OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Pfeffer: Mühlviertel in der Frühzeit Über die Waldverteilung gibt uns auch noch eine andere Gruppe von Siedlungsnamen, die der Rodungsnamen (Schlag, Reit, Brand, Asang, Schwand, Stock u. ä.), Aufschluß. Die südliche Grenze dieser Rodungsnamen verläuft an den Süd- und Osthängen des Ameis bergmassivs nach Norden bis zur heutigen Landesgrenze bei Haslach, stößt dann am West rand des Linzer Waldes nach Süden bis Buchenau vor, weicht an dessen Ostrand nordwärts bis Freistadt zurück und erreicht, der Westabdachung des Weinsberger Wald folgend, bei Karte 5 Grein neuerlich die Donau. Südlich dieser Grenze finden sich nur einzelne Horste von Rodungsnamen, so auf der Höhenschwelle von Amreit (zwischen Neufelden und Rohrbach) und im Bereich des Pfenningberg-Hohenstein-Massivs, vor allem entlang der tief einge furchten Talläufe und an den Steilrändern des Massivs. In den außerhalb dieser Namen grenze gelegenen Teilen des Mühlviertels, in der Mühl- und Gusen-Aist-Senke, im Wörth und im Machland, hat also die Rodung bei der Anlage der Siedlungen offensichtlich keine oder doch nur eine untergeordnete Rolle gespielt; wir würden sonst auch in diesem Raum Rodungsnamen finden, die ja zum Namengut der ältesten bairischen Siedlung zählen (777 Shlegin= Schlügen, 992 Riute= Stockham bei Eberstallzell u. a.). Das Fehlen der Rodungsnamen deutet auf die lockere Bewaldung hin, soweit es nicht mit der Tatsache zusammenhängt, daß weite Teile des Mühlviertels überhaupt schon längst besiedelt waren, als die Baiern hier seßhaft wurden. Auch die Altnamen der Mühlviertler Waldgebirge grenzen den „Bezirk der Hochgebirgs- Karte 1 Wälder" sehr deutlich gegen die Zonen der aufgelockerten Bewaldung ab. Der vom 9. —13. Jahrhundert nachweisbare, zusammenfassende Name Nordwald kommt in der Hauptsache den Waldmassiven des Böhmerwaldes und des Weinsberger Waldes zu. Als Nordwald sind bezeichnet im Jahre 853 das Waldgebiet nördlich von Zell bei Zellhof®, 1125 der Wald „über Lasberg hinaus"®, 1151 und 1209 der Königswiesener Wald'. Für jenen Teil des Nord Waldes, der die Grenze Böhmens bildet, tritt seit dem 10. Jahrhundert auch der Sonder name „Böhmerwald" auf: um 905 heißt das oberösterreichisch-böhmische Grenzgebirge „Silva Boemica", 1224 das Waldgebiet nördlich von Freistadt „Boemicum nemus"®. Als „Böhmerwald", „silva Boemitica", ist im 12. Jahrhundert aber auch das Waldmassiv des Linzer Waldes bezeichnet®, das sich nicht nur durch seine Höhe, Ausdehnung und dichte Bewaldung, sondern auch durch seine siedlungsgeschichtliche Entwicklung (Spätrodungsgebiet der Waldhufendörfer!) als echter Bestandteil des Nordwaldes ausweist. Hingegen wurden die übrigen südlichen Ausläufer des Böhmerwaldes und Weinsberger Waldes, der Passauer und Greiner Wald, vom Nordwald unterschieden; sie tragen schon früh die Son derbezeichnungen „Silva Patavia" und „Painwald"^®. Im Jahre 1010 widmet König Heinrich II. dem Kloster Niedernburg in Passau „jenen Teil des Nordwaldes in der Länge von der Quelle der Hz entlang dem bairisch-böhmischen Grenzgebirge bis zur Quelle der Rotel, in der Breite entlang diesen beiden Flüssen bis zur Donau, alles, was von jenem Walde innerhalb dieser Grenzen liegt"^^. Auf Grund dieser Ur- ® Oö. UB. 2, S. 16 f. Nr. 12 (Nortwalt). ' Oö. UB. 2, S. 164 Nr. 110 (ultra Lozperch . . . . in Silva, que dicitur Nortwalt). ' Oö. UB. 2, S. 259 Nr. 172 (silva Nordica); Oö. UB. 2, S. 517 Nr. 360 (Nordica silva in Kunegeswisen). 8 Oö. UB. 2, S. 54 Nr. 39, S. 648 Nr. 448. » Oö. UB. 2, S. 273 Nr. 182. " Oö. UB. 2, S. 54 Nr. 39, S. 228 Nr. 155. " Oö. UB. 2, S. 204 Nr. 138.

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