OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter und noch prägnanter: zum Zweck der Missionierung schenkt der Kaiser dem Bistum Passau eine Reihe von „Orten". Karte 6 Vergleicht man diese „Orte" der Urkunde mit dem Netz der ältesten passauischen Urpfarren Ostoberösterreichs und Westniederösterreichs, so ergibt sich die überraschende Tatsache, daß die Urkunde von 823 alle alten passauischen Großpfarren in diesem Raum aufzählt. Es handelt sich um folgende weitreichende passauische Mutterpfarren: Trais mauer (Pfarrsitz in der Martinskirche zu Traismauer, später von Passau nach Herzogen burg übertragen), St. Michael in der Wachau (1159 von Passau dem Stift St. Florian über geben), Mutterpfarre des Pielachtales (Melk, hl. Stephan, 1693 an das Stift Melk übertragen), Naarn (hl. Michael), Ried i. d. Riedmark (hl. Remigius, Pfarre 1122 von Passau dem Stift St. Florian übergeben), Aschbach (hl. Martin, Pfarre 1116 von Passau dem Kloster Seiten stetten übertragen), Wolfsbach (hl. Veit, Pfarre 1116 von Passau dem Stift Seitenstetten übertragen), Petzenkirchen (hl. Stephan), Ardagger (seit 11. Jh. passauische Lehenpfarre Preisings), Stephanshart, Saxen (hl. Stephan, Pfarre 1147 von Passau dem Stift Waldhausen übertragen, die zweite „Basilika" derzeit nicht sicher festgestellt, vielleicht Mitterkirchen), Linz (hl. Martin, Pfarre im 13. Jh. an die Stadtpfarre verlegt). Diese dreizehn Großpfarren, deren Sprengel sich von der Donau in Niederösterreich bis zur steirischen Grenze, im Mühl viertel bis zur böhmischen Grenze erstreckten, füllten den gesamten Raum von der unteren Enns und dem Haselgraben bis zur Pielach aus und reichten mit dem vorgeschobenen Traismauer bis an die Traisen, mit St. Michael ins Waldviertel. Alle diese Pfarren sind passauische Eigenpfarren in fremden Herrschaftsbereichen, keine einzige von ihnen ist als passauische Gründung nachweisbar. Passau mußte seine Pfarr-Rechte wiederholt gegenüber den Ansprüchen der fremden Grundherrschaften verteidigen (Traismauer, Aschbach, Melk, Naarn!); einmal verschob es später den Pfarrsitz innerhalb des alten Sprengeis in eine, auf Eigengrund erbaute Kirche. Die Patrozinien St. Martin und St. Remigius (fränkische Nationalheilige!) wie auch St. Michael weisen auf das hohe Alter der Kirchen, die beiden ersteren unmittelbar auf fränkische Königsgründungen, die Stephanspatrozinien auf Passau als den Empfänger der Schenkung. Auf diese dreizehn Urpfarren kann ohne besondere Schwierigkeiten das gesamte, vom 11. Jahrhundert an näher bezeugte passauische Pfarrsystem des Unteren Mühlviertels und Westniederösterreichs zurückgeführt werden; in der Kar te 6 ist diese Entwicklung in großen Umrissen angedeutet. Das vom König in den einzelnen „Orten" geschenkte Gut umfaßte jedenfalls die Kirche und die zur Zeit Karls des Großen übliche Ausstattung einer Pfarre (Pfarrhof mit 25 bis 60 Joch Grund, Acker, Wiesen, Weiden, Fischwasser, Weinberge usw.). Aus der Reihe fallen, wie schon erwähnt, Zeiselmauer, Schönabrunn, wo es sich um größeren Landbesitz handelte®"^), und St. Florian, wo den Gegenstand der Schenkung das Kloster bildete, dem von Passau erst später die — aus dem Lorcher Sprengel ausgeschiedene — Pfarre übertragen wurde. Das geht aus den Grenzbeschreibungen hervor, die sich nur bei diesen beiden Besitzstücken finden. „Zeizzinmurus" wurde von König Ludwig bestätigt „mit jener Gemarkung, wie sie unser Vater Karl bestimmt hatte, nämlich im östlichen Landstrich bis zum hängenden Stein am Rand des Wienerwaldes (Greifenstein!), im Süden bis Königstetten, im Westen bis zum Ahornwald zwischen der Tulln und jenem Kastell (Zeiselmauer!) und jenseits der Donau bis Trebinse (Trübensee), Mochinleo (Unterzögersdorf, H. Wolf S. 314 f.) und Ezinburi." Dieser Grundbesitz wird dem Hochstift auch um 985 mit den gleichen Grenzen („von der Höhe des Wienerwaldes bis zum hängenden Stein und jenseits der Donau bis zur mährischen Grenze") bestätigt. Hier liegt die im Jahre 836 von Ludwig dem Deutschen mit eigener Urkunde geschenkte Kirche Kirchbach (St.

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