 1. und 26. 4. 1836 und 4. 10. 1841. Mit Bezug auf die Dienstinstruktion der nach 1849 geschaffenen unteren Verwaltungsbehörden (,,k. k. Gemischte Bezirksämter", ,,k. k. Bezirkshauptmannschaften", § 70/5), wonach auch „wandernde Schauspieler" neben der Genehmigung der k. k. Statthalterei für jede Aufführung noch die Bewilligung der betreffenden Bezirksbehörde benötigen - eine Bestimmung, die sinngemäß auch für die Liebhaber-Bühne und bis herauf in unsere Tage noch fortbestand - , schließlich mit dem Hinweis auf die Min.-Verordnung vom 25. 11. 1850 RGBL Nr. 454 sei dieser Überblick über die Entwicklung der österreichischen Theater-Polizei abgeschlossen. Er läßt vieles bereits im allgemeinen Dargestellte wie auch solches aus dem nachfolgenden besonderen Teile leichter verständlich werden. 9

II. Aus den Freistädter Theaterakten 1800-1849 Diesem Abschnitte möge der Leser all das entnehmen, was uns an Theater-Geschichtlichem aus den noch erhaltenen Archivalien der Stadt Freistadt (im OÖ. Landes-Archiv) bekannt ist. Es umfaßt freilich nur die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ist zum größten Teile nur Niederschlag des zwischen Magistrat und Kreisamt (des Mühlkreises13 ) geführten amtlichen Schriftwechsels, enthält demnach nichts Weltbewegendes, gibt aber gleichwohl wertvolle Einblicke in das Leben, in die Denk- und Gehabensweise vor allem der wandernden Schauspieler14 , in die Einstellung der Obrigkeit zu ihnen wie auch in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse jener Zeit. Um 1800 (nach Papier und Schrift): Einvernahme beim Magistrat (fortan abgekürzt: Ma) mit Anton Vincenz, 17 J., röm.-kath., led., aus Prückh (Preuß.-Schlesien), Eltern: Ign. V. und Kar., beides Schauspieler. Vater noch im Fasching bei der Gesellschaft Petsch-St. Pölten, dürfte aber jetzt im Reiche sein. Mutter bei Gesellschaft MikoliPrag. Er selbst war 3 Wochen bei Belomo15 in Graz, dann vor etwa 1 Monat über Leoben-Eisenerz-Steyr nach Linz gekommen, da er gehört, es werde durch Abgang eines gew. Virland bei G löckl16 eine Stelle frei. Nachdem er aber dort von Aug. Schulz, ja von Glöckl selbst erfahren, daß nichts frei sei, habe er sich jetzt auf die Reise nach Prag gemacht, woferne er nicht etwa bei der Schauspieler-Gesellschaft in Budweis unterkomme. Reisepaß und Zeugnisse habe er nicht, ,,weillen es bey uns nicht gewöhnlich, und alzeit ohne einen solchen fortgekommen bin". Doch könne er sich auf Kreishauptmann v. Sonnenstein-Steyr und auf dessen Sohn, Postmeister in Wels, die ihn unterstützten, wie auch auf Grafen Eichhold und Kreiskommissär v. Eisselsberg, beide in \"lels, berufen, die ihn gleichfalls kennen. Man möge ihn also wieder auf freien Fuß setzen. Juni 1800, ersucht im Wege des Ma der Schauspieler Franz Vasbach17 das Kreisamt (fortan abgekürzt: Ka), in Freistadt und anderen Orten des Kreises Schau- und Lustspiele aufführen zu dürfen. Am 24. 6. erhält er die Bewilligung, ,,auf der Durchreise" in Freistadt durch 14 Tage zensurierte Stücke (nach vorheriger Meldung beim Ma) aufzuführen, hat sich aber „aller Extemporirung zu enthalten und mit seiner Gesellschaft ruhig und rechtschaffen zu betragen". 7. 8. 1800 Ma an KA (auf dessen Anfrage v. 4./6. 