Oberösterreichische Heimatblätter SCHRIFTTUM Die Wasserburg Neydharting* Otto S t ö b e r , der verdienstvolle Begründer und Verleger der inhaltsreichen Schriftenreihe über Moorforschung, gibt in dem Vorwort zu dem hier besprochenen Band seiner Freude darüber Aus= druck, daß er den bekannten Urgeschichtsforscher Dr. Eduard B e n i n g e r dafür gewonnen hat, den Standplatz der ehemaligen Wasserburg Neyd» harting mit dem Spaten zu untersuchen und so das Interesse für diesen „geschichtsträchtigen Flecken Erde" neu zu beleben. Und damit hat Stöber einen guten Griff getan. Denn Beninger ist mit der Gegend und den wis= senschaftlichen Problemen, die der Boden birgt, vertraut wie kein anderer Forscher. Er hat die Landschaft zwischen Traun und Alm von Gmun= den bis Lambach gemeinsam mit Aemilian K1 o i = b e r seit Jahren nach ur= und frühgeschichtlichen Funden abgesucht und, wo es wissenschaftlich ge= boten war, Grabungen vorgenommen, so im jung= hallstättischen Gräberfeld von Wimsbach=Traun, auf dem Waschenberg, in StadhPaura und zuletzt auf dem „Kögerl" bei Moos an der Alm. Die innige Verbundenheit mit dem Boden sowie die tiefschürfende Art und Weise, mit der Benin= ger jede Aufgabe anfaßt, kommt gleich im 1. Ka= pltel zum Ausdruck, in dem er eine eingehende Beschreibung des Gebietes mit besonderer Berück= sichtigung der geologischen Verhältnisse und einen Überblick über die Siedlungsgeschichte von der Steinzeit bis ins hohe Mittelalter gibt. In die Abhandlung sind gelegentlich Bemerkungen und Beobachtungen eingestreut, die von der hohen wissenschaftlichen Qualität des Verfassers zeugen, wie überhaupt die Schrift weit über dem Niveau derartiger Veröffentlichungen liegt und sehr hohe Anforderungen an den Leser stellt, so daß es dem weniger Geschulten nicht leicht fallen wird, den Ausführungen zu folgen. Sie unterscheidet sich von streng wissenschaftlichen Abhandlungen eigentlich nur dadurch, daß Literaturnachweise fehlen. Den Schlüssel zum Verständnis der behandelten Kulturlandschaft liefert danach „die dem ur= und frühgeschichtlichen Menschen gestellte und von ihm gemeisterte Aufgabe, den Traunfall von Gmunden aus in weitem Bogen zu umgehen". So entstanden mehrere von Hallstatt ausgehende Salzhandelswege nach Norden, deren einer von Altmünster nach Ohlsdorf und Aichlham und von hier nach StadUHausruck oder zur Ager führt. *) Eduard Beninger, Die Wasserburg Neydharting. Ausgrabungen zur Klärung der Burgenforschung. Mit 28 Abbildungen, einer Falt= tafel und einem Vorwort von Otto Stöber. Schrift= tenreihe des „österreichischen Moorforschungs= institutes", Bd. XV, Länderverlag 1959. Sie sind auf der beigegebenen Karte der ur« und frühgeschichtlichen Fundstätten leider nicht ein= gezeichnet. Als außerordentlich wichtig für alle landeskundlichen und geschichtlichen Arbeiten wird die Erkenntnis bezeichnet, „daß die Grenz= Ziehungen und organisatorischen Einrichtungen der provinzial=römischen Verwaltung noch im frühen Mittelalter nachwirkten", und weiter, daß die von Franz Pfeffer angenommene karolin= gische Graftschaftsgrenze zwischen dem Traungau und dem karantanischen Ulsburggau beim „Kö= gerl" verlief, einer in der Nähe des römischen Stützpunktes Lederau liegenden hausbergartigen Anlage, weshalb die Untersuchung dieses Punktes „zu den bedeutendsten Aufgaben der Mittelalter» forschung Oberösterreichs gehört". Bei dieser Ge= legenheit spricht der Verfasser über die Bildung und Herkunft des Baiernstammes, ein strittige wissenschaftliche Frage, die, wie er hofft, durch die Grabungstätigkeit Kloibers aus der Sackgasse, in die sie geraten, herausgeführt werden wird. Nach dieser Übersicht über die Kulturlandschaft folgt ein Abschnitt über „Burgenforschung", in dem ausführlich über die Funktion der mittel» alterlichen Burgen in wirtschaftlicher und recht licher Beziehung, über das Leben in diesen über das Land verstreuten Sitzen sowie über zahl reiche andere Fragen gehandelt wird. Wichtig für die vorliegende Arbeit ist die Feststellung, daß die mittelalterliche Steinburg nicht eine reine Weiterführung des antiken Steinbaues ist, son dern daß die entscheidende Entwicklung von der normannischen Erdkegelburg ausging, die anfangs aus einem hölzernen, auf einem künstlich aufge worfenen Erdkegel errichteten Wohnturm be stand. An diese in der Niederung liegenden Motten oder Hausberge, wie diese Erdkegel bei uns heißen, knüpfen später die Wasserburgen an. Ausführlich wird über die Entstehung und Ent wicklung der bei Köln gelegenen, erst jüngst aus gegrabenen Anlage dieser Art, Husterknupp ge nannt, berichtet. Schon in der Einleitung hat Beninger angedeutet, daß mit den Grabungen in Neydharting neue Wege in der Burgenforschung beschriften wer den sollen. Bisher ist nämlich das große Interesse weiter Kreise für unsere Burgen dadurch befrie digt worden, daß Abbildungen von noch be wohnten Gebäuden und von Ruinen gebracht wurden, meist in Verbindung mit geschichtlichen Daten. Die Burgenarchäologie, wie sie Beninger mit dieser Arbeit inauguriert, begnügt sich nicht damit, sondern greift viel weiter aus; sie unter sucht, wie die Grundmauern fundiert wurden, welche Stellung die Burg in der Kulturlandschaft innegehabt, welchen Wandel die Gebäude durch gemacht haben, und schließlich sollen die ge hobenen Funde ausgewertet und ihre Bedeutung „für die geistige Welt des Mittelalters" festge-
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