OÖ. Heimatblätter 1961, 15. Jahrgang, Heft 2/3

Grabherr; Der Burgstall Der Burgstall (,,das Purchstal") Von Norbert Grabherr (Linz) Das Wort „Burgstall", im Mittelalter „das Purchstal", wird im heutigen Sprachgebrauch für Reste bzw. für Lagestellen von Bauanlagen verschiedenster Art und aus verschiedenen Zeiträumen verwendet, die als gemeinsame Eigenschaft wehrhaften Charakter aufweisen. Daß vormittelalterliche Anlagen als „Burgstall" bezeichnet werden, liegt nahe, da derartige Anlagen durch ihre Größe bzw. Ausdehnung, durch ihre Lage auf Berghöhen, -rücken, -lehnen, durch ihre Verwallungen und Grabensysteme den Laien zur Annahme verleiten, man habe es mit einer mittelalterlichen Befestigung zu tun. „Burgstall" nennt man oft auch Reste von mittelalterlichen Anlagen, die in ebenem Gelände, auf einem Hügel mit umgebendem Graben errichtet waren. Diese Anlagen, bei denen es sich um Hochhäuser^ handelt, rechnen wir nicht zu den Wehrbauten, so daß für sie der Name „Burgstall" von vornherein unzutreffend erscheint. Schließlich wird „Burgstall" für die Lagestellen abgekommener Burgen verwendet. Zu dieser Veiwendung des Wortes ist zu sagen; Unter einer Burg versteht man eine ge mauerte Anlage, die entweder auf einem Berge oder in den Hang gebaut ist und wehrhafte Kennzeichen hat. Im Früh- und Hochmittelalter wurde ein solches Bauwerk als „Veste", gelegentlich auch als „Haus" bezeichnet, doch letzteres nur dann, wenn es ein ständig bewohnter Sitz war. Einen in der Ebene angelegten Wehrbau nannte man, wenn er mit Wassergräben umgeben war, „Slos" bzw. „Geslos". Der Burgstall im eigentlichen Sinne, „das Purchstal", ist eine ganz bestimmte Art eines mittelalterlichen Wehrbaues. Es handelt sich um eine Wehranlage, die nicht als gemauerter Bau, sondern in Erdtechnik errichtet wurde. Die Anlegung eines Purchstals richtete sich nach den Gegebenheiten der Bodenformation, der Bau war jedoch immer auf einem vorspringenden Sporne im Hange angelegt, wobei das Kernwerk (Hauptwerk) auf der nach drei Seiten abfallenden Spornspitze lag. Ein tiefer Graben, von Hang zu Hang gezogen, mit vorgelegtem Wall (Hauptwall), trennte das Vorgelände vom Kernwerk. In der Regel befand sich vor dem Hauptwall noch ein zweiter Graben mit dem niedrigeren Vorwall. Der Grabenaushub diente zur Aufböschung der Wälle, die auf ihrer Krone verpalisadiert waren. Das Kernwerk war ebenfalls von einer Palisade umfangen, die in manchen Fällen in einer aus Bruchsteinen in Lehmpack aufgeführten Mauer verankert war. Der Zugang erfolgte über einen beweglichen Steg, der im Bedarfsfalle leicht entfernt werden konnte. Der Raum im Innern der Palisade bot naturgemäß nicht viel Platz zur Errichtung von Baulichkeiten, so daß aus reinen Zweckmäßigkeitsgründen nur ein einziges Bauwerk errichtet wurde. Es war dies ein Turm aus Holz in Blockbauweise, stockhoch mit Plattform und Brüstung; da dieser über die Palisade ragte, konnte das umliegende Gelände gut über wacht werden. Im Turme war die Besatzung untergebracht, waren die Vorräte und die zur Verteidigung notwendigen Waffen und Geräte gelagert. ^ Vgl. Norbert Grabherr, Falkenjagd, Vogeltennen und Hochhäuser in Oberösterreich, Co. Heimatblätter 13 (1959), S. 382-386.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2