Oberösterreidiische Heimatblätter Um die Aussicht dieses so bequem zu ersteigenden Berges in ihrer vollen Ausdehnung und Schönheit genießen zu können, kann man billig zwei Tage aufopfern, wenn man ihn von Ischl aus bereisen will, denn jene zwei Tage wird man zu den schönsten seines Lebens rechnen. Mit der frohesten Hoffnung einer anhaltend schönen Witterung setzten wir uns dicht aneinandergedrängt in den Wagen und fuhren um zwölf Uhr Mittags von Goisern ab, mit dem festen Vorsatze, nicht am Fuße des Schafbergs zu St. Wolfgang am friedlichen See, sondern unter einer der trauten Alpenhütten auf der Mitte seiner Höhe zu übernachten. Zu diesem Zwecke aufgepackt, klapperte hinten im Wagen ein vollgefüllter Korb mit Lebensmitteln, besonders aber Wein aus Steyermark und Caffee, um zu einem guten Frühstück mit frisch gemolkener Alpenmilch bereitet zu werden. Wohlgemuth fuhren wir nun, nachdem wir auch Ischl im Rücken hatten, durch das herrliche Thal, welches die Ischl durchschlängelt, dem fernen Wolfgang zu; rechts die hohe Zinitz, links das Kattergebirg und der Janizen, weiter hin das hohe Gebirg Weissenbacher mit seinen dunkeln schroffen Spitzen, die majestätischen Tannenwälder in den Zwischenthälern, freundliche Häuschen hin und wieder, bald an der Straße bald hinter grünen Tannengehägen hochstämmiger Wachholder, der hier in beson derer Größe gefunden wird, kühle Buchenalleen, durch die sich die treffliche Straße zog, imd endlich, als wir zu dem letzten Hügel lenkten, der See mit seinen allmächtig steigenden Ufern, sein Ende im Westen versteckt, durch den, auf Felsen gegründeten niedlichen Markt Wolfgang, kurz Alles machte uns so fröhlich und frisch, daß wir nur bald uns um Führer umsahen, noch einiges zum Proviant fügten, im Wirthshause neben der Kirche, wo wir sehr gut bedient worden, Griesbeile entborgten, und im festen Vertrauen auf die liebe Sonne und unsere Füße, gleich außerhalb des Marktes zu steigen begannen. Mit ihren Kraxen auf den Rücken zogen die beiden Führer voraus, immer gieng es noch theils über Wiesen, theils durch Buchengehölz, nur wenig bemerkbar in die Höhe, wir durchschnitten noch einige kleine Thäler, durch die herrliches Quellwasser in hundert kleinen Fällen fortschoß. Schäckernde Mäherinnen wünschten uns noch glückliche Reise, und muthig begannen wir nun, vom Tannendunkel und dichten Schatten aufgenommen, die steilere Reise. Aber welch ein entzückender Anblick, als sich zum erstenmahle eine herrliche Gebirgswiese uns eröffnete, wir einzeln hinaustraten aus des Waldes Dunkel in den Abendsonnenschein, der lange goldene Streifen über die Thäler zog, den tausend kleine, vom Abendwinde be wegte, kaum bemerkbare Wellchen auf des See's Fläche zurückspiegelten. Schweigend setzten die Führer ihre Tragkörbe am Wege nieder, zum Zeichen der allgemeinen Rast, und gerne kauerten wir uns ins duftende Alpengras, um froh das Auge über die Gegend schweifen zu lassen, die nun wie eine neue Schöpfung aus des Thaies Grunde aufgestiegen war. Nur die oberste Spitze, die noch blitzend im Abendgolde unter die Tannenwipfel heraufsah, konnten wir noch von dem Kirchthurme Wolfgangs sehen, vor den ganzen Markt hatte sich ein lichtgrüner Waldesrücken vorgezogen, und uns das diesseitige Ufer entrückt. Aber desto lieblicher trat das jenseitige Ufer mit seinen zerstreuten Häuschen hervor, und neue Bergeshöhen hoben sich darüber noch im frischen Sonnenglanze, als wollten sie sich noch recht satt sonnen im Abendstrahle. — Doch wir mußten scheiden vom wunderlieb lichen Bild, und rüstig giengs wieder bergan, bis endlich die letzte Höhe erstiegen war, und der windende Weg uns auf die Hochebene der Schafberger Alpen führte. Ein halbes
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