OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter II. Die Privatbahnzeit (1856—1880) Die Verwendung des Dampfes als „bewegende Kraft auf der Schienenstraße" bedeutete einen entscheidenden Wendepunkt im Eisenbahnverkehr, den die Welt englischem Erfinder geist verdankt. Die von George Stephenson (1781 — 1848) mit seiner „Locomotion" im Jahre 1825 erzielten Erfolge hatten überall bahnbrechend gewirkt. In Österreich war mit der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn (Baubeginn 1836/37) die erste große Lokomotiv-Eisenbahn entstanden, dank dem Weitblick und der Energie wieder eines technischen Wissenschaftlers, des Professors der Mineralogie und Warenkunde an dem 1814 gegründeten Wiener Polytechnikum, Franz Xaver Riepl (1790 — 1857). Im Jahre 1829 wurde von ihm ein für die damalige Zeit staunenswert großzügiges Eisenbahnnetz der österreichischen Monarchie erdacht, das Verkehrsverbindungen Wiens einerseits mit den nördlichen Kronländern (bis Krakau) zur Erschließung der reichen Bodenschätze (Salz und Kohle 1) andererseits nach Ungarn (Warasdin) und mit dem Adriatischen Meere (Triest) herstellen sollte. Der glückliche Umstand, daß diese große Idee durch das einflußreiche Wiener Bankhaus S. M. Fr. v. Rothschild kräftige Förderung und für die Ausführung hervor ragende Fachmänner fand, war für die schließliche Verwirklichung ausschlaggebend. Befremden muß, daß an die Ost-West-Verbindung Wiens noch nicht ernsthaft gedacht wurde, vermutlich deshalb, weil damals der Donau-Wasserweg, insbesondere seit Einführung der Dampfschiffahrt (1837), für ausreichend gehalten wurde. Es verdient daher erwähnt zu werden, daß ein Oberösterreicher zu den ersten gehörte, die für eine Verbindung mit dem Westen, vor allem mit Süddeutschland, eintraten. Der Handelsmann Anton Wurmb®) aus Neumarkt am Hausruck (1811 —1866) hatte Ende 1844 ein Privilegiumsgesuch für eine Eisenbahn von Linz über Eferding und Neumarkt nach Braunau zum Anschluß an den Schiffsverkehr von Wien vorgelegt, das jedoch von der Regierung abgelehnt wurde. Erst das Eisenbahn-Konzessionsgesetz vom 14. September 1854, das nach Abkehr vom Staatsbahn-System den privaten Unternehmern neuen Anreiz gab, führte auch zur Her stellung der vielseitig geforderten Westverbindung durch die Bewerbung des Wiener Groß kaufmannes Hermann Dietrich Lindheim um die Konzession zur Erbauung der Westbahn von Wien über Linz nach Salzburg und zur bayerischen Grenze bei Passau, die am 8. März 1856 erteilt wurde. Die Konzession erwarb die im gleichen Jahre gegründete K.K. priv. Kaiserin-Elisabeth-Bahn-Gesellschaft, die mit dem Bau der aus wirtschaftlichen und militärischen Gründen südlich der Donau über St. Pölten geführten „Westbahn" (wie sie allgemein genannt wurde) bereits im Juli 1856 begann. Trotz der schwierigen Gelände verhältnisse ging der Bau rasch vorwärts; am 15. Dezember 1858 wurde die Strecke bis Linz (Traunbrücke Abb. 15, Linz Abb. 26), am 1. September 1959 bis Lambach, am 1. März 1960 bis Frankenmarkt (Abb. 16) und am 12. August 1860 bis Salzburg in einer Länge von 313 km vollendet und (eingleisig betrieben) dem öffentlichen Verkehr übergeben. Auf oberösterreichischem Boden verläuft die Hauptstrecke in einer Länge von 109 km von der Ennsbrücke bis knapp nach der Haltestelle Ederbauer, wo die Westbahn nach 10,6 Pro mille Steigung in 602 m ü. d. Adr. M. ihren höchsten Punkt erreicht. Die aus Ersparnisgründen in Wels — statt wie geplant in Linz — abzweigende Passauer Linie (81 km lang) konnte nach einjähriger Bauzeit am 1. September 1861 in Betrieb ge nommen werden.

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