8.): Vasbach hat hier mit seinen Leuten „regelmäßig censurirte, wohl anständige Schauspielle producirt, und hierin allen Beyfall" gehabt. Sein sonstiges Betragen war auch „ganz unaustellig", auch Schulden hat er nicht. 20. 9. 1804 Ma Budweis an Ma Freistadt: auf Grund einer Vollmacht H. Hlawas für Fr. Kalluper (Neuhaus, 15. 8.) überbringt dieser die vom Schauspiel-Unternehmer Franz Kübler18 noch schuldigen 52 fl. Selben Tages bestätigt der Bürgermeister diesen Empfang. 1./10. 4. 1807 Ma Mauthausen an Ma Freistadt: der aus Petersburg stammende, ehemalige Schauspieler Rud. Strelofsky ist von Mauthausen „mit Schulden heimlich entwichen": dem Sternwirt Niklas 11 fl. 54 kr., bei Kreuzberger 9 fl. 56 kr., dem Schauspieler Fuchs 6 fl. 18 kr. Da er sich vermutl. nach Freistadt zu Staffierer Müllerbegeben, bittet man um seine Anhaltung. 16. 4. gibt der Bürgermeister die Weisung, ihn zu rufen und zu vernehmen. 10

April 1813 Ma Freistadt an Ka „zeigt zu hoher Begnehmigung an, daß eine Gesellschaft von Dilettanten auf dem städt. Theater spielen werde"; darauf 27. 4. Ka an Ma: ,,Da der Zweck der Vereinigung sehr edel ist, so nihmt man keinen Anstand, die Bewilligung zur Vorstellung einiger Theater-Stücke zu ertheilen, nur hat diese Dilettanten-Gesellschaft keine uncensurirten Stücke zu geben, worüber der Magistrat als Ortsobrigkeit zu wachen hat." Um diese Zeit bedurfte es also noch nicht der Voranmeldung jedes einzelnen solchen Stückes beim Ka. 9./14. 10. 1813: ein Franz Hansen aus Steyr an Ma Freistadt (in auffallend guter, gar nicht - wie sonst in diesen Kreisen üblich - unterwürfiger Schreibweise): eine Gesellschaft tüchtiger Schauspieler und „gut moralischer Menschen, die unter meiner Leitung die entreprise in Laibach führen sollten, sind jetzt hier versammelt ...". Er möchte bis dahin die Zeit nützen und fragt an, ob er - zustimmendenfalls noch persönliche Vorsprache und Bewilligung des Ka vorausgesetzt - mit Erlaubnis für 16 Aufführungen in Freistadt rechnen dürfe. Herr Mire19 in Linz nehme an seinem „Unternehmen den wärmsten Antheil". Erfolg unbekannt. 23./28. 1. 1819: Ma Waidhofen a. Y. an Ma Freistadt: ,,seit einigen Monaten ist in W. schon die Schauspieler-Gesellschaft Jak. Mara t, welche sich nicht nur durch kluge Auswahl und richtige Vorstellung ihrer censurirten Theaterstücke auf hiesiger Bühne allgemeinen Beyfall, sondern auch durch ihr sittliches Betragen und gesellschaftliches Benehmen ebenso wie durch ihre vorzügliche häusliche Wirtschaftsführung ungetheilte Achtung und Werthschätzung zu erwerben weiß. Da sich die Gesellschaft nun nach Freystadt wenden will, kann man sie dorthin nur in jeder Hinsicht aufs Beste empfehlen." Um 1819: Einvernahme des Friedr. Lenschau, Schauspielers und Tanzmeisters aus Lübeck beim Ma Freistadt: Er sei mit seiner Frau und dem Schauspieler Schwarzenberg aus Böhmen eingereist, um sich über Buchers nach Niederösterreich zu begeben. Es hätten aber in Leopoldschlag einige Familien den Wunsch geäußert, ihren Kindern Tanzunterricht zu geben. Bitte, sich bis Neujahr aufhalten, Tanzunterricht erteilen und 3 bis 4 Theateraufführungen geben zu dürfen, ,,um mein Fortkommen und die Fuhren zu erleichtern". Schw. habe bereits vor 2 Jahren mit Bewilligung des Ka hier gespielt und über sein eignes Können gäben ja die Zeugnisse Aufschluß: Zeugnisse der Theater-Unternehmer Franck-Gratzen 1816, K. Bub-Klattau 1817, obrigkeitliche Zeugnisse von Oberhaid, Unterhaid, Kaplitz, Hohenfurt, Wallern, Friedberg, Budweis 1817/18. Um den 10. 