OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreic±iische Heimatblätter dem sie ihre auf dem Donauweg eingeführten Waren in Aschach, der obersten Zollstation des Ostlandes, verzollt hatten, an allen Donauumschlagplätzen zwischen Aschach und Ybbs landen und von hier aus im Gebiet von der Donau bis zum Böhmerwald ohne Belastung durch weitere Abgaben frei Handel treiben. Wir haben es dabei nicht etwa mit einem Transit handel von Baiern durch das Ostland nach Böhmen zu tun, denn dann wäre, wie die Zoll vorschriften für die Ausfuhr des bairischen Salzes von Mautern nach Mähren erweisen, auch an der böhmischen Grenze ein Ausfuhrzoll festgesetzt gewesen. Da eine solche Bestimmung fehlt, haben die bairischen Händler ihre Waren im Mühlviertel selbst verkauft, was voraus setzt, daß hier bereits eine genügend zahlreiche kaufende Bevölkerung vorhanden war, die einen solchen Handel auch lohnend machte. Bemerkenswert ist, daß Aschach im Gegensatz zu den beiden anderen Zollstätten, Ybbs und Mautern, einen gestaffelten Zolltarif hatte; die Inhaber der Salzschiffe, die irgendwo an den Donauplätzen des nördlichen Eferdinger Beckens landeten und nicht nach Linz weiterfuhren, brauchten nur eine ermäßigte Zoll gebühr zu erlegen. Vielleicht sollte dieser Vorzugszoll einen Anreiz für die bairischen Salz händler bilden, auch das noch dünner besiedelte Obere Mühlviertel zu beliefern, wo das Geschäft jedenfalls weniger blühte, als in der viel dichter besiedelten Riedmark? Sehr aufschlußreich sind die Zollvorschriften für die Händler, die, wie die Urkunde sagt, „de Rugis vel de Boemanis" ins Ostland einreisten und landwirtschaftliche Erzeugnisse auf die ostländischen Märkte brachten, um Salz und gewerbliche Artikel dafür einzuhandeln. Da die Bezeichnung „Rugi" manchmal auch für die Böhmen verwendet wird, könnte das „Rugi vel Boemani" der Urkunde eine Doppelbezeichnung für Böhmen sein. Der Sprach gebrauch der Zollordnung läßt aber auch die Möglichkeit offen, daß zwei verschiedene Länder, Böhmen und das einstige „Rugiland", also das nördliche Niederösterreich, gemeint sind. In diesem Fall bezeugt die Zollurkunde nicht nur die alten, im einzelnen erst später im 12. Jahrhundert urkundlich genannten Böhmerstraßen des Mühlviertels, wie die „via regia" Ottensheim—Neufelden—Krummau, die „via antiqua versus Boemiam" Linz—Hellmonsödt—Schenkenfelden—Oberhaid—Budweis, die „via ab antiquis exaltata" Enns— Pregarten—Lasberg—Freistadt—Budweis, sondern auch den Handelszug zwischen der Riedmark und dem nördlichen Niederösterreich, an dem uns später die sogenannte „uralte Straße durch den Königswieser Wald" entgegentritt. Die ins Mühlviertel einreisenden rugisch-böhmischen Händler mußten ihre genau festgelegten Zollgebühren überall dort entrichten, wo sie „loca mercandi", also Marktplätze, innehatten, „sei es am Ufer der Donau oder im Rotelland oder in der Riedmark". Durch die Gebietsbezeichnungen „in Rotulariis" und „in Reodariis" sind bekanntlich das Mühl- und Machlandviertel zum allerersten Mal als eigene Bezirke unterschieden. Der „Bezirk der Rieder" (Riedmark) hat seinen Namen offenbar vom — damals gerade hundertjährigen! — Pfarrort Ried (Reoda, Reode) an der alten Straße Lorch-Wartberg-Lasberg-Freistadt-Böhmen. Das „Rotelland" ist entweder nach dem Rotelfluß oder nach der Siedlung nahe der Rotelmündung benannt, auf die sich wahrscheinlich auch das Rotala der Kremsmünsterer Urkunde von 777 bezieht. Die beiden Gebietsnamen knüpfen also an altbezeugte örtliclikeiten an. Die Zollordnung hebt ausdrücklich hervor, daß die Marktorte, an denen sich der Handel der Böhmen mit der einheimischen, bairisch-slawischen Bevölkerung des Ostlandes und mit den Importeuren der Provinz Baiern abspielte, nicht nur „am Donauufer" gelegen waren —

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2