OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Binna: Tod und Begräblii:s im'bäuerlichen·Bra.uclitum Oberösterreichs liebes. Es kommt unter einen Baum, auf die Wiese, den Acker oder an eine Stelle, wo niemand drüber kann, oder es wird in rinnendes Wa'Sser geschüttet, denn dieses reißt allen Schaden mit sich fort. Im oberen Mühlviertel dürfen das Wasser, die Gefäße, alte Schüsseln und die Tücher, mit denen der Tote gewaschen wurde, nicht mehr gebraucht werden. Am Abend des Todestages wird alles in fließendes Wasser geworfen. Auf dem Hin- und Rückweg wird gebetet. Während des Rückweges soll man nicht umschauen, damit die Ruhe des Toten nicht gestört wird. In Klaffer wird behauptet, daß die vielen Scherben in der •großen Mühl davon herrühren. Das Schneiden der Nägel wird nur im oberen Innviertel erwähnt. Dort und da wird dem Wasser Ess•ig beigegeben. Was früher fast allgemein war, nämlich das Abschneiden von Haarlocken, findet man heute seltener. Die Haarlocken wurden zur Ehrung unter Glas aufbewahrt. Waschschüssel, Haarkamm und Rasiermesser finden nach dem Gebrauch keine Verwendung mehr. Das Rasiermesser des Verstorbenen wird auch dem Rasierer als Geschenk gegeben. Das Messer wird auch vergraben (Ungen1;1,ch). Den Tieren wird der Tod des. Bauern oder der Bäuerin angesagt, sie könnten sonst eingehen. Denn nach gemeindeutschem Volksglauben will sich der Tote mitnehmen, was ihm gehörte. Der über das deutsche Sprachgebiet hinaus verbreitete Brauch zeigt zugleich ·die tiefe Verbundenheit des Bauern mit seinem Berufswirken, · mit seinem Hof. Es ist die Gemeinschaft eines Lebens, dessen Mittelpunkt die Arbeit ist. Den Bienen wird die Botschaft dreimal zum Flugloch hineingesagt, daß der Herr tot ist. Dem Vieh im Stall wird es knapp und hart gesagt: ,,Der Bauer is gstorbn". In manchen Orten wird das Vieh aufgetrieben, von den Kettep. losgelöst, es muß sich im: Stalle bewegen, daß sich die Seele des Verstorbenen nirgends aufhalten kann. Das Ansagen und Auftreiben des Viehs erfolgt oft erst beim Begräbnis, wenn der Sarg unter der Haustür steht, wenn der Tote von der Hoftürschwelle gehoben wird. In diesem Augenblick geht eine Person, die Auswärterin, mit einem Haselstecken in den Keller und rührt damit das Krautfaß, die Most- und Essigfässer, um sie vor dem Verderben zu schützen, das Vieh wird losgelöst „a'lassn", auch Bäume werden geschüttelt. Im ganzen Lande ist es Brauch, daß beim Abschied vom Hof die Bienenstöcke gehoben, ,,grigelt", werden. Depiny schreibt in seiner Kirchdorfer Volkskunde über das Ansagen. In Steinbach an der Steyr stellt sich dabei der neue Herr vor: ,,Euer Herr ist tot, ich .bins!" Es ~st die ins Bäuerliche übersetzte Königsformel: ,,Der König ist gestorben, es lebe der König!" Mancher Glaube, an dem das Volk hängt, ist Aberglaube, aller soweit er harmlos ist, wird man nicht zu viel dagegen sagen können. Wem schadet es beispielsweise, wenn das Gesinde vielerorts beim Abscheiden des Hausherrn durch Stall und Garten geht und Vieh, Bienen und Bäumen den Tod „ansagt". Es birgt der Brauch jedenfalls einen schönen Zug, der an die Wechselbeziehungen zwischen dem .herrschenden Menschen und der ..ihm dienenden .Kreatur. &.nknüpft. . 31

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2