6. 1820 erscheint J. Mara t beim Ma Freistadt und ersucht um Aufführungserlaubnis; er wird an das Ka verwiesen, das 13. 6. darüber eine Äußerung wünscht. 15. 6. Ma an Ka: ,,es ist schwer für Schauspieler-Gesellschaften, sich in den Sommermonathen in dieser ziemlich gewerbslosen Stadt erhalten zu können. Die gewiß gering ausfallende Einnahme zieht die Folge nach sich, daß ... in Hoffnung aufbessere Zeiten geborgt werden muß, leider aber oft nach Willen z. Z. der Abreise nicht mehr zurück ersetzt werden kann. Bei solch eintretenden Fällen entstehen sowohl für den gutmüthigen Bürger als den Schauspieler Unannehmlichkeiten, zu deren Abwendung oft auch noch gerichtliche Hülfe beygezogen werden mußte. Dies glaubte der gefertigte Ma ob einer bereits früher gemachten Erfahrung voraussetzen zu müssen. Da aber aus den vorgelegten Acten die besonderen, ausgezeichneten Eigenschaften dieser, unter Director J. M. bestehenden Schauspieler-Gesellschaft vorausgehen, so kann man dieser gewiß nicht 11

im Wege stehen, und unterstützt daher auch die Bitte, es wolle derselben die Bewilligung ... ertheilt werden." 22. 6. Ka anJ. M., Theater-Unternehmer in Wels: mit Bedacht auf das ihm vom Ka Wels ausgestellte Zeugnis über Betragen und Kunstfertigkeit erhält er die Bewilligung in Freistadt, jedoch keiner anderen Stadt des Mühlkreises, im Sinne der Vorschriften (7. 10. 1807, 3. 12. 1812 Zl 8768) durch zwei Monate Vorstellungen zu geben. Auf Grund der Äußerung des Ma möge er aber bedenken, daß er „wenig Aussichten auf gute Einnahme sich zu versprechen habe". Wollte er gleichwohl hingehen, dürfe es doch zu keinem „Anstand und Schuldenmachen des Personals" kommen. Dessen genaues Verzeichnis samt „Nationale" wäre vorzulegen. Gleichlautend (22./25. 6.) an Ma z. Kenntnis. 7. 10. 1820: Jak. Marat an Ma Freistadt aus Ischl. Da er privat benachrichtigt worden sei, er möge nicht vor Mitte November nach Freistadt kommen, wenn er „dort seine Rechnung finden wollte", so teile er nun mit, daß er mit seiner „aus 12 lntivituen (sehr gut gewählten Mitgliedern) bestehenden Gesellschaft, mit einer trefflichen Sammlung der neueren Werke von Trau-Schau-Lustspielen und Opern, mit hierzu erforderlicher Garderobe ... binnen längstens 6 Wochen in Freistadt einzutreffen, die Ehre habe". Er versichert den Ma seiner größten Beflissenheit und bester Aufführung und legt die letzten Zeugnisse bei (vom Ma Gmunden über die Zeit vom 26. 7. bis 29. 9. 1820). 4. 7. 1822. Einvernahme des „Schauspieldirektors" Wilh. Blumenthal20 beim Ma Freistadt über Auftrag des Ka vom 30. v. M.: 30 Jahre, aus Berlin, ev., verh., Vater war Offiziers-Ruheständler, noch nie in gerichtl. Untersuchung, 1817 mit einem Freiburger Paß in Österreich zur Gesellschaft J. Marat in Stockerau eingereist, wo er (Zeugnis des Ma Stockerau vom 29. 7. 