Pfeffer; Mühlviertel in der Frühzeit Beispiele solcher „generalisierender" Grenzangaben gibt es übrigens gerade hinsichtlich des nördlichen Landesgebietes von Oberösterreich auch noch in weit späterer Zeit. So sprechen z. B. die Aufzeichnungen über die Erhebung Österreichs zum Herzogtum (1156) bei der Erwähnung Oberösterreichs nur vom „Land ob der Enns und Krems", vom „Land zwischen der Enns und dem Passauer Wald (Salletwald)", verstehen darunter aber auch das Mühl viertel®®. Im Mittelalter trägt das gesamte alte Land ob der Enns gelegentlich die Landes bezeichnung „Traungau"®", so daß sich das Mühlviertel ebenfalls mit der Rolle eines namen losen Anhängsels begnügen muß, obwohl schon im 10 Jahrhundert die Raffelstettener Zoll ordnung den Bezirken des Oberen und Unteren Mühlviertels selbständige Bezeichnungen gibt und sie ausdrücklich vom Traungau unterscheidet. Die Bezeichung „Landl", die genau ge nommen dem gesamten Altoberösterreich, also dem Traungau und dem Mühlviertel, zu kommt, verwurzelte sich dort am tiefsten, wo das „Landl" im Gegensatz zu dem erst viel später oberösterreichisch gewordenen Innviertel steht, während sie auf das Mühlviertel nie angewendet wird. Das „Land im Norden der Donau" fällt also nicht nur in antiken, sondern auch in mittelalter lichen Landes- und Grenzbeschreibungen gewissermaßen „unter den Tisch", was einiges zur Verdunklung seiner älteren Geschichte beigetragen hat. 2. Die militärische Bedeutung Oberösterreichs in der Römerzeit Unter dem Gesichtswinkel der tatsächlichen Grenzverhältnisse muß auch die römische Limes organisation auf oberösterreichischem Boden betrachtet werden. Während Rom die nieder österreichische Donau-Grenze bald nach der Besetzung durch das Legionslager Carnuntum, später, unter Trajan (98—117) und Mark Aurel (161 —180), durch eine nördlich vorgelagerte Kastellkette (Stillfried am Kamp, Oberleiser Berg, Stampfen, Muschau, Theben, Preßburg®^) sicherte und oberhalb von Regensburg der Donau den rätischen Limes vorlegte, war es ähn lich umfassender Abwehrmaßnahmen im Bereich der Nordwald-Grenze enthoben. An die oberösterreichische Donau versetzten die Römer zunächst nur kleinere Truppenabteilungen, deren Erdkastelle aus der Zeit des Tiberius (14—37) in Linz und Lorch festgestellt sind®®. Erst Kaiser Claudius (41—54) verstärkte diese bescheidenen ersten Ansätze der Limes organisation, indem er — nach dem Bericht des Ptolemäus — an der Donau die „Städte" Vindobona, Arelate (Pöchlarn), Claudiovium und Boiodurum (Passau) „gründete", d. h. diese schon bestehenden Keltensiedlungen zu Garnisonsplätzen erhob. Das umstrittene Claudiovium wird u. E. mit Recht dem späteren Jovium-Joviacum gleichgesetzt®®, das wir in Eferding zu suchen haben®^. Diese tiberisch-claudischen Kastelle in Oberösterreich treten a flumine Anaso usque ad fluvium, qui dicitur Rotensala; ab Anaso usque ad silvam prope Pataviam, que dicitur Rotensala; a silva Pataviensi usque Anasum; ab Anaso sursum usque ad silvam Pataviensem; Lendel bey Ens und Ghrembs, terra supra Krembs et Anasum. F. Pfeffer, Das Land ob der Enns (1958) S. 30, 104. Traungaeu ab Oriente habens Austriam, a meridie Styriam, ab occidente Wawariam, a septemtrione Bohemiam. Mon. Germ. Script. 25 S. 641 f. E. Swoboda S. 43, 48 f., 60, 67, 105, 107, 212, 215. — Atlas von Niederösterreich, Karte: Die Römerzeit (H. Vetters, H. Mitscha-Märheim, 1958). R. Noll S. 16, 47 (Lauriacum), 50 (Lentia). In Eferding beginnt die geschlossene Reihe der Münzfimde erst mit Trajan (98—117 n. Chr.); Noll, S. 31. R. Trampler, Joviacum, das heutige Schlögen, und seine Umgebung (1905) S. 18—22. Zum Joviacum-Problem und anderen Fragen der römischen Topographie in Oberösterreich vgl. F. Pfeffer, Oberösterreichs Straßennetz in der Römerzeit, Oö. Heimatblätter 14 (1960) Heft 2.
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