Pfeffer: Mühlviertel in der Frühzeit Nach der Raffelstettener Zollurkunde Avar Mautern Grenzzollstation des Ostlandes gegen Mähren. Die frühbairische Besiedlung des Mühlviertels, das jetzt wieder, wie in der Römerzeit, abseits der großen Ereignisse (Awareneinfall, Ungarnzüge!) lag, konnte, wie im Süden der Donau, auch nördlich des Stromes an die bereits bestehenden illyrisch-keltischen Siedlungen an knüpfen; sie übernimmt hier eine Reihe vorbairischer (illyrisch-keltischer) Gewässernamen (Aist, Naarn, Gusen?, Mühl?) Einblick in die räumliche Ausdehnung der bairischen Siedlung in den ersten Jahrhunderten nach dem Seßhaftwerden des bairischen Stammes (6. —10. Jahrhundert) gewähren uns die Flur- und Ortsformen®®. Die unregelmäßige Blockflur, die im außeralpinen Bereich die Ge biete der ältesten bairischen Siedlung kennzeichnet, nimmt auf oberösterreichischem Boden nicht nur den Zentralraum südlich der Donau zu beiden Seiten der unteren Traun ein, sondern erstreckt sich auch auf bedeutende Landesteile nördlich der Donau. Das ziemlich geschlossene Verbreitungsgebiet dieser Flurform reicht im „Wörth" und im Machland bis zum Massivrand, in der Gusen-Aist-Senke jedoch bis zur Linie Altenberg-Neumarkt; es berührt sich hier mit den Flurformen der spätesten Rodungsperiode, den Waldhufenfluren des Linzer Waldes. Vom Kerngebiet der Blockflur „sprühen" einzelne Splitter dieser Flur form in der Mühl- und Aistsenke gegen den Rand des Nordwaldes. Sie bezeichnen offenbar erste Stützpunkte der langsam weiter nach Norden ausgreifenden Siedlung, günstige Plätze am Altwegenetz, die zuerst in Kultur genommen wurden. Die gleiche Streuung zeigen die zur Blockflur gehörenden ältesten Ortsformen, die Sammelsiedlungstypen der Haufendörfer und der unregelmäßigen Groß- und Kleinweiler. Das Verbreitungsgebiet dieser ältesten Flur- und Ortsformen deckt sich weitgehend mit jenem der urgeschichtlichen Funde, reicht aber verschiedentlich, etwa im nördlichen Gallneukirchener Becken und in der Mühlsenke (Windberg), darüber hinaus. Leer bleibt im Süden des Mühlviertels der verhältnismäßig steile Massivabfall zwischen dem Windberg und dem „Wörth" und am südlichsten Keil des Linzer Waldes, das Pfenningberg- und Hohen stein-Massiv und der Abfall des Massivs zum Machland. Neben den Baiern waren an der Besiedlung Ostbaierns und damit auch des Mühlviertels alpenslawische (slowenische) Siedler in nicht unbeträchtlichem Umfang beteiligt. Die Slawensiedlung in Oberösterreich, die u. a. durch die Kremsmünsterer Urkunden von 777, 791 und 888, durch das Puchenauer Weistum von 827, durch die Regensburger Schenkungs urkunde von 853 und durch die Raffelstettener Zollordnung um 905 bezeugt ist, wird meist mit dem Einbruch der Awaren über die Enns (um 700) in Verbindung gebracht, der den slawischen Siedlern den Weg nach Ostbaiern frei gemacht habe. Slawische Siedler konnten aber, um sich dem Druck ihres Herrenvolkes, der Awaren, zu entziehen, schon früher nach Baiern ausgewandert bzw. von den bairischen Herzogen direkt zur Mitwirkung am SiedlungsweiL berufen worden sein, besonders seit die letzten Agilulfinger das alpenslawische Wachau. Daß die drei von Erzbischof Adalwin von Salzburg in Jahre 865 geweihten Kirchen „ad Ortaha" „ad Werida", „ad Spizzum" die Kirchen von Orth a. d. Donau, Hadersdorf a. Kamp und Spitz in der Wachau waren, ist sehr unwahrscheinlich. H. Wolf, Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, Kirchen- und Grafschaftskarte Niederösterreich (1955) S. 10 f., 17 f. Anm. 16. A. Klaar, Siedlungsformenkarte, Reichsgau Oberdonau (1942); Atlas von Oberösterreich, Karte „Flurformen" (in Druckvorbereitung).
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