19) 1Jahr, 7 Monate, 2 Wochen als Schauspieler beschäftigt war. Er hielt seinen inzwischen abgelaufenen Paß für wertlos und begnügte sich damit, dies Zeugnis auf all seinen Stationen (Korneuburg, Znaim, Krems, St. Pölten, Linz) mit polizeilichem Sichtvermerk versehen zu lassen, was auch allerorts genügte. Als er später wieder zu einer Stellung und damit zu neuem Zeugnis kam, setzte er diese Gepflogenheit fort, weshalb er auch keinen neuen Paß vorweisen kann . .. (Bruchstück). Ende Juli 1822 Ma Freistadt an Ka: Jos. Sauermann, ,,ständisch klagenfurther Schauspieler", und A. Hofmann, ,,Sänger und Orchesterdirektor" dortselbst, bitten, in Freistadt und in Mauthausen je eine „theatralisch-musikalische Abendunterhaltung" geben zu dürfen. 3./4. 8. Ka an Ma: bewilligt. Nov. 1822 Ma an Ka um nachträgliche Zustimmung zu der dem Fr. Kleinschneck für eine Tierschau erteilten Vorführungsbewilligung. 7./16. 11. Ka an Ma: diesmal noch ausnahmsweise, obwohl dem Ma schon einmal „ein ähnlicher Mißgriff" (bei der Bewilligung für den Menagerie-Inhaber Koll) unterlaufen sei21 • Die „Currenda vom 3. 4. 1822 Zl 2245 giebt allein die gehörige Richtschnur zum Benehmen". 2. 10. 1823. Joh. Schima, ,,Mitglid des landständischen Theater zu Linz" bittet das Ka um Bewilligung, ,,in der Freystadt den 7ten. c. m d. J. eine große Akademie geben zu dürfen". 3./6. 10. vom Ka bewilligt (siehe Abschnitt IV). 11./6. 10. Ma teilt dem Ka die Reineinnahme mit und ersucht, da die Liebhaber noch weitere Aufführungen planten, um deren Genehmigung. Ka an Ma: das gehe nicht im Bausch, nur fallweise. 12

15.,20., 31.10./l. ll., 6./8. und 23./31. 12. erteilt dann das Ka Bewilligung für weitere vom Ma nachgesuchte Liebhaber-Aufführungen (siehe Abschnitt IV). l. 10. 1823: Ma an Ka um Bewilligung der Liebhaber-Aufführung „Das Findelkind". 17./22. 9. 1823 Ka an Ma Freistadt: Kaffeesieder Joh. Rückart ist einzuvernehr_nen, was mit einer ihm vom Znaimer Theater-Pächter Jos. Siege22 als Sicherstellung einer Schuld von 27 fl. 45 kr. übergebenen Kiste voll Büchern geschehen sei. 6. l 0. I 823 Einvernahme Rückarts beim Ma: ja, i. J. 1814 habe er sie von Siege übernommen; i. J. 18l8 habe sich der Ma ja schon einmal danach erkundigt, worauf er erklärt hatte, er gebe sie jederzeit gegen Bezahlung seiner Forderung heraus. Daraufseien 30 fl. eingelangt, die die Schuld deckten, den Rest verrechnete er auf Postgebühr und Taxe; denn unverzüglich habe er die Kiste mit dreifacher Anschrift dem hiesigen Postmeister zur Weiterbeförderung an Siege nach Witschau übergeben. Zu seiner Überraschung hörte er nach einiger Zeit von einem Schauspieler, daß Siege die Kiste noch immer nicht habe, worauf er mit jenem zum Postmeister ging, der ihnen die Weiterbeförderung bestätigte. Man möge also den Postmeister darüber hören. Er selbst sei außer jeder Schuld. Am selben Tag wird Postmeister Andr. Rath darüber gehört. Er bestätigt die Angabe des Rückart. Er selbst habe damals noch den Freistädter Botenwagen gefahren, weshalb er die Kiste seinem Postknecht mit nach Linz gab, daß er sie dort dem k. k. Postwagen zur Weiterbeförderung übergebe. Weil sie aber zu groß war, wurde sie nicht angenommen, worauf der Knecht sie beim „Goldenen Lamm" (Mayreder) abstellte. Aus einem ihm nicht bekannten Grunde wurde sie dann dem Pfleger von Enns übergeben. Gleichen Tages legt der Ma diese Niederschriften dem Ka vor, das sie 5./10. 12. dem Ma nach Kenntnis zurückstellt. 21./27. 12. 