OÖ. Heimatblätter 1961, 15. Jahrgang, Heft 2/3

Mittermayer; Die Mühlholzkapelle bei Lembach gelegten Verwendung. Bei sechswöchentlicher Säumnis sollte die Pfarrkirchenverwaltung das Schuldkapital gerichtlich eintreiben dürfen. Für ihr Haus war das Pfandrecht, um das sie am 30. 8. 1862 abermals angesucht hatte, bewilligt worden, so daß die Summe für die Kirche auf jeden Fall gesichert war. Alle bisher beschriebenen Stiftungseinzelheiten werden in einem Stiftsbrief vom 10. 9. 1862 zusammengefaßt. Dieser stellt also den Abschluß der Bemühungen Leopold ines, ihren Verpflichtungen nachzukommen, dar. Das Bischöfliche Ordinariat in Linz hatte die Er richtung dieser Stiftung mit Wirkung vom 1. 3. 1862 bestätigt. Zugleich aber beginnt der Quell der urkundlichen Nachrichten über die Mühlholzkapelle und über die Familie ihres Stifters immer spärlicher zu fließen. Der letzte direkte Sproß dieser Familie, Maria Leopoldine, starb am 2. 2. 1879. Uber ihr Wesen berichtet uns der Volksmund, daß sie eine der größten Wohltäterinnen des Marktes war. Nach dem großen Marktbrand des Jahres 1876, dem 30 Wohnhäuser sowie Pfarrhof, Schule und Kirche zum Opfer fielen, spendete sie allein 1000 Gulden für den Wiederaufbau der Pfarrkirche, obwohl auch ihr eigenes Haus ein Raub der Flammen geworden war. Damals wurde — während der kirchenlosen Zeit — die Kapelle zum Hauptgotteshaus, in welchem die sonntäglichen Gottesdienste gefeiert wurden. — Leopoldines Begräbnis war — Berichten zufolge — durch die zahlreiche Volksbeteiligung ein lautes Zeugnis ihrer Beliebtheit. Zur Totenzehrung wurde auch je ein Glied jeder Lembacher Familie eingeladen. — Wer ihr Haus erbte, ist aus keiner der vorliegenden Urkunden ersichtlich. Doch steht fest, daß der jeweilige Besitzer desselben auch für die Herhaltung der Kapelle verantwortlich war. Noch zu Lebzeiten Leopoldines (1874) wurde die 19 Klafter (= 36,024 m) lange, 5 Schuh (= 1,58 m) hohe und 18 Zoll (= 47,4 cm) dicke Ringmauer, welche die Kapelle ein schließt, verputzt und neu gedeckt. Der Voranschlag des Zimmermeisters Jakob Feichtner berichtet uns, daß damals 1 Metzen (= 61,5 Liter) Kalk einen Gulden, 1000 Stück Stock schindeln 9 Gulden, 100 Lattennägel 50 Kreuzer und 1000 Schindelnägel 80 Kreuzer kosteten. Ein Maurer bekam damals einen Gulden, ein Handlanger ebenfalls einen Gulden pro Tag. 1881 erfolgte durch Maurermeister Franz Ecker eine Generalreparatur, 1905 wurde der Turm mit verzinktem Eisenblech neu gedeckt und 1913 wurde der Altar renoviert und die Kreuzigungsgruppe neu gefaßt. Über den Vermögensstand der Kapelle wird mitgeteilt, daß sie 1881: 1175.53 Gulden, 1891: 1133.57 Gulden und 1901: 2982.12 Kronen besaß. Ein vom k. k. Gebührenvermessungsamt Linz ausgestellter „Zahlungsauftrag", in dem von 1891 bis 1901 jährliche Zahlungen von je 2 fl. 13 kr. eingetragen sind, läßt uns erkennen, daß im Jahre 1899 die Kronen-Heller-Währung eingeführt wurde. (Umrechnungsschlüssel: 1 Gulden = 2 Kronen). Bis zum ersten Weltkrieg war laut mündlicher Überlieferung die Mühlholzkapelle ein bekanntes und beliebtes Wallfahrtsziel. Es kamen Bittprozessionen und Einzelwallfahrer aus vielen Mühlviertler Orten (Altenfelden, St. Peter, Aigen, öpping, Peilstein u. a.), ja sogar von jenseits der Donau. Vom Gründonnerstag auf den Karfreitag wurde alljährlich die ganze Nacht hindurch gebetet. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges—mit dem beginnen den Niedergang der Volksreligiosität — begann auch die Kapelle ihre Bedeutung zu verlieren.

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