OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Stanunesland Karantanien von der Mitte des 8. Jahrhunderts aus immer mehr unter ihren Einfluß brachten, welchen Prozeß Tassilo III. im Jahre 772 durch die völlige Angliederung Karantaniens an Baiern abschloß. Als bald darauf Karl der Große die östlichsten Bezirke Baierns, den Traungau und das Mühlviertel, mit Karantanien und dem einstigen Hoheits gebiet der Awaren unter der Enns zur Markgrafschaft des Ostlandes zusammenfügte, war diese neugeschaffene Provinz zunächst ein mehrheitlich von Slawen bewohntes Land. Auch für diesen Zeitraum wäre ein Abfließen des Bevölkerungsüberschusses der alpinen Graf schaftsbezirke des Ostlandes, die verhältnismäßig wenig Siedlungsboden aufwiesen, in die günstigeren Siedlungsgebiete des Alpenvorlandes und Mühlviertels unschwer verständlich. Die slawischen Orts-, Gewässer- und Bergnamen, die uns Auskunft über das Ausmaß der Slawensiedlung im Mühlviertel geben können, sind noch nicht eingehend genug untersucht und daher umstritten®^. Tragen wir jene Namen, deren slawische Herkunft mehr oder minder klargestellt ist, in eine Karte des Mühlviertels ein, so zeigt sich, daß die Donauebenen des „Wörths" und des Machlandes keine oder nur sehr wenige slawische Namen aufweisen. Erst weiter nördlich, auf dem Windberg („Berg der Winden"), in der Gusen-Aist-Senke und nördlich des Machlandes, verdichtet sich die slawische Namenschicht Hier erweisen auch zahlreiche Gewässernamen, wie die Ragnitz und vielleicht die Rotilich (Kleine Rotel) auf dem Wind berg, die Jaunitz und Lanitz bei Haslach, der Timmingbach (Kreuzener Bach) bei Grein, die Visnitz, Feistritz, Planitz und die Freistädter Jaunitz in der Aistsenke, die beiden Sarmingbäche bei Sarmingstein und Prandegg, den Anteil der Slawen bei der Namengebung im neu erschlossenen Siedelraum. Diese slawischen Gewässernamen verästeln sich von den illyrisch-keltischen Flußnamen weiter in das Land hinein und kennzeichnen so das Fort schreiten der Besiedlung. Die bairisch-slawische Mischsiedlung spiegelt sich im Nebenein ander der einerseits mit „Wind", andrerseits mit „Baier" zusammengesetzten Ortsnamen. Die Slawennamen in ihrer Gesamtheit können insofern nur einen allgemeinen Hinweis auf den Siedlungsstand der Karolingerzeit bieten, als die karolingerzeitliche Namenschicht sich schwer von später aufkommenden Slawennamen scheiden läßt. Daß die Slawen aber schon an der Siedlung der Agilulfinger- und Karolingerzeit maßgeblich beteiligt waren, erweisen die oben erwähnten Urkunden. Nach der Puchenauer Urkunde von 827 siedelten die Slawen auf der Höhe des Massivs im Bereich der Koglerau. Die Regensburger Schenkungsurkunde hebt hervor, daß der Landstreifen zwischen Aist und Naarn von der Donau bis zum Nord wald von Baiern und Slawen bewohnt war. In der Zollurkunde von Raffelstetten erscheinen die Baiern und Slawen auf den Märkten des Mühlviertels als Käufer und Verkäufer. Als Belege der Zeitstellung bestimmter Siedlungsetappen werden sich Siedlungsformen und Ortsnamen vermutlich noch klarer abzeichnen, wenn einmal alle Erscheinungen, die Rück schlüsse auf den Siedlungsvorgang gestatten oder ihn mitgeformt haben, kartographisch möglichst genau erfaßt sind, so daß sich die Möglichkeit einer Zusammenschau und Über prüfung im Gesamten wie auch im einzelnen Fall ergibt; neben Karten der natürlichen Sied lungsvoraussetzungen, der Bodenfunde, Siedlungsformen, Ortsnamen gehören dazu auch F. Stroh, Die altslawische Besiedlung des Mühlviertels. Jb. d. Oö. Mus. Ver. 72 (1914) S. 65—106, mit Karte; E. Schwarz, Die Ortsnamen des östlichen Oberösterreich (1926). Die Ableitungen K. Schiffmanns (Das Land ob der Enns, 1922) gehen viel zu weit und sind im Historischen Ortsnamen-Lexikon z. T. berichtigt. Andrer seits dürften manche Namen slawischen Ursprungs bisher nicht erkannt sein.

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