1825: Ka an Ma Freistadt: mit der Bewilligung einer Liebhaber-Aufführung (siehe Abschnitt IV) verbindet sich die Weisung, dabei auf „gute Ordnung", insbesondere „auf Abwendung aller Feuersgefahr", zu sehen. Die Einnahme ist zu buchen und dem Ka zu melden. 4./8. l. 1826 bewilligt über Gesuch des Ma das Ka eine andere solche Aufführung unter gleichen Vorschreibungen, bei einer weiteren solchen Bewilligung am 25./26. 3. 1826 gilt sie nur für ein im Inlande gedrucktes Textbuch; bei künftigen Ansuchen sei immer gleich zu vermerken, auf Grund welchen Druckes die Bewilligung erbeten werde. Bei weiteren solchen Bewilligungen, u. zw. am 12./13. 5. und 13./14. 6. 1826 bemängelt das Kreisamt, daß erst zwei Tage vor geplanter Aufführung angesucht werde; der Reinertrag ist in der Rechnung der Armen-Anstalt zu verbuchen. Man hat sich an ein schon zensuriertes Gleichstück zu halten. Der Ma verständigt jeweils di~ ,,Dilettanten-Gesellschaft" vom Einlangen der Bewilligung; Namen sind aber dabei fast nie genannt. Jänner 1827 ersucht Schauspiel-Unternehmer Wilh. Vothe im Wege des Ma Freistadt beim Ka um Bewilligung, im Mühlkreise, zunächst in Freistadt, Vorstellungen geben zu dürfen. Das Ka (24. 1.) an Ma: Vothe und seine Leute haben ihre Pässe in Ordnung. Es bestehe somit kein Bedenken, ,,den Bewohnern eine erlaubte Ergetzlichkeit, wenn sie sich mit den Vorschriften in polizeilicher Hinsicht und den Localverhältnissen verträgt", zu versagen, zumal „dermalen in Freistadt ein Vermessungs-Inspectorat" besteht. Falls also der Ma keine Bedenken habe, die Polizeivorschriften eingehalten 13

und nur zensurierte Stücke aufgeführt werden, gelte die Bewilligung auf 4 Wochen, allerdings nur für Freistadt allein, als gegeben. 18./21. 2. 1827: ,,k. k. Policey-Direction" Linz an Ma Freistadt: Bei der jetzigen Dienstmagd einer Linzer Schauspielerin (Werndt) fand sich einer von zwei der Wirtin „Zum grünen Baum" gestohlenen Zinntellern. Die Magd rechtfertigte sich dahin, den Teller von der früheren Werndt'schen Magd Victoria Steyrer, jetzt selbst als Schauspielerin in Freistadt, um 50 kr. gekauft zu haben. Ersuchen um Einvernahme der Steyrer. Diese „Schauspielerin bey der hiesigen Schauspieler-Gesellschaft", am 23. 2. einvernommen, rechtfertigt sich dahin, sie habe jenen Teller von der Wirtstochter als Gegenwert für nicht mehr zurückbekommene, geliehene „Seidenbünde" erhalten und ihrer Tante in Verwahrung gegeben. Von einem zweiten Teller wisse sie nichts. Sie stellt Antrag auf Vernehmung dieser Zeugen. 21.2.1827: Ka an Ma: ein weiteres Gesuch W. Vothes, bis Ende April spielen zu dürfen, ist bewilligt. 8. 3. verständigt ihn der Ma unter Rückschluß der Beilagen. 5./12. 3. 1827: Ma Freistadt an Ma Bautzen: man ersucht, dem dort gebürtigen Schauspieler Aug. Lud. Stallmann einen neuen Paß auszustellen. 16./28. 3. 1827: Ma Bautzen an Ma Freistadt: das gehe nicht an, dazu wäre persönliches Erscheinen und genaue Angabe des Reisezweckes nötig. Da aber aufjeden abgelaufenen ein neuer ausgestellt werden könne ( !), stellt er anheim, ihm auf Grund des rückfolgenden alten Passes einen neuen Ausweis zu geben. 3 fl . 30 kr. Briefgebühr möge man bei Stallmann einfordern und gebührenfrei schicken. 29. 3. dem Stallmann zu Kenntnis und Erlag der Gebühr. 14. 4. 