OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Für Wilhelm Raukamp hatte eine Berliner Au~tellung von Kopien alter Mosaikbilder und mittelalterlicher Glasmalerei besonders anregend gewirkt und eine entschiedene Abkehr von der herkömmlichen historisierenden Art bei kirchlichen Fenstern herbeigeführt. In gemeinsamer Arbeit entstanden nun auch die ersten kühnen Entwürfe für Holland, das 1919 und die . folgenden Jahre lebenswichtige große Aufträge erteilte. Diese Entwürfe für Kirchen in Heerlen und Heel bei Heerlen durften wesentlich freier und ohne jeden Anklang an die übliche, längst erstarrte Tradition neugotischer Art ausfallen, die in unserem Lande noch durchaus allein anerkannt war und allein geduldet wurde. Josef und Wilhelm Raukamp gehörten in diese,r Zeit auch dem Kreis an, der sich um den Maler Matthias May gebildet hatte und für das künstlerische Leben unseres Landes besondere Bedeutung gewonnen hat. Die fertigen Fenster für Holland gaben nun auch Anlaß, bei uns Freunde für diese neue Glasfensterart zu werben. So fanden in der Oberösterreichischen Glasmalerei laufend Führungen und Vorträge statt; Theologen und Laien aus den Reihen des durch Chefredakteur Danzer gegründeten Volksbildungsvereines zählten 2'ill den regelmäßigen Gästen Gekennzeichnet wird diese besondere, durch die holländischen Aufträge e·ingeleitete neue Technik bei uns am beEten durch die vorbildlichen Chorfenster der Vöcklabrucker Pfarrkirche. Die Figur wird völlig in die ornamentale Gesamtkomposition der Fensterfläche einbezogen. Welcher radikale Wandel damit geschaffen wurde und mit welcher erstaunlichen Zielsicherheit auf die künstlerische Wurzel der alten Glasfenstertechnik zurückgegriffen ist, mag eine Gegenüberstellung mit den üblichen neugotischen Fenstern zeigen. Hier sind in einen pedantischen und toten Architekturrahmen mit verschiedenen Durchbrüchen naturalistische Bilder und Szenen gesetzt, die wie transparente Staffelei-Oelbilder, ja manchmal wie Postkarten oder photographische Gruppenbilder wirken. Das leuchtende, farbkräftige Glas mittelalterlicher Kunst ist einer trüben, schmutzigen, braunen Membrane gewichen, die kaum da oder dort einen farbigen Akzent und dann noch einen unharmonischen zeigt. 1922 wurde es durch Vermittlung Hofrat Franz Bergers und Prof. Kasers möglich, die Hauskapelle der Schulschwestern in Vöcklabruck mit neuen Glasfenstern zu versehen. Die oben geschilderte Linie ist hier weitergeführt, in de·r Pfarrkirche von Vöcklabruck war die neue „radikale" Weise, durchaus wesensverwandt mit der alten Kunst, selbst mit dem Barock der Kirche „zusammengegangen". Hier in der Schwesternkapelle aber standen die neuen Fenster in völligem Gegensatz zur üblichen klösterlichen Kircheneinrichtung neuerer Zeit mit 'ihren typischen Andacht.Egegenständen. Dieser Kontrast wurde allgemein empfunden, die Störung der Einheitlichkeit den modernen Glasfenstern •angelastet und ein absichtliches Abweichen von der herkömmlichen Linie festgestellt. In der Folge kam es so·- gar zu einem ausdrücklichen Verbot, kirchliche Aufträge an die oberösterreichische Glasmalerei zu vergeben. Diese Krise konnte in mehreren Aucsprachen, die Josef Raukamp beim Diözesanbischof Dr. Gföllner ermöglicht wurden, in ednem offiziellen Auftrag für Domfenster - allerdings nur rein ornamentaler Art - überwunden werden. Daß sich Josef Raukamp mit seiner Glasmalereiwerkstätte der künstlerischen Ueberzeugung zuliebe ei~er solchen Gefahr -aUEgesetzt hatte, verdient wohl eine ganz besondere Erwähnung, In dieser Zeit hatte. die oberösterreichische Glasmalerei in dem leider zu .früh, verstorbenen Alois Gruber einen wertvollen Mitarbeiter und, Ji)J).twerfer.. pe~ Br1.11;i~f

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