OÖ. Heimatblätter 1960, 14. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Wo die Nordwald-Grenze in die Donau-Grenze übergeht, liegt aber auch der Anknüpfungs punkt einer bedeutungsvollen Grenzscheide zwischen West und Ost. Die südlichsten Aus läufer des Nordwaldes, die Neustadtler Platte bei Amstetten, der Hiesberg bei Pöchlarn, der Dunkelsteiner Wald bei Melk, stoßen dort über die Donau, wo von Süden her die Hoch alpen dem Strom am nächsten kommen; der Hochschwab (2276 m) und der ötscher (1892 m) sind die donaunächsten Hochgipfel der nördlichen Kalkalpen. Dieses Zusammenrücken der Böhmischen Masse und des Alpenbogens engt die Donauebene im Raum von Amstetten — St. Pölten zu einem schmalen Durchgang ein, der grenzbildende Wirkung besitzt. Diese „Österreichische Pforte" findet ihre Entsprechung im Zusammenrücken des Alpen- und Karpathenbogens, wobei die Grenzscheide des Leithagebirges und der Kleinen Karpathen (»Ungarische Pforte") einen über die Donau hinweg zusammenhängenden Grenzzug vor zeichnen, während der Wienerwald nördlich der Donau kein grenzbildendes Gegenstück besitzt. Eine ähnliche, sehr weiträumige nord-südliche „Trennungswand" quer durch die Donauebene bildet weiter westlich der Grenzriegel Passauer Wald-„Innviertier Tor"- Hausruck-„Frankenmarkter Tor"-Höllengebirge. Der Korridor von Amstetten-St. Pölten, gewissermaßen die südliche Verlängerung der Grenzzone des Nordwaldes über die Donau hinweg, erhält eine gehobene Grenzbedeutung, weil infolge der natürlichen Raumdynamik die Ausstrahlungsbereiche der Schwerefelder der bairischen Hochebene und des Wiener Raumes sich hier berühren und die von diesen beiden Polen ausgehenden Wellenkreise sich hier überschneiden. Als Grenzlinien in diesem „Zwischengebiet", das uns immer wieder als Grenzsaum zwischen West und Ost entgegentritt, zeichnen sich die Flußriegel der Enns, Ybbs, Erlaf, Melk ab; doch erhält schon frühzeitig die Enns den Vorrang. 5. Die Verkehrslandschaft Karte 1 Das Mühlviertel ist nicht nur ein ausgesprochenes Grenzland, sondern auch ein wichtiges Durchgangsland des Nord-Süd-Verkehrs. Die salzburgisch-oberösterreichisch-steirischen Alpenpässe und die Täler des Inn und der Salzach, der Traun, Krems, Enns und Steyr verbinden den Zentralraum Oberösterreichs mit dem Süden, mit dem Alpen- und Adriaraum. Von der Donau setzen sich diese Nord-Süd-Wege nach Böhmen fort. Die Hauptlinien des Mühlviertier Altstraßennetzes nahmen ihren Ausgang an der Donau von der Mündung des Inn, der Traun und der Enns, so daß wir in der älteren Straßengeschichte das Netz der „Passauer", „Linzer" und „Ennser Fernstraßen" des Mühlviertels zu unterscheiden haben; eine gewisse Eigenständigkeit erlangten auch die vom Eferdinger Becken nordwärts gerich teten Böhmerstraßen („Ottensheimer Fernstraßen"). Mit Beginn der Neuzeit begannen die von Passau ausgehenden Handelswege des obersten Mühlviertels und auch die vom Efer dinger Becken ausstrahlenden Fernwege ihre Bedeutung einzubüßen; ihren Verkehr zog Linz an sich. Im Reichsstraßennetz des 19. Jahrhunderts zeichnen sich die Verkehrswege durch die Mühl- und Aistsenke, die Reichsstraßen Linz—Neufelden—Aigen—Krummau, Linz—Freistadt—Budweis—Prag und Enns—Freistadt, als Hauptlinien des Mühlviertels ab. Heute ist das Bundesstraßennetz des Mühlviertels eindeutig auf Linz ausgerichtet. Es hat sich in der früher weniger hervortretenden Ost-West-Verkehrsrichtung verdichtet, während der einst so wichtige Nord-Süd-Durchgangsverkehr infolge der heutigen Grenzverhältnisse

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