1827 Ka an Ma auf ein drittes Gesuch W. Vothes, auch „in allen übrigen größeren Ortschaften des Mühlkreises Vorstellungen geben zu dürfen", sei ihm zu eröffnen, daß „das Ka das Herumziehen einer Schauspieler-Gesellschaft im Kreise nicht gestatten könnte", zumal er ja schon einige Monate in Freistadt sei. 19. 4. verständigt ihn der Ma. 21. 10. 1827 ersucht von Kirchdorf aus Theater-,,Unternehmer Joh. Brandenberg"23 das Kaum Bewilligung von Aufführungen in Freistadt. Zur Stellungnahme aufgefordert, befürwortet 29. 10. der Ma ans Ka das Gesuch bis Ende April. Denn Brandenberg habe ja die Regierungsbewilligung, im ganzen Lande spielen zu dürfen, wozu ihn seine Zeugnisse auch „nicht unwürdig" erscheinen lassen; zudem „befinden sich diesen Winter zwey Quartal-lnspectorate hier, daher sich umsomehr eine Schauspieler-Gesellschaft erhalten kann, als im vorigen Jahre eine solche mehrere Monate ihren reichlichen Unterhalt fand, da nur ein lnspectorat hier befindlich". Man erwarte aber, daß er nach dem Beispiele anderer Gesellschaften ebenfalls den Reinertrag einiger Vorstellungen den Armen widme. 7./12. 11. Ka an Ma zur Kenntnis und Verständigung des Gesuchstellers: bis Ende April bewilligt. Brandenberg hat sich nach seiner Ankunft beim Ma zu melden und für jedes Mitglied den gültigen Paß vorzuweisen. Man erwarte von ihm (wie oben) und daß sich alle Mitglieder „sittlich betragen". Der Ma hat zu wachen, daß „nur censurierte Stücke gespielt werden". Damit kreuzt sich ein Schreiben des Brandenberg aus Aigen bei Wels um baldige günstige Erledigung, zumal er auch seine wichtigsten Papiere angeschlossen und sonst vielleicht Schwierigkeiten habe, wenn er sich noch rechtzeitig „um einen anderen Winterort bewerben" wollte. Gute künstlerische Leistung und einwandfreies Verhalten der Gesellschaft sichert er zu. 14

26. 3. 1828: Ma an Ka: anbei die 23 fl. Reinertrag des von der Schauspieler-Gesellschaft J. Brandenberg am 25. d. M. aufgeführten Schauspieles zugunsten der Abbrändler von Mariazell. Da sich Brandenberg samt seinen Leuten in Freistadt untadelhaft geführt und „die Achtung von Obrigkeit und Bewohnern erworben" habe, auch seine Familie erkrankt ist, somit nicht weit reisen könnte, befürwortet man sein Gesuch um anschließende Aufführungs-Bewilligung in Ottensheim. 2. 4. 1828: Ka an Ma: die 23 fl. E. Sch. werden unter einem der Landesregierung übersandt. Was die Aufführungen in Ottensheim belange, so sei Brandenberg schon am 24. v. M. mit solchem Gesuche abgewiesen worden. 17. 4. 1828: Therese Theuernkauf, Messerschmiedmeisters-Witwe in Nußdorf, an den Ma: Ihr Sohn Josef soll sich bei der Truppe J. Brandenberg aufhalten. Er möge zurückkommen, da sein Vater gestorben und sie sonst den Witwenbetrieb verkaufen müßte. 6. 5. antwortet der Ma, Josef Theuerkauf sei schon am 15. 4. mit der Gesellschaft über Linz nach Waizenkirchen abgegangen. 19.4.1828: ,,k. k. Policey-Direction" Linz an Ma: mit der Schauspieler-Gesellschaft]. Brandenberg, Hausbesitzer in Waizenkirchen, sei in Linz auch ein Fr. Wildenhein aus Breslau angekommen. Da er nur ein Zeugnis des Distriktskommissariates Weidenholz vom 6. 9. 1824 als Reiseurkunde habe, bekam er in Linz schon am 22. 11. 