OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Schrifttwn · Hans Nissenberger, der „maister vori Grätz", hat in der Schweiz (Einsiedeln), in Ravensburg und Wessenau, in Freiburg, am Mailänder Dom, in Basel und im Schwarzwald die Oberleitungen inne. In dem Ab!;;,chnitt „Die neuen Wege des 16. Jahrhunderts" treten nun auch die .AJStiwerkkirchen - wie das überragende St. Valentin oder das zukunftsweisende Krennstetten - und um Steyr die Schlinggewölbe in Erscheinung. In Steyr ist es Merten Kranschach, in Prag und Böhmen der NiederösterreicheT Benedikt Rieth, in und um Freistadt, aber auch im Graubündischen Mathes und Stephan Klayn. Neben Rosenberg wäre auch Kalsching einer Würdigung wert. Es scheint der Rosenberger Hütte eine sehr bedeutende Rolle zuzufallen, setzt doch in den Alpenländern der gotische Bau erst um 1400 richtig ein. Rippen in Astform werden besonders in Tirol und Kärnten durch die Brüder Firtaler propagiert; trotz tler Nähe Italiens ist aber keine Spur italienischer Renai:sance feststellbar. Unter den Arbeiten nach 1515 wäre die Südkapelle in St. Martin i. M. mit ihren übermächtigen Schlußsteinen, aber auch mit ihrer Uebersetzung einer Holzkonstruktion in Stein als beachtenswertes Beispiel der Besprechung wert. Im Nachleben der Gotik werden auch die Kasettendecker erwähnt (Schönau, St. Stephan). Nicht nur im 16. und 17., selb:t noch im 18. Jahrhundert leben, so wird deutlich gemacht, gotische Bauformen weiter. Aus dem überwältigenden Material wird klar, daß „von einer künstlerischen Rückständigkeit Oesterre.ichs in der Gotik keine Rede" mehr sein kann. Die anläßlich der Kremser Schmidt-Au:::stellung wiedererstandene Steiner Minoritenkirche ist die früheste gewölbte Bettelordenskirche auf deutschem Boden. Die Kremser Dominikanerkirche folgt unmittelbar der von Regensburg. Wir erkennen einen Zug zum Malerischen, oder auch zum „weichen Stil". Waren viele alte Irrtümer schon .durch Donin, Frey und andere richtiggestellt, so wird hier besonders auf die Bedeutung der Beharrung beim Ureigenen hingewiesen, die Oberösterreich eine ganz besondere Rolle einräumt. Eigenständiges Brauchtum und Kathedralgotik vermählen sich in Zwettl zu höchster Sonderleistung, auch Enns kommt eine bedeutende Rolle zu, indem es die Kryptaidee St. Pantaleons zur Hallenidee steigert und mit dem Langhaus zu einem der schönsten Wechselformräume kommt. Otfried K a s t n er * Richard W o l f r a m: Die Volkstänze in Oesterreich und verwandte Tänze In Europa. Salzburg (Otto Müller). 220 Seiten. Wolfram hat bereits durch das Meyer-Bildbändchen Nr. 25/1937 „Die deutschen Volkstänze" und durch ein später vom Krieg unterbundenes Lieferungswerk „Schwerttänze und Männerbünde" seine Vorliebe für den Volkstanz unter Beweis gestellt. Er krönt nun durch das -eben erschienene, vorbildlich ausgestattete Buch „Die Volkstänze in Oesterreich und verwandte Tänze in Europa" sein auf 30 Jahren eigener Sammeltätigkeit fußendes, vergleichendes Erforschen der Volkstänze. Es dürfte derzeit keinen zweiten Forscher geben, der in Ueberblick und Einblick auf dem Gebiete des europäischen Volkstanzes sich neben Wolfram stellen könnte. Sein Buch vermittelt nicht nur dem Forscher, sondern ebenso dem Heimatpfleger und jedem Freund des Volkstanzes, nicht zuletzt auch den Trachtenvereinen und Volkstanzkreisen eine umfassende Kenntnis aller mit dem Volkstanz zusammenhängenden Fragen und schließt damit eine lang empfundene Lücke in unserem Schrifttum. Dank der glänzenden Darstellung Wolframs, welche di-e Ergebnisse gründlicher wiEsenschaftlicher Forschung, die Früchte mühsamen Aufsammelns und die eigene Beherrschung der meisten Volkstanzformen · ebenso anschaulich wie flüssig zu gestalten weiß, kann sein ·Tanzbuch geradezu als ein richtiges Volksbuch bezeichnet werden. Die ungeheure Fülle des Stoffes und dessen umfassende geistige Verarbeitung wird mit so selbstverständlicher Ueberlegeiiheit bewältigt, daß s!ich das Buch .wJe ein 75

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