OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Pleffer: Mühl viertel in der Frühzeit weniger zahlreicher sind die Funde, die bisher oberhalb der 500-m-Höhenlinie zutage traten. Sie häufen sich bemerkenswerterweise an Altwegen, die später als wichtige Fernver bindungen nach Böhmen bezeugt sind. Die Fundverteilung zeigt sehr eindrucksvoll, daß sich das Zentralgebiet der jungsteinzeit lichen Siedlung ziemlich genau mit dem wein- und weizenbaufähigen Raum des Mühl viertels, mit dem „Zwischenbezirk" bzw. der „milden Stufe" (nach Werneck), deckt; sie erfaßte die Donauebenen des Mühlviertels, drang aber in der Gusen-Aist-Senke bereits über die Linie Gallneukirchen-Pregarten hinaus vor. Wie weit etwa auch die noch weiter nördlich gelegenen Funde der Mühl- und Aistsenke als Siedlungszeugnisse, als Belege für vorgeschobene Siedlungsstützpunkte an lagemäßig und klimatisch besonders begünstigten Plätzen gewertet werden können, müßte von Fall zu Fall untersucht werden. Zunächst liegt es nahe, diese Funde mit dem Salzverkehr in Verbindung zu bringen, der jedenfalls seit ältester Zeit von den Alpensalinen durch das Mühlviertel in das salzlose Böhmen ging. Einzelne dieser „Verkehrsfunde" scheinen manchen bisher weniger beachteten Verkehrsweg des Mühlviertels geradezu anzuzeigen. Die gleiche Verteilung wie die jungsteinzeitlichen Funde des Mühlviertels zeigen jene der Metallzeiten, die allerdings wesentlich seltener sind. Die Bedeutung der 400-m-Höhenlinie als Grenzsaum der ältesten Siedelgebiete des Granit massivs zeigt sich auch im niederösterreichischen Nordwald-Anteil. Auch hier machen die Funde aller urgeschichtlichen Perioden®^ im wesentlichen an der 400-m-Linie halt. Die Fundplätze Nordniederösterreichs liegen wie jene des Mühlviertels im weinbaufähigen Gebiet (Weinviertel), während das höher gelegene Waldviertel fast fundleer bleibt. Der enge Zusammenhang von Klima und Siedlung wird sichtbar, wenn wir die Fundplätze des Mühlviertels in Klimakarten eintragen; die größte Funddichte weist das Gebiet der mittleren Jahrestemperatur von 8—9° auf. Ebenso zeigt sich der beherrschende Einfluß der natürlichen Faktoren auf den Siedlungsstand, wenn wir die Streuung der urgeschichtlichen Funde mit der heutigen Bevölkerungsdichte vergleichen: die ältesten geschlossenen Siedlungs räume des Mühlviertels in der Gusen-Aist-Senke und im Machland decken sich weitgehend mit den heute am dichtesten bevölkerten Gebieten°^. Es sind dies jene Räume, in denen gerade in der jüngsten Zeit eine fortschreitende Zusammenballung der Bevölkerung stattfindet®®, während die Volksdichte in den höher gelegenen Teilen des Mühlviertels stabil bleibt oder zurückgeht. Demnach beginnt sich heute gewissermaßen eine rückläufige Bewegung abzu zeichnen, ein Zurückstreben in jene klimatisch, verkehrsgeographisch und im Zeitalter der Industrialisierung auch soziologisch günstigsten Bezirke, die das älteste Siedelland des Mühlviertels gebildet hatten. Die Urgeschichtsforschung vermittelt uns Erkenntnisse, die nicht nur für die Siedlungsgeschichte des Mühlviertels selbst bedeutungsvoll sind, sondern auch die geschichtliche Stellung des „Landes im Norden der Donau" im größeren Zusammenhang des Donau-Sudeten-Raumes Atlas von Niederösterreich, Karten; Alt- und Jungsteinzeit I (G. Moßler, 19521; Jungsteinzeit II (K. Hetzer. G. Moßler, K. Pazeller, 1954); Bronzezeit (F. Schreibenreiter, K. Willvonseder, F. Berg, 1958); Ältere und Jüngere Eisenzeit (H. Ladenbauer-Orel, G. Moßler, 1955). Vgl. Atlas von Oberösterreich, Karte 11: Bevölkerungsdichte auf siedelbarer Fläche 1951 (H. Maurer, 1958). Vgl. Atlas von Oberösterreich, Karte 12: Entwicklung der Bevölkerung 1951 —1955 (O. Lackinger, 1958).

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