27 die Weisung, sich eine ordentliche Heimaturkunde zu beschaffen. Der Ma habe ihn aber angeblich mit dem Bemerken, daß er ohnehin schon 10 Jahre in Österreich sei, nach Waizenkirchen abgehen lassen. Da man annehme, daß solches nur auf Grund einer ordentlichen Urkunde geschehen sein könne, ersucht man, ihm einen ordentlichen Paß nun auszustellen oder die entgegenstehenden Hindernisse bekanntzugeben. 26. 6. 1828. Niederschrift beim Pfleggerichte Peuerbach mit dem Schauspieler Johann Niederleithner über Ersuchen des Ma Freistadt vom 13. d. M.: ja, er schulde dem Wirt Satzinger 9 fl. 20 kr. für Verpflegung, überdies noch weitere 5 fl., wofür er ihm aber eine „erlfladerne, silberbeschlagene Tobakspfeife" zum Pfande gegeben habe. Er habe dem Satzinger schon geschrieben, daß er erst seine Pfeife, die ja mehr als 14 fl. 20 kr. wert sei, zurück haben wolle. Dies möge der Ma nun erwirken, woraufhin er sogleich bezahlen werde. Rückgeschlossen der Schuldschein mit dem obrigkeitlichen Bemerken, daß Niederleithner (mit der Gesellschaft Brandenberg) nächster Tage nach Engelhartszell weiterreisen werde. Der Ma Freistadt verständigt am 10. 7. hievon den Wirt Satzinger und ersucht dann auf dessen Wunsch das Pfleggericht, diese Schuld bei Niederleithner einzutreiben. Man schickt daraufhin dieses Ersuchschreiben von Peuerbach an das Wrede'sche Herrschaftsgericht Engelszell nach, und da er mit der Gesellschaft auch vom dortigen Bereiche schon wieder weiter ist, nun unerledigt wieder an den Ma Freistadt zurück. Auf sein Gesuch vom 3. 1. 1829 erhält am 8. 1. 1829 der „gymnastische Künstler Johann de Alois" von der Landes-Stelle die Bewilligung zur Vorführung „gymnastischer und indianischer Künste24 " in den oberösterreichischen Städten durch 4 Monate, doch ist die Zustimmung des betreffenden Kreisamtes einzuholen, sind die Polizei-Vorschriften einzuhalten, die Armenanstalts-Gebühren zu erlegen. 15. 1. bekommt er die Zustimmung des Ka, durch 1 Woche in Freistadt zu spielen und der Ma wird angewiesen, ihm die ortspolizeiliche Zustimmung und den Erwerbsteuerschein erst nach Erlag dieser Steuer (3 fl. 3 kr.) zu geben; 19. 1. verständigt ihn der Ma, die Steuer wird erlegt. 15

..... Ci> - ,--, □ □ - n □ □ H&Tafl.. 0 2. 3 .. 1 Erster ständiger Theater-Saal in Freistadt im Haus Nr. 135. Grundriß (F. Dicht!).

2 Einstiger freislikltcr TheaterSaal i,11 Haus Nr. 135, Südostecke. Heute /\bstcll rnum. ro?it bobn ~nuill lgung m I r b ~onntag, ben I t W?ai) , 8.'i6 oon 1in11 llilrttantru = @ree(l,; dJaft ollln ~effen be~ btefigen ~rmm<sntlttut~ l'I u f g e f it 1J r t · ~tt ffiabtl aff ur. S!ufrfpiel in 3 mften, 1>011 3. ~: \l. m3eif3entf)urn. t\ltrJlonrn: \Baron .pod)au. Wr iebcrife , feine ioctttr.'. Dbrit11it utenant !!Bartberg . .p ctnr id) bon !!BolPen- ®ad)td, gemeiner @iofbot. ~in Unteroffi'aitr. @in Wrembrr. (z111 mrbieutct, ®acf)e. 3 Altester erhaltener l'reistiid tcr T hca terzettel (1836),

+ (rechts): Querschnill durch das alte Freistädter Rathaus aus der Zeit des Umbaues des T heatersaa les rur das k. k. Bezirksgericht ( 1850). Darstell ungder einstigen Bühne. 5 (unten): Grundriß des alten Rathauses mit dem ehemaligen Theatersaa 1.

G Stiegenhaus mit Aufgang zum einstigen Thealer-Saal im alten Rathaus. 7 Theatersaal (heute Grundbuchamt), Nordostecke. Die rechte (östliche) Wand ist die im J ahre 1850 geschaffene Abmauerung des einstigen Bühnenraumes. 8 Theatersaa1, Südostecke. Rechts Saalerker.

