OÖ. Heimatblätter 1961, 15. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter tragungen von Mitgliedern der berufsmäßig durchgeführten Grenzkontrolle stammen, während die meist von ungelenker Hand, grob und großflächig eingegrabenen oder aus dem Gestein herausgeschabten Initialen und Datumsangaben des 20. Jahrhunderts Touristen zuzuschreiben sind, die sich gedrängt fühlten, ihre vorübergehende Anwesenheit in dieser heroischen Landschaft dokumentarisch festzuhalten. Dabei dürften sie, wie dies auch an Kirchen- und Kapellenwänden, Aussichtswarten usw. immer wieder zu beobachten ist, die schon vorhandenen älteren Eintragungen zur Anbringung ihrer eigenen Datumsver merke besonders angeregt haben. Jäger und Holzknechte, die man mit diesen Datierungen in Verbindung gebracht hat, um dadurch auch die jüngere Herkunft der übrigen Zeichen zu begründen^®, sehen sich, da sie Tag um Tag berufsmäßig in Wald und Fels verbringen und auch heute noch meist von geringerer Ichbezogenheit erfüllt sind, wohl kaum veranlaßt, ihre Namen und den Tag ihrer Anwesenheit an den von ihnen oft besuchten Stätten anzu bringen. Alle von uns diesbezüglich befragten Angehörigen dieser Berufsstände haben sich entschieden dagegen verwahrt, als Urheber dieser Besuchseintragungen angesehen zu werden. Eine unmittelbare Zuordnung der Datierungen und Initialen zu den symbolischen Zeichen und Bildern scheidet für deren Datierung aus, ganz abgesehen von den stilistischen und inhaltlichen Verschiedenheiten und den mitunter sehr deutlich in Erscheinung tretenden Unterschieden im Grad der fortschreitenden Verwitterung, die lange braucht, um die frischen Male wieder der grauen Farbe des Gesteins anzupassen oder gar die harten Kanten der eingeschnittenen Zeichen abzuschleifen und die Eintragungen allmählich auch unter einer dünnen Schichte kleiner Moose und Flechten immer mehr zurücktreten zu lassen. 2. Ebenso unhaltbar ist die wiederholt ausgesprochene Ansicht, daß auch die symbolischen Zeichen, und dabei vor allem die Linien der verschiedenen Brettspiele^^, von Jägern oder Waldarbeitern aus Langeweile an den Felsen angebracht worden wären, wenn sie vor den Unbilden der Witterung dort Schutz gesucht hätten. Ist es schon kaum deiikbar, daß die ortskundigen Jäger und Holzknechte sich unter senkrechte oder auch leicht überhängende Felswände stellen oder legen, wenn sie ein schwerer Regen oder die Nacht überrascht, statt die allen bekannte Höhle mitten im Felssturzgelände aufzusuchen, die bequem bis zu In jüngster Zeit wurde sogar die Meinung geäußert, daß die Eintragungen von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP oder SS angebracht worden seien, die während der Umbruchstage 1945 in diese Höhen geflüchtet wären. Auch diese Ansicht entbehrt der überzeugenden Argumente. Denn es ist doch wohl kaum anzunehmen, daß politische Flüchtlinge, die um ihre Freiheit und um den dürftigsten Lebensunterhalt besorgt sein mußten, sich in diesen drangvollen Tagen Zeit und Mühe genommen hätten, Felsritzungen anzubringen, durch die sie es obendrein noch ihren Verfolgern erleichtert hätten, ihre Verstecke ausfindig zu machen. Ganz abgesehen davon, daß sich in einem solchen Fall unter dem Inventar der aufgefundenen Zeichen doch wenigstens das eine oder andere Symbol der Partei hätte entdecken lassen müssen. Aber nichts dergleichen, kein einziges Hakenkreuz, keine einzige SS-Rune ist an den Felswänden angebracht! Dazu kommt, daß Eintragungen in dieser Zeit voll von Hast und Unstetigkeit kaum anders ausgeführt worden wären als die vielen flüchtig und grob in den Fels geritzten Initialen imd Datumsangaben der Bergwanderer aus den letzten Jahrzehnten, die an mehreren Felsen beobachtet werden können und sich, außer in ihrer Technik, durch das Fehlen ent sprechend fortgeschrittener Verwitterung und der charakteristischen Bemoosung deutlich von Altstellen unterscheiden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß die „Schachbretter", die „eigentlich" 64 Felder aufweisen sollten, häufig nach einem Siebener- oder Neunersystem angelegt sind, in ihrem Zahlenverhältnis also offensichtlich nach kalendarischen Gesichtspunkten ausgerichtet sind, und die „Mühlespiele", deren allgemein bekanntes Schema aus drei konzentrischen, durch Seitensymmetralen verbundenen Quadraten besteht, sehr häufig aus 2 oder 4 Quadraten, vielfach ohne senkrechte Verbindungslinien aufgebaut sind und damit deutlich zum Ausdruck bringen, daß den Zeichnern vor allem an der Betonung einer zentralen Mitte gelegen war.

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