OÖ. Heimatblätter 1961, 15. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter fragung für den. „österreichischen Volkskunde= atlas" 1956 aus den umliegenden Siedlungen die= ser Tag als verbindlich bezeichnet wurde, im Ge= gensatz zu dem Jakobitermin, für den sich in Oberösterreich nur mehr eine Einzelmeldung aus dem südlichen Mühlviertel erbringen ließ, wäh= rend er im anrainenden niederösterreichischen Grenzgebiet noch sporadisch verbreitet isf*. Zahl= reich sind auch für das weltliche Brauchtum Ver= böte nachzuweisen; so wird 1771 das „Fasching= begraben" verpönt, das sich aber in den Vororten noch mit zäher Kraft erhalten konnte, so daß es noch 1860 A. Baumgarten aus Steyregg beschreibt; 1753 wird den landschaftlichen Türstehern das Maibaumstecken untersagt; 1759 und 1829 das Abhalten von Sonnwend= und Johannisfeuern und 1829 endlich auch das Schießen in den Rauhnäch= ten und bei Hochzeiten verboten. Schon diese knappe Auswahl von Datumsanga= ben läßt erkennen, welchen Gewinn die allge= meine Volksforschung bereits aus der Lektüre des Abschnittes über das Jahresbrauchtum zu ziehen vermag, dem in gleicher Ausführlichkeit auch die Berichte über den Lebens= und Berufsbrauch fol= gen, ehe, wohl im Hinblick auf einschlägige Aus= führungen von Fr. Lipp®, in gedrängterer Darbie= tung die Abschnitte über „Linzer Tracht" und „Linzer Möbel" folgen, wobei in erster Linie die Ausbildung der Gold= und Flügelhaube linzeri» sehe Prägung und die speziell linzerische SpieU form des im östlichen Oberösterreich verbreiteten barocken „Reiter="Kastens behandelt wird. In der Beschreibung der Eigentümlidikeiten der Lokal= kost, festgehalten in mehreren Linzer Koch= büchern, bildet Geschichte und Zubereitung der weltweit bekannten „Linzer Torte" den Hauptteil der Erörterung der kulinarischen Genüsse der Wohlhabenden, dem in geradezu kontrapunkti= scher Eindringlichkeit eine Beschreibung der un= gefähr gleichzeitigen dürftigen Kost der Armen gegenübersteht, über die kein Geringerer als Georg Frh. v. Hohenegg 1742 berichtet, daß sie „fast gemainiglich mit häbern Kleyen Brod, bey Missrath und theyren Zeiten aber teils Orthen (wie ich selber mit Augen gesechen und derglei chen Brod annoch bey mir verwahrter habe) von Stroh, Aichein, hewblumen tröber=stöckhen und sogar von Haar=Pollen gebacken Brod den Hun ger Stillen". Wie dies für mehrere Erscheinungen im Volks leben und Brauchtum nachgewiesen ist, zeigt auch die Verbreitung bestimmter Motive in Lautstand und Wortschatz der oberösterreichischen Mundart eine ziemlich klare, räumliche Gliederung, indem den nach den Herden sprachlicher Erneuerungs- * Vgl. österreichischer Volkskundeatlas. Unter dem Protektorat der Akademie der Wissen schaften im Auftrag der Kommission für den Volkskundeatlas herausgegeben von E. Burgstaller und A. Helbok. 1. Lfg. Linz 1959, Bl. 5 und 6. Dienstbotentermine. ' Fr. Lipp, Linz und die österreichische Volks kultur. Jahrbuch der Stadt Linz 1955. S. 359 ff. bewegungen, Wien bzw. München, im Osten und Westen gelegenen Grenzstreifen eine Beharrungs zone in der Landesmitte, ungefähr den Raum des ehemaligen Schaunburger Ländchens umfassend, gegenübersteht, zu dem einst auch der Bereich der Stadt Linz gehörte, ehe sich sprunghaft verbrei tende wienerische Merkmale auf die Färbung der lokalen Umgangssprache Einfluß gewannen. Mit der Schilderung der Volksdichtung, einem der Hauptarbeitsgebiete des Verfassers, dem Ober österreich bedeutende Werke zur Geschichte sei ner Mundartdichtung verdankt, eröffnet Commenda das weite Feld der geistigen Volksgüter in ihren verschiedenen Erscheinungsformen. Wie in den meisten übrigen Kapiteln stellt der erfah rene Volksbildner und Methodiker dabei jedem Abschnitt eine knappe, das Wesentliche kenn zeichnende Einführung voraus und gibt am Schluß in einer ebenso präzisen Zusammenfas sung das Resultat seiner Untersuchung, was die Aufnahme des dargebrachten umfangreichen Ma terials erheblich erleichtert und vertieft. Ein drucksvoll sind die Schilderungen der mannig fachen Entwicklungseinflüsse auf das Volkslied und die Volkserzählung in Linz und die Behand lung der frühen Drucke in den vier Offizinen (von denen heute noch die Wimmersche und die des jetzigen Landesverlages tätig sind, der auch die Konzession des berühmten Verlages Ph. Kraußlich übernommen hat), durch die Linzer Er zeugnisse weithin verbreitet wurden. Ein eigener kleiner Abschnitt ist auch dem bekannten Lied von den „Linzer Buam" gewidmet, für das Commenda wahrscheinlich macht, daß es auf ein alpi nes Lied (mit Hinweisen auf das steiermärkische Liezen) zurückgeht. Aufs engste mit dem kultu rellen Leben der breiten Massen der Bevölkerung verknüpft ist seit eh und je das Schauspiel, für das der Verfasser geistliche Schauspiele in Linz seit dem Mittelalter annimmt (1280 Osterspiel in St. Florian), auf die in weiterer Nachfolge auch die Marionettenspiele der einst auch in Linz be liebten Krippentheater zurückgehen, deren letztes sich in Steyr bis heute erhalten hat. Waren die Veranstaltungen der adeligen Akademien und der lateinischen Schuldramen der Renaissance und Barockzeit vor allem nur den gehobenen Ständen zugänglich und verständlich, eroberten die eng lischen Komödianten, die bereits 1600 in Linz ga stierten, und ihre deutschen Nachfolger bald das Herz des gemeinen Mannes, das sich insbeson dere der „Lustigen Figur" zuwendet, die auch die Hauptrolle in den seit 1676 bezeugten Puppen spielen (erhalten hat sich von ihnen nur die Figur des „Linzer Kasperls" im oö. Landes museum) spielt und dort stets auf ein begeiste rungsfähiges Publikum rechnen kann. Wo das Volk aber nicht nur sich unterhalten läßt, son dern sich aktiv auch selber unterhält, erblüht das reiche Feld der musikalischen Betätigung, für de ren Pflege Commenda neben der Musikerziehung in der adeligen Landschaftsschule und durch die kirchlichen Chormeister vor allem auf die Orga nisationen der Landschaftstrompeter und Heer-

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