9 Theater im Salzhof (,,Alte Burg") 1856- 1883. Grundriß und Schnitt mit der anläßlich des Wiener Ringtheaterbrandes (8. 12. 1882) vorgesehenen, aber nicht ausgeführten baulichen Umgestaltung. Der Theaterbetrieb in diesem Saal wurde 1883 eingestell t. ~ 1~rr,.,,,_ C • 1 < "! C ' r ' _, c) ,<:,f-vvv~,UI ßL J~. ~/\~-,,C\.f\.;;j1- <"", .0 .. ·- .':_: _ t'-(: · · , --o't.<- -.__~- tf' ' o ,a, vt' e ,t.:'\ .. e,.- p f ~.o-J-1,/ :i ·•~ @""t~' ,1n '~111i I' ,~ I' 1· r r !' r I' r n\erL, ~

16. 5. 1829: Ka an alle Distriktskommissariate: da ausländische Schausteller jeder Art in letzter Zeit besonders nach Wien einreisen, dort aber ihren Unterhalt nicht finden und zu öffentlicher Last werden, haben künftig laut Weisung der „k. k. Obersten Policeyund Censur-Hofstelle" alle Grenzbehörden solche Einreisen strenger zu überwachen. 25. 9. 1829: ,,k. k. Policei-Direction" Linz an Distr.-Koat Riedegg: zum beiliegenden Majestätsgesuche der angeblich in Gallneukirchen wohnhaften Schauspielerin Anna Blumlacher ist über ihre häuslichen Verhältnisse, ihre Würdigkeit und Bedürftigkeit zu berichten, ihr auch zu eröffnen, daß ihr an die „k. k. Policei-Direction" Wien gerichtetes Gesuch um einen neuen Paß an den Wiener Magistrat weitergeleitet wurde. 28. 9./2. 10. 1829: Distr.-Koat Riedegg an Ma Freistadt: abgetreten, da sich Anna Blumlacher bei der in Freistadt weilenden Schauspieler-Gesellschaft aufhält. 30. 9. 1829 ergeht nochmals gleichlautender Auftrag auch vom Ka an Distr.-Koat Riedegg, der ebenfalls nach Freistadt weitergeschickt wird. 2. 10. 1829: Ma an „k. k. Policei-Direction" Linz: die Anna Blumlacher ist erst gestern mit der Schauspieler-Gesellschaft Josef Hall eingetroffen, die laut Regierungs-Bewilligung vom 7. 7. in ganz Oberösterreich spielen darf. Man kennt daher ihre Verhältnisse gar nicht, doch scheine sie insoferne würdig, als sie durch längere Krankheit ohne Verdienst war und auch z. Z. ärmlich leben dürfte. Da sie aber voraussichtlich hier nicht so lange bleiben wird, bis der Paß eintrifft, gab sie als nächstes Reiseziel Schenkenfelden an. 12. 12. 1829 ersucht der Ma Freistadt Ka um Bewilligung zur Liebhaber-Aufführung des Kotzebue'schen Stückes „Graf Benjowsky, oder die Verschwörer in Kamtschatka"; 14./15. wünscht das Ka dazu das Textbuch. Tags darauf bemerkt der „Zensor" namens Witke25, daß dies Stück ohnehin schon i. J. 1819 (wohl von der Landes-Stelle) genehmigt worden sei. Darauf gibt das Ka die Bewilligung. Aus jener Genehmigung von 1819 ist übrigens zu ersehen, daß dabei die Zensur das Wort „Verschwörer" in „Verwiesene" abgeändert hatte(!) 27. 12. 1830/2. 1. 1831 bewilligt das Ka dem Ma noch zwei weitere Liebhaber-Aufführungen (siehe Abschnitt IV). Als das Ka am 31. 1. 1831 auf das Ansuchen des Ma vom 26. 1. zwei Liebhaber-Aufführungen (,,Die Corsen", ,,Intermezzo oder Der Landjunker") bewilligt, verweist es darauf, daß die Ausbesserungen und Streichungen der Zensur zu beachten seien. Die beim Ma abverlangte Empfangsbestätigung des „Armen-Instituts" stellt das Ka nach Einsicht wieder zurück. Als der Ma mit Bekanntgabe eines anderen Reinertrages für die Armen in Verzug bleibt, wird er nach 6 Wochen vom Ka betrieben. Die Einnahme ist in der Vierteljahres-Rechnung zu buchen. 16. 1. und 26. 3. 1831 bewilligt das Ka dem Ma auf Ansuchen (2. 1. bzw. 19. 3.) weitere Aufführungen von „Theater-Freunden" (siehe Abschnitt IV). 25. 2. 1831 bestätigt das „k. k. Landes-General-Taxamt" dem „Tafelkünstler" Franz Neuhuber den Erlag von I fl. für Verlängerung der Spielbewilligung um 3 Monate. 20. 12. 1831 bewilligt das Ka dem Ma eine Liebhaber-Aufführung (,,Der Wollmarkt", siehe Abschnitt IV) mit etlichen Streichungen. 21. 1., 10. 2., 13. 3. 1832 werden vom Ka bei Bewilligung von Liebhaber-Aufführungen dem Ma mehrere Bemerkungen gemacht: auch der „Prolog" zum ,,_Taschentuch" ist 17

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