OÖ. Heimatblätter 1955, 9. Jahrgang, Heft 2/3

Oberösterreichische Heimatblätter meist verließ er schon um Mitternacht den Tanzboden. Hochzeitsfeiern Bekannter oder Verwandter, Schützenfeste, das Eisschießen im Winter und das Kegelspiel im Sommer waren die harmlosen Belustigungen, die den Alltag unterbrachen. Der erste Anstich des Märzenbieres lockte ihn ins Gasthaus, aber er begnügte sich mit einer „Halben" um 8 Kreuzer. Andere Zerstreuungen waren die patriotischen Feste, die nicht selten waren und auf denen „Gesundheit" getrunken wurde. Rücksicht auf seine Stellung zwang ihn auch bei diesen Gelegenheiten zur Zurückhaltung. In der guten Jahreszeit liebte er es, mit seiner Familie und mit Freunden kleine Ausflüge zu unternehmen, man wanderte zum Hinteren Gosauschmied, zum Gosausee oder „ins Bachl" am Eingang ins Echerntal, manchmal sogar nach Lauffen, wobei meist der ganze Weg zu Fuß zurückgelegt wurde. Am Ziel stärkte sich dann die Gesellschaft mit einem „guten Schmarrn und Kaffee", mit „Speckknödel, geselchtem Schweinefleisch und Krapfen" oder aucti nur mit Bier, Brot und Käse. Das war auch für die Börse eines kleinen Beamten erschwinglich, denn eine solche Mahlzeit kostete samt dem Getränk nur 50 Kreuzer. Weder Aussee noch Hallstatt waren damals die berühmten Sommerfrischen, die sie heute sind, doch wurden sie auch in jener Frühzeit des Fremdenverkehres schon von hohen Gästen besucht. Erzherzog Johann weilte wiederholt in Aussee, sein Aufenthalt war häufig mit einer Tanzunterhaltung verbunden, zu der auch Khälß geladen war. Nach Hallstatt kamen fast alljährlich Mitglieder des kaiserlichen Hauses, auch der junge Kaiser und seine Gemahlin suchten den Ort gerne auf und nahmen beim „Deubler" (,,Alte Post" am südlichen Ende der Wolfengasse) einen Imbiß. Es war wie ein Hauch der großen Welt, der damit den abgeschiedenen Bergort berührte, und ein ganz kleiner Schimmer von dem strahlenden Glanz, der die Majestät umgab, blieb auch an ihrem bescheidenen, treuen Diener haften. Khälßens Ehe war vorbildlich, er fand für seine Frau immer nur gute Worte, ihr häufiges Kranksein machte ihm viele Sorgen. Sie wußte sich aber auch klug in die Verhältnisse zu schicken und durch Fleiß und Sparsamkeit mit dem wenigen auszukommen, das er ihr zu bieten vermochte. Innige Frömmigkeit ist für beide Eheleute charakteristisch, jeder Beichtgang ist im Tagebuch vermerkt und jede Wallfahrt der Frau. Mit 60 Jahren, am 1. Juli 1856, trat Khälß in den Ruhestand, nun war er „jubilierter Kassakontrollor" mit 533 fl Jahresbezug. ,,Gott gebe dazu seinen Segen", schrieb er mit einem deutlich merkbaren Seufzer nieder, als er sein Pensionsdekret erhielt, und Gott gab den Segen, 20 Jahre konnte er die Pension an der Seite seines „lieben Weibes" auf seiner geliebten „Gstöttenburg" genießen, ehe ihn am 17. Februar 1875 der Tod ereilte. Nicht ganz drei Wochen später folgte ihm seine Frau in den Tod nach, wenige Monate bevor sie die goldene Hochzeit hätten feiern können. Ein karges, einfaches, aber gerade durch seine Schlichtheit typisches altösterreichisches Beamtenschicksal hatte sich erfüllt. Ferdinand T r e m e 1 (Graz) 200

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