OÖ. Heimatblätter 1961, 15. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichisdie Heimatblätter wir auf, das Feuer wurde frisch angefacht, und in mächtigen Gefäßen sod der wärmende Caffee an der Gluth. Aber welch ein Schauspiel: im Norden, Süden und Westen umzogen Gewitterwolken mit schmalen schwarzen Streifen den Horizont, und von Minute zu Minute durchfuhr ein Blitzstrahl die fernen Grenzen des Himmels mit pfeilschnellem Fluge, und warf ein fürchterlich schönes Licht rings auf die schrolfgezackten Felsenmassen, die uns umgaben, und wie Zauberbilder bald riesenartig im Lichte hervortraten, bald wieder in schweigendes Dunkel zurückschwanden. Doch tiefer und tiefer sank das Gewitter unter im fernen Horizont, und nur flüchtige Streifen bezeichneten noch seine Spur. Unbeweglich sah nun unser unge duldiges Herz dem kommenden Tag und der Sonne entgegen, die der glühende Osten schon kündete. Endlich stieg sie empor die Königin des Tages und begrüßte uns und die tausend emportauchenden Felsen mit ihrem ersten segnendem Strahle! Wervermag den Anblick zu beschreiben, wer die Gefühle auszusprechen, die ein solcher Morgen über uns ausströmte? Wir standen und genoßen stumm in den himmlischen Anblick versunken, bis sich endlich die gefesselte Zunge löste und ein frohes Lied die neue Schöpfung begrüßte, die unter uns auferstand. Da lag sie nun vor uns, die schöne Gotteserde mit ihren Höhen und Tiefen, hie und da noch schlummernde Thäler mit halbgetheilten Schatten, und hoch über ihnen Bergwiesen im lieblichen Morgenroth. Der majestätische Thorstein und seine Eismassen, die gezackten Felsen des Gosauersteins und die gähe Traunwand, an sie gereiht die nächsten Umgebungen des Wolfgangersees, und über ihnen glühende Häupter von Salzburgs Felsen, unter ihnen der Untersberg, weiterhin in blauer Ferne Tyrols strahlende Gletscher! Links herüber vom Thorstein die Umgebungen vom Hallstädtersee und Steyermarks Felsenzüge mit dem hoch emporragenden Grimming bis herüber zum dunklen Höllen gebirge und dann immer mehr gegen Gmund en und die seine Umgebungen abdachenden Berge. Unten am Fuße des Schafbergs der Mond- Atter- und Wolfgangsee mit ihren lachen den Ufern und Schlössern und Ortschaften, weithin in blauer Ferne die Flächen des Chiem sees und Bayerns gesegnete Fluren. Doch genug der Beschreibung, jeder komme, sehe und fühle, und sage dann selbst, ob nicht das Salzkammergut ein kleines Paradieß sey. Unsere Führer versicherten uns, daß man bei ganz reiner heiterer Witterung selbst die Türme der Münchner Frauenkirche erkennen könnte. Uns aber drohte bald ein neidisches Wölkchen, das sich vom Thorstein herüberzog, zu verhüllen, und zwang uns vom wunderlieblichen Anblick zu scheiden. Entzückt über unser vollendetes Vorhaben, und seine glückliche Ausführung, stiegen wir gemächlich den Abhängen entlang zu den Hütten herab, vor denen unser Völkchen schon wieder recht wacker sich herumtummelte. Es hatte uns schon vor Sonnenaufgang auf der Spitze überrascht, und war, als es das herrliche Schauspiel eine Zeitlang besehen hatte, unter fröhlichem „Geludel" wieder zu den Sennerhütten hinab gestiegen. Da kamen uns nun die zahlreichen Heerden der Sennerin entgegen. Eine nach der andern zogen sie langsam den Berg herauf, voran die stolze Glockenkuh, mit harmoni schem Getöne. Bald waren wir vorüber, und erreicht waren die Hütten, in denen schon ein gastliches Frühstück unserer harrte. Fröhlich saßen wir nun zusammen ums trauliche Feuer, genossen des köstlichsten Rahms und der Butter, schäckerten und lachten im süßen Gespräche über die romantische Alpenwirthschaft und unsre frohe Genügsamkeit.

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