OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Halm: Die Entdeckung der Donau als Welthandelsstraße Die weitausgreifende Unternehmungslust des Imster Voglers, dessen Nanierl wir leider nicht erfahren, zeigt noch ein zweiter Umstand, den Herbert hervorzuheben nicht unterläßt: der Imster treibt seinen Handel mit Kanarienvögeln auch gegen Norden und ist gewohnt, bis nach Petersburg zu gehen. Der, Handelsgeist des ungenannten Voglers und sein Handel mit so empfindlicher Ware, über so bedeutende Landstrecken hinweg zwingt uns, zumal wenn wir die damaligen Verkehrsmittel bedenken, auch heute noch ehrliche Bewunderung ab. Nicht 'So sehr also -die wenigen Vorgänger auf dem Wasserweg der Donau, die sich im Laufe der ersten acht Jahrzehnte des ganzen 18. Jahrhunderts an den Fingern einer Hand abzählen lassen, als der von Herbert aufgegriffene und nach Gebühr ausgewertete Fall des Vogelhändlers aus Imst führt dazu, daß die Donau, zunächst als brauchbare und bequeme, an Billigkeit unübertreffliche Handelsstraße vom Okzident zum Orient, von Staat zu Staat, von Volk zu Volk erkannt, endgiltig europäischer Besitz geworden ist. Denn: In bewußter Nachahmung des Vogelkramers tritt Internuntius Herbert selber drei Jahre darauf mit der Ausführung des ersten österreichischen Großunternehmens auf der Donau hervor, indem er Schiffsladungen österreichischer Waren von Wien bis nach Cherson brachte. Hier in Cherson an der Dnjeprmündung nämlich gründete Potemkin (1778), nachdem im Frieden von Kütschük Ifainardschi der Dnjepr von der Quelle bis zur Mündung ein russischer Fluß geworden war, einen sichernden Kriegs- und einen Handelshafen und ·gab ihm den feierlich klingenden griechischen Namen der Chersoner Handelsempore des Mittelalters, deren ehemaligen Standort man damals an der Dnjeprmündung vermutete. Cherson, die Lieblingsschöpfung Potemkins, gleichzeitig auch das Sorgen- und Schmerzenskind der Zarin Katharina II., sollte zu nichts weniger als einem „Alexandrien des Schwarzen Meeres" werden und die erwartete Revolution im Handel Europas, der am freigewordenen Schwarzen Meer ein neues Zentrum finden sollte, vollenden. Dem ersten dieser von Herbert ins Werk gesetzten Warentransporte von Wien nach Cherson (1782) erwies der erwähnte Pionierhauptmann Lauterer wertvolle nautische Dienste. An den Ufern des Schwar-zen Meeres angelangt,·entfaltete er als erster in der Geschichte die Kaiserliche Flagge (7. VIII.-1782). Hier mußten die Waren von dem Donaufahrzeug auf ein seetüchtiges russisches Schiff umgeladen werden, um nach Cherson zu gelangen. Aber schon wenige Monate später trägt die Donau ein Schiff gleichen Namens talwärts, das die für noch viel spätere Zeiten glanzvolle Leistung vollbringt, ohne umzuladen die Fahrt unterbrechungslos von Wien über das stürmische Meer bis Cherson zurückzulegen. Als die „Donau" in der Dnjeprmündung anlegte, war die Ueberraschung, daß die Kaiserliche Flagge, die auf dem türkischen Lauf des Donaustromes selten, auf den Ufern des Schwarzen Meeres ein einziges Mal vorher, in der Dnjeprmündung aber noch niemals zu sehen war, groß. Die „Donau" war das erste österreichische Schiff, dem die. Türkei erlaubte, . beliebig .oft da'S 23'

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2