OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Aschauer: Die oberösterreichischen Eisenbahnen Da zum Zeitpunkt der Fertigstellung der beiden Linien nach Salzburg und Passau die ent sprechenden bayerischen Anschlußstrecken bereits in Betrieb standen (Eröffnung München— Rosenheim 21. Oktober 1857, Rosenheim—Traunstein 7. Mai 1860, Traunstein—Salzburg 1. August 1860, Passau—Straubing 20. September 1860), hatte Oberösterreich, das seit 1858 nach Osten hin an das Wiener Eisenbahnnetz (Nordbahn, Südbahn) angeschlossen war, am 12. August 1 860, also vor nunmehr 100 Jahren, auch im Westen den Anschluß an das europäische Schienennetz gefunden. Inzwischen war die Kaiserin-Elisabeth-Bahn, entsprechend den Konzessionsbedingungen, nach Auflösung der Ersten Eisenbahngesellschaft am I.Jänner 1857 Eigentümerin der Bahn Budweis—Gmunden geworden mit der Verpflichtung, die Pferdebahn Budweis—Linz normalspurig umzubauen. Die Pferdebahn-Strecke Linz—Lambach wurde aufgelassen, während Lambach—Gmunden als erste Zweiglinie der Westbahn schmalspurig weiter geführt wurde; erst im Jahre 1903 wurde sie auf Normalspur umgebaut. Von den eisenverarbeitenden Gewerben des Enns-, Steyr- und Kremstales, vor allem von der Stadt Steyr, war von ungefähr 1850 an dringend eine Verkehrsverbindung Oberöster reichs mit Steiermark und Kärnten gefordert worden. Der Regierungsentwurf eines öster reichischen Eisenbahnnetzes von 1864 hatte hiefür eine Bahn von Bruck an der Mur über Steyr nach Haag (Nö.) zur Westbahn vorgesehen; er führte zur Gründung eines Zentral komitees in Wien. Im Jahre 1865 bewarb sich das Komitee um mehrere Bahnverbindungen von der Westbahn ausgehend über Leoben, Villach und Udine zum Adriatischen Meere. Die am 11. November 1866 der K. K. priv. Kronprinz-Rudolfs-Bahn-Gesellschaft in Wien erteilte Konzession lautete unter anderem für eine Eisenbahn von St. Valentin über Steyr, Hieflau, Rottenmann, St. Michael nach Villach mit mehreren Flügelbahnen, darunter von Kleinreifling nach Amstetten; sie verpflichtete ferner die Gesellschaft zur Herstellung einer Nordverbindung von St. Valentin zur geplanten Franz-Josefs-Bahn Wien—Gmünd—Prag. Der von der Regierung aus militärischen Rücksichten (Krieg mit Italien 1866!) geförderte Bahnbau begann bereits Ende 1866; am 15. August 1868 wurde die Teilstrecke St. Valentin -Steyr, am 7. Oktober 1869 die Fortsetzung bis Küpfern (Weyer, Abb. 17, 18, 19) in Betrieb genommen. Der zum Großteil in Oberösterreich liegende technisch schwierigste Teil der Bahn „durch das Gesäuse", Weyer—Selzthal (79 km lang), der den Bau von 7 Brücken und 14 Tunnels erforderte, konnte erst am 20. August 1872 eröffnet werden. Im gleichen Jahre (am 11. November) wurde auch die 43,8 km lange Zweiglinie Kleinreifling—Amstetten (nur 14 km auf oberösterreichischem Boden!) dem öffentlichen Verkehr übergeben; die Fertigstellung der südlichen Hauptlinie bis Villach erforderte dagegen noch ein weiteres Jahr (bis 25. November 1873). Die geforderte nördliche Verkehrsverbindung wurde von der Kaiserin-Elisabeth-Bahn gleichzeitig mit dem Abbruch der Pferdebahn durch den Bau der normalspurigen Bahn Budweis—St. Valentin mit Zweiglinie Gaisbach-Wartberg—Linz durchgeführt; die Be triebsaufnahme der erstgenannten, 119,3 km langen Strecke erfolgte am 2. Dezember 1872, jene der Zweiglinie (24,7 km), durch schwieriges Rutschgelände bei Gaisbach verzögert, erst am 20. Dezember 1873.

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