OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Lebensbilder Josef Raukamp zum 70. Geburtstag Josef Raukamp wurde 1880 in Linnich im Rheinland geboren und kam 1895 zur Lehre in die Glasmalerei Oidtmann - Linnich, einen kunstgewerblichen Großbetrieb r.lit 80 Arbeitskräften, die in Zeichner, Zuschneider, Maler, Brenner, Verbleier gegliedert waren. Oidtmann selbst war nicht gelernter Glasmaler, aber an dieser alten Technik lebhaft interessiert, Verfa,rner von drei Büchern über Glasmalerei, stets auf Verbesserung und Verfeinerung der Technik bedacht, selbstkritisch den Leistungen seines Betriebes gegenüber, gegen den Widerstand seiner Mitarbeiter, die in einmal fe!::tgelegter und geläufiger Arbeitsweise verharren wollten. Zahlreiche Reisen brachten Otdtmann mit Meisterwerken alter Glasmalerei in Berührung. Nach der Rückkehr von diesen Kunstfahrten gab es im Betrieb heftige Kritik der nach Oidtmann künstlerisch immer noch unbefri-edigenden Leistungen seiner Leute. Der junge Raukamp wird mit allen Betriebszweigen bekannt und bildet sich schließlich zum Zeichner und eigentlichen Glasmaler aus, der die Schwa.rzlotzeichnung auf das Glasstück aufzutragen hat. Es ist das Zeitalter der Wiederholung alter Stile, im kirchlichen Bereich vorherrschend des romanischen und gotischen. Die Ausbildung des jungen Glasmalers ist im wesentlichen Uebung im Pinselzeichnen der entsprechenden Ornamente zur Erzielung eines sauberen, flüssigen, kalligraphischen Striches. Dazu kommen die für die Epoche wichtigen verschiedenen Ueberzugs- und Kratztechniken. Dieses Trüben der durchsichtigen Scheibe durch Ueberzüge und das Stumpfmachen der Leuchtkraft der Gläser geht dem jungen Glasmaler schon damals gegen das Gefühl und wird von ihm als unnatürlich empfunden. In dieser Zei.t erhält Oidtmann den Auftrag der Instandsetzung der alten Glasfenster der ehemaligen Abteikirche von Altenberg bei Köln und seine Leute gewinnen dadurch die Gelegenheit, genauer in die künstlerische Welt der alten Glasmalerei einzudringen. Es folgen große Aufträge für die Kathedrale von Metz, für Eger und Marianllill, eine Fülle von Arbeit, an der sich eine Werkstatt mit ihren Arbeitskräften erproben kann, günstige Voraussetzungen einer fruchtbaren Lehrzeit! 1900 ist Raukamp in Münster i. W. und hat hier in Abendkursen die Möglichkeit zur Weiterbildung, dann kommt er zu Schürer nach Linz. Was damals in de·r oberösterreichischen Glasmalerei entstand, ist am besten durch eine Abbildung aus dem Firmenkatalog zu erkennen. Als gelernter Hohlglasmaler hielt sich Schürer an die schablonenhafte Art durchschnittlicher neugoti!:cher Vorbilder. Durch die Mitarbeit Josef Raukamps, der nach dem Tode Schürers 1908 auch offiziell die künstlerische Leitung übernimmt, erhalten auch die nun entstehenden noch historisierenden Glasfenster eine persönliche Note. 1915 wird die Werkstätte durch Raukamp erworben. Ihr vorhergehender Besitzer Großmann hatte an dem Betrieb nur kaufmännisches Interesse gezeigt. Nach Rückkehr vom Kriegsdienst während des ersten Weltkrieges waren für Raukamp nun zwar alle Voraussetzungen zu ganz selbständiger Arbeit gegeben, die wirtschaftliche Lage unseres Landes war aber für eine Entfaltung künstlerischer Glasmalerei denkbar ungünstig. 1919 war ein Bruder Jo.Eef Raukamps, Wilhelm, nach dem Tode seiner Frau nach Linz gekommen, dieser, auch bei Oidtmann in Linnich ausgebildet, war in Berlin Inhaber einer großen Glasmalerei gewesen, in der hauptsächlich jener Glasfensterschmuck für Stiegenfenster und ähnliche profane Arbeiten hergestellt wurde, wle . er damals modern war. 65

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