OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreidiische Heimatblätter uns gegen Ende der Römerzeit in der Notitia dignitatum vollzählig wieder entgegen; sie sind jetzt um das Kastell Ad Mauros vermehrt, welcher Name vielleicht dem — nach Ausweis der Funde erst im 3. Jahrhundert errichteten — Kastell Schlögen®® zukommt. Man ist gewohnt, der Anlage der oberösterreichischen Donaukastelle vorwiegend ein stra tegisches Prinzip zugrunde zu legen. Alle diese Kastelle befinden sich — mit einer einzigen Ausnahme (Schlögen) — im Bereich wichtiger Donauübergänge und scheinen bewußt zu deren Sicherung gegen Angriflfe vom germanischen Nordufer der Donau her angelegt wor den zu sein. Doch haben, wie dies für Boiodurum bereits dargelegt wurde®®, die westnorischen Kastelle angesichts der fernen Germanengrenze und der durch den Nordwald gegebenen natürlichen Schutzlage eine solche strategische Bedeutung primär kaum besessen. Die Römer legten ihre Garnisonen einfach in die keltischen Siedlungen, die an diesen wichtigsten Donauplätzen bereits bestanden und deren Namen ja die Römerorte auch weiterführten. Strategische Grundsätze werden besonders für die Wahl Albings (unmittelbar an der Donau unterhalb der Ennsmündung) zum Lager der II. Legion in Anspruch genommen. Der Standort dieses um 176 n. Chr. errichteten Legionslagers gilt als schlüssiger Beweis für die römerzeitliche Bedeutung des Weges Lorch — Böhmen und seiner Donauübergänge im Be reich der Ennsmündung. Aus dieser römischen Perspektive hat sich sogar ein Streit wegen des Vorranges des „Aistweges" vor jenen Saumwegen entsponnen, die in Richtung auf die Freistädter Pforte die Donau in Linz und St. Peter-Steyreck überqueren®'. Doch ist u. E. nicht außer acht zu lassen, daß das Legionslager vielleicht deswegen an die Donau verlegt wurde, weil so die engste Verbindung der Legionstruppen mit den ihnen zugeteilten MarineAbteilungen hergestellt war; diese Marine- und Pionierabteilungen gehörten zum integrie renden Bestand des Limesmilitärs. Im Gegensatz zum niederösterreichischen Limes besitzen wir für Obei'österreich bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts keine sicheren Nachrichten über Germaneneinfälle oder über eine Bewährung der oberösterreichischen Donaukastelle gegen Angriffe aus dem Norden. Dies gilt auch für die Markomanneneinfälle®®, bei deren bedeutendstem im Jahre 171 zahlreiche Zur späten Gründung des Kastells Schlögen: R. Noll S. 39 (Schlögen) " H. Schönberger, Saalburg-Jahrbuch 15 (1956) S. 76. " G. Pascher, Der Römische Limes in Österreich 19 (1949) Sp. 239 („Freistädter Steig"): „Was . . . für die römische Zeit sicher nicht stimmt, ist der Ausgang an die Donau bei Luftenberg. Der Steig muß vielmehr, dem Aisttal folgend, östlich der Enns die Donau übersetzt haben, sonst wäre die Stelle des römischen Legionslagers unerklärlich, das hier nach den Einbrüchen der Markomannenkriege ursprünglich in Albing angelegt ist und erst unter dem Druck der ungünstigen Terrainverhältnisse auf die hochwassersichere Stelle bei Lauriacum verschoben wurde." Daß sowohl von Enns wie von St. Peter-Steyreek-Luftenberg (und Linz) urzeitliche, auch während der Römerzeit benützte Steige nach Böhmen verliefen, steht außer Zweifel. Altwege von der Ennsmündung nach Norden verliefen über Ried-Hochstraß-Wartberg-Freistadt und über Hartl-HohenstegTragwein-Unterweißenbach (Königswiesen) bzw. über Schwertberg-Allerheiligen nach Niederösterreich; das Aisttal selbst blieb vom alten Verkehr unberührt. Die hervorragende Bedeutung des Linzer und Steyrecker Steiges ergibt sich — zu allen Zeiten — aus dem Salzverkehr von Hallstatt nach Böhmen, dessen kürzester Transportweg vom Trauntal aus die Donau bei Steyreck übersetzte. Von der Lage Albings schließt G. Pascher (Sp. 194) auf einen Einbruch der Markomannen in Oberösterreich: „Der Hauptstoß westlich des Wiener Beckens" ging „über den Freistädter Steig, der aus dem böhmischen Raum direkt nach Süden in die Gegend von Enns zielt und über Wels und Salzburg einerseits, Wels—Rottenmann andererseits den Anschluß an die Alpenstraßen nach Italien hat. Beweis dafür ist die Errichtung des Legionslagers an der Stelle von Albing bzw. Lauriacum-Lorch." Zu den angenommenen Markomanneneinfällen in Oberösterreich vgl. die folgende Anmerkung. R. Noll S. 18, 19, 50, 61: „Zerstörungsspuren (Brandschichten) in so manch einer römischen Siedlung Ober österreichs .... werden auf die Markomannenkriege zurückgeführt. Doch erfordert eine solche Ausdeutimg

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2