OÖ. Heimatblätter 1952, 6. Jahrgang, Heft 1

Halm: Die Entdeckung der Donau als Welthandelsstraße Linien der beiden großen Ströme zu finden, deren Wasser sich im Schwarzen Meer vereinen. Die Felsenklippen des Dnjepr, die Rußlands Handel und Verkehr nach Süden beengt hatten, waren durch den Landgewinn des Friedens von Kütschük Kainardschi von jeglicher türkischen Bedrohung freigeworden, aber das Eiserne Tor an der Donau, das den Gesichtskreis Oesterreichs einschnürte, blieb weiterhin verschlossen. In dem nunmehr einsetzenden Wettlauf zwischen den beiden Flüssen, ilirer Betreuung und ihrer Bedeutung für Handel und Schiffahrt, wäre zu erwarten gewesen, daß Rußland früher an die Donau gelangte, wozu es sich im Friedensvertrag das Recht erkämpft hatte, als Oesterreich an den Dnjepr. Und doch kam es umgekehrt. Die Bemühungen Oesterreichs, den russischen Vorsprung wettzumachen; waren fieberhaft, Maria Theresia hatte schon während des Siebenjährigen Krieges auf die Eröffnung des österreichischen Handels nach dem Südosten gedrängt. Nun versieht Joseph II. den freien, breiten Rand wichtiger Eingaben sowie von Vorschlägen der .Staatskanzlei und des Staatsrates mit eigenhändigen, immer wieder wohlbegründeten und sachkundigen Resolutionen. Man sieht an Hand der Akten den Kaiser bei seiner täