Oberösterreichische Heimatblätter Lenau liebe ich immer schon und, obwohl ich eigentlich ein fröhlicher Mensch bin, fühle ich mich stark angezogen von der Schwermut der „Teiche", besonders stark war dieses Gefühl in den letzten Jahren in Ried, da ich trotz der vielen Freunde im Gymnasium dort immer sehr allein, zumindest im Innern, war. Unvergessen sind mir die Merlingesänge, die Schilflieder und traurigen Herbstfarben. Ein Gedicht war es besonders, das mich beeindruckte, doch habe ich seltsamer Weise den Titel dann vergessen, es war ein Nacht- und Traumgedicht, in dem Lenau entrückend vom ,,Flötenschall der Urwelt" (dieses Wort blieb mir in der Erinnerung) singt. An ein Gedicht muß ich oft denken, obwohl ich es auch nur lückenhaft in meinem Gedächtnis besitze, es sind Ihre Verse: .,Schön ist auch das tote Lachen des Mondes, Wenn im Tümpel verrückt die Frösche schreien, Gespenster von Hunden um schlafende Hütten schleichen, Betrunkne sich am Dorfplatz hier begegnen." (Ich werde woM falsch zitiert haben. Verzeihen Sie das bitte meiner Vergeßlichkeit.) Den selben großartigen Eindruck machte mir Ihr Gedicht „Die Mulde". Mit großer Mühe vollendete ich gestern in der lärmenden Stube eine Erzählung, die ich Ihnen gerne senden möchte, da es meine erste Arbeit in Prosa ist und mir a.us diesem Grunde Ihr Urteil doppelt willkommen wäre. Allein die Schrift ist infolge der Hast derart schlecht, daß die Entzifferung Ihnen die größten Schwierigkeiten machen würde. So schickte ich die Blätter einstweilen nach Hause, und hoffe, vielleicht doch eine maschingeschriebene Abschrift zu bekommen, gesetzt den F'all, daß mein Bruder, der in einem Lazarett der Genesung entgegengeht, sich die Mühe nach seiner Heimkehr machen will. Lassen Sie mich diesem Briefe einige Gedichte anfügen, die zum großen Teil im Herbst kurz nach dem Einrücken, sowie in dies•em Winter entstanden sind. Nehmen Sie nochmals meinen besten.Dank für Ihre freundlichen Zeilen entgegen. Mit allen guten Wünschen bin ich Ihr Bruno Ammering • An F. X. Müller St. V<eit, 3. IV. 42 Mein hochverehrter, geliebter Freund! Nein, es gelingt mir nicht, nach Linz zu kommen; immer wieder verschiebe ich den T·ermin, weil ich krank bin, und so leide ich an großer Sehnsucht, Sie zu sehen. Seit meiner Rückkunft aus Wien, also seit Ende November, sitze i-ch im Lehnstuhl und komme nicht vor die Haustür. Vielleicht geht es bei warmem Wetter besser. Durch die liebe Lisitant erfahre i-ch immer wieder einiges über Ihr Befinden, und ich schlucke diese Brosamen gierig. Meine Schwester Lioba ist häufig kränklich, will aber nicht, daß es gesagt wird. Sie grüßt ehrerbtetig. - Ich freue mich, daß Sie so kräftig sind, die Anstrengungen während der Osterzeit auf sich zu nehmen. Mir fällt schon die heilige Messe meist s ehr schwer und macht mich für den ganzen Tag elend. Der hiesige Arzt verläßt bald seinen Posten und geht ins eroberte russ,ische Gebiet. Für mich kann das fatal werden. Aber wie Gott will! Ich lebe ja unnütz dahin. Frei'lich ist Buße auch ein Nutzen, aber nur für mich. Mein hoc:hwürdiger Herr Professor, erholen Sie sich nach Ostern vernünftig! Ehre sei Gott! An H. S. Waldeck • Ihr sehr ergebener, herzlich dankbarer Suso Waldeck Rudolfstr. 38, 10. April 1942 Mein lieber, hochverehrter Freund! Nun hast Du dru;i erlösende Wort gesprochen: Freund! loh nehme ea mit Rührung und Dankbarkeit entgegen und gebe es Dir freudig zurück. Wie Du siehst, bin ich mit der Türe ins Haus gefallen und bediene mich ohne jede weitere Formalität - aber mit Voraussetzung Deines gütigen Einverständnisses - des trauten Du. Unsere Seelen sind sich ja doch schon sehr nahe gekommen und wär's auch nur durch die „späte Grille" (für die eine hiesige Sängerin, hauptsächlich wegen des Textes, geradezu schwärmt). 196
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