Oberösterreichische Heimatblätter beleuchten. Zunächst ergibt sich die Feststellung, daß die heutigen Besiedlungszentren des Mühlviertels, die Donauebenen und die Gusen-Aist-Senke, seit der Jüngeren Steinzeit Kulturboden sind. Eindrucksvoll wird der Vorrang der Riedmark als Hauptsiedlungsgebiet der Urzeit sichtbar; hier sprechen die geschichtlich genauer faßbaren „ältesten Mühlviertler", die Illyrer und die ihnen folgenden Kelten, nicht nur durch die Bodenfunde, sondern auch durch einige von ihnen geprägte Namen (Aist, Naarn, Gusen?) zu uns. Weiter sehen wir, daß die Donau als Siedlungs- und Kulturgrenze ausscheidet. Hingegen tritt der Nordwald, dessen räumliche Beschränkung auf die eigentlichen Hochlandschaften auch durch die urzeitlichen Funde bestätigt wird, als breite, siedlungsleere Zone zwischen den Altsiedelgebieten des Mühlviertels, des niederösterreichischen Weinviertels und des böhmischen Zentralraums klar in Erscheinung. In der Keltenzeit, also in den letzten Jahrhunderten der vorchristlichen Zeitrechnung, wer den die Bewohner dieser drei, durch den Nordwald von einander geschiedenen Altsiedelgebiete auch in ihren Stammesnamen unterscheidbar. In Böhmen wohnte der keltische Stamm der Boier, der dem Land seinen bis heute fortlebenden Namen, Boiohaemum - Böhmen, verlieh. Die früher gelegentlich angenommene Zugehörigkeit des Mühlviertels zum Sied lungsgebiet der Boier ist nicht nachweisbar und auch völlig unwahrscheinlich; ein boischer Volkssplitter am Nordufer der oberösterreichischen Donau wäre von der Hauptmasse seines Stammes durch den breiten Urwaldgürtel des Nordwaldes völlig isoliert gewesen. Übrigens reichte auch der Geltungsbereich des Landesnamens Boiohaemum - Böhmen nie weiter nach Süden als bis zu den Hauptkämmen des Nordwaldes. Im nördlichen Niederösterreich siedelten die keltischen Rakaten, mit deren Namen — ob mit Recht, bleibe dahingestellt — einige niederösterreichische Ortsnamen, wie Ragaz-Raabs, und der tschechische Name für Österreich, Rakousy, in Verbindung gebracht werden®*. Daß das Mühlviertel zum Kelten reich Norikum gehörte, dessen Name später auf Altbaiern überging, ergibt sich aus der all gemeinen Grenzsituation und ist bereits früher richtig erkannt worden: „Gerne wüßten wir die Nordgrenze des norischen Reiches. Die Donau war es nicht, am ehesten kommt die heutige Grenze zwischen Oberösterreich und Böhmen in Betracht. Eine Volksgrenze war die Donau ebensowenig damals wie heute"®®. Als breite unbesiedelte Grenzsäume zwischen West-Norikum und Boiohaemum bezw. zwischen West-Norikum und dem Rakatenland tauchen an der Schwelle unserer Zeit rechnung die heutigen Landesgrenzen Oberösterreichs gegen Böhmen am Böhmerwald, gegen Niederösterreich am Weinsberger Wald in ihrer ersten näher greifbaren geschichtlichen Funktion vor uns auf. Diese Grenzen (Grenzsäume) sind die ältesten unseres Landes, sie ha ben in den zwei Jahrtausenden ihres faßbaren Bestehens in der Hauptsache nur eine schär fere Ausprägung erfahren: die einst breiten Grenzsäume verdünnten sich im Zuge der fortschreitenden Besiedlung immer mehr, bis sie zu Grenzlinien geworden waren. Die Grenz ziehung knüpfte wegen der eindeutigen Märkung vorzugsweise an Bachläufe und nur im Bereich des Böhmerwaldes an die wasserscheidenden Kammlinien an. Das Schrifttum zu dieser Frage bei E. K. Winter, Studien zum Severins-Problem (1959) S. 126 f. R. Egger, Oberösterreicb in römischer Zeit. Jahrb. d. Oö. Mus. Ver. 95 (1950) S. 135.
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