Grabherr: Der Burgstall Die urkundliche Erwähnung eines Purchstals erfolgte jedoch nur dann, wenn hiezu eine Notwendigkeit bestand, sei es nun ein Verkauf, eine Schenkung oder ein sonstiger Vertrag. Daraus läßt sich ableiten, daß das Purchstal als rein militärische Anlage zwar eine Besatzung hatte, aber, da es zu Wohnzwecken kaum geeignet war, kein Sitz gewesen ist. Sonst wäre es nicht erklärbar, daß die Vielzahl der vorhandenen Purchstale als namenlos zu bezeichnen sind, denn nur wenige sind aus dem Dunkel einer namenlosen Befestigung in das Licht eines urkundlich genannten Sitzes aufgestiegen. Die vielen als Zeugen genannten Ministerialen und Ritter nannten sich nach ihrem Sitze. Es waren meistens gefreite Höfe, die manchmal ein Purchstal dabei hatten, das aber immer gesondert, vom Sitze getrennt, angeführt wurde. Es liegt hier kein Widerspruch mit dem vorerwähnten Beispiele des Purchstals Stein des Andrä Gruber vor, denn dort handelte es sich um die landesfürstliche Genehmigung zum Bau einer Veste an der Stelle eines vorhanden gewesenen Purchstals, nicht aber um einen Sitz, denn ein solcher wurde das Purchstal erst nach der Erbauung der Veste. Die häufig anzutreffende Lage des Purchstals an der Herrschaftsgrenze geht unter anderem aus einer Verkaufsurkunde des Ruger von Haichenbach an Bischof Wernhart von Passau vom 30. Juni 1303® hervor: „Ich han in des ersten geben in Vrbor Havnstein daz purchstal vnd den wald von dem purchstal vncz in den vinsterpach vnd div vischwaid zwaier meil lanch vnd einer meil prait, als ich iz herbraht han. Dar zv han ich im dacz der chirichen vor Havnstein gebn achzehen Hofstet, eod gelten ein pfunt; vnd datz mitteraewt aindlef hofstet eod geltend sehs Schilling" Das Purchstal am Haunstein lag im Herrschaftsgebiet der Haichenbacher, das sich zwischen der Großen und Kleinen Mühl gegen Nordosten bis zum Finsterbach (Landesgrenze zwischen Oberösterreich und Bayern) erstreckte, und zwar nahe der Nordgrenze an der Großen Mühl bzw. am Rand des um 1300 besiedelten Raumes; die in der Urkunde erwähnten Hofstätten (Odenkirchen, Mitterreith usw.) reichen von Südosten her bis zum Standort des Purchstals; von diesem nach Nordwesten dehnte sich der noch ungerodete Wald, in dessen Bereich sich später die Rodungsdörfer Dietrichschlag, Kandlschlag, Stangl, Berdetschlag, Seitelschlag erhoben. Das angeführte Purchstal ist in der Urkunde an der ersten Stelle genannt, daran schließt sich die Aufzählung der Höfe, die teils als öd, teils als bestiftet bezeichnet werden. Es werden in der Folge noch Sitze von Ministerialen der Haichenbacher angeführt, wie „der Wernhart der vischpech hat daz vischpach, da er ufsitzet, vierzehen Shilling gulte und ist gestipft" und „Ulreich von Ghumbrehting hat daz Chumbrehting zwelif Shilling gulte in der pfarr ze Rorbach" usw. Daß das Purchstal an erster Stelle steht, ist nicht von ungefähr, sondern lagebedingt, weil es an der Grenze des Haichenbacher Gebietes lag. Auch heute beginnt man bei der Aufzählung des Besitzes mit der Grenze. In unserem Falle ist damit festgestellt, daß die Purchstale an den Herrschaftsgrenzen angelegt wurden. Die Anlage eines Purchstals im Gelände ist oft ein Anhaltspunkt, um den manchmal unklaren Grenzverlauf einer alten Herrschaft fixieren zu können, auch wenn keine urkundlichen Belege darüber vorhanden sind. ' Oö. Urkundenbuch 4, S. 443.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2