OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter Die Reste der militärischen Anlagen des kaiserzeitlichen Lagers wurden gefunden, die Aufdeckung eines späten Mithräums mit als Spolien eingebauten Weihesteinen des Militärs sicherte die Kenntnis des militärischen Belages durch die ala Tampiana, von der man bisher annahm, daß sie in England gestanden habe; die ala I Thracum wurde als Belag für Lentia gesichert. Aus dem zivilen Stadtbereich stammt die Kenntnis von einem gallorömischen Umgangstempel, dem ersten nördlich des Alpenhauptkammes gefundenen Zeugnis der einheimischen keltischen Tempelbauten. Zuletzt konnte Paul Karnitsch das älteste aus Holz und Erde aufgeführte Auxiliarkastell freilegen, das beweist, daß bereits unter Augustus und Tiberius der Donauübergang von Linz militärisch gesichert wurde. Aus dem in stratigraphischer Schichtengrabung gewonnenen Fundmaterlal kann dabei erschlossen werden, daß - entgegen mancher Ansicht der modernen Forschung - diese Holzanlagen bis in die Zeit des Kaisers Vespasian bestanden. Aber nicht nur Freilegungen und Notgrabungen führt Karnitsch durch, mit der gleichen Hingabe erfolgt Zug um Zug nach der Aufdeckung die wissenschaftliche Publikation. Wenn auch Linz eines der Hauptarbeitsgebiete von Paul Karnitsch ist, so hat er doch stets auch dem Lande in seinem weiten Umfang sein Augenmerk geschenkt. Als 1951 die großen Grabungen des Oberösterreichischen Landesmuseums und des österreichischen Archäologischen Institutes in Lauriacum begannen, war es selbstverständlich, daß er auch hier seine Mitarbeit zusagte und die Bearbeitung der für die Datierung der Straten so wichtigen Münzen und Sigillaten übernahm; als Not am Mann war, griff er auch zum Spaten und konnte durch subtile Untersuchung das erste Holz-Erde-Kastell der tiberianischen Epoche feststellen. Die liebevolle Betreuung der sogenannten Kleinfunde ist von Jeher eine Stärke aller Publikationen Karnitschs. Im besonderen gilt aber sein Interesse der Sigillata, Jener rotglänzenden., in Modeln hergestellten, reich verzierten Keramik, die für die römische Kaiserzeit so charakteristisch ist. Auf diesem Gebiete hat es Karnitsch zur vollen Meisterschaft gebracht und weithin Anerkennung gefunden. Als große übersichtliche Arbeit liegt der stattliche Band über die Si.gillaten von Enns vor, der als dritter Band der „Forschungen in Lauriacum" erscheint. Eine mühevolle Arbeit, die in österrelch noch keinen Vorläufer besitzt und sich würdig an die großen Publikationen des Auslandes anschließt. Wir hoffen, daß ihr die Bearbeitungen der Sigillaten von Wels und Linz folgen werden. In Vorbereitung und fast fertig ist die Arbeit über die Sigillatatöpfereien der Engehalbinsel bei Bern (Schweiz). Diese reiche wissenschaftliche Tätigkeit, die ohneweiters die Arbeit eines Mannes auszufüllen imstande ist, entfaltet Paul Karnitsch neben seiner erfolgreichen, ben1flichen Arbeit als Leiter der Leistungsabteilung der allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. So leistet er doppelte, Ja dreifache Arbeit, und bis spät in die Nacht hinein ist er voll Schaffensdrang und Arbeitslust. Nur wer den stämmigen Oberösterreicher näher kennt, kann verstehen wie überhaupt ein Mensch diese Vielfalt von Arbeit zu leisten vermag. Es ist vor allem die Li.ebe zur angestammten Heimat, die Verbundenheit mit dem Volk und die Kenntnis seiner Geschichte, die Karnitsch diese erstaunliche Arbeitskraft schenken. Wir aber wollen wünschen, daß er noch lange zum '\l\Tohle und Ruhme seiner geliebten Heimat schaffe und arbeite. Hermann Vetters (Wien) Verzeichnis cler Schriften von Paul Karnitsch 1. Ein Grab der Trebicka - Periode in Scharlinz (Oberösterreich). Wiener Prähistorische Zeitschrift 13 (1926) S. 104 f . 2. Gräberfunde von Traunkirchen (Oberösterreich). Mitteilungen der Antliropologisehen Gesellschaft Wien, 56 (1926) S. 366 ff. 3. Der Münzfund von Rothenbachl bei Freistadt 0 . ö. 1923. Mitteilungen der Numismatischen Gesellschaft Wien 15 (1926) Nr. 83 - 85, S. 314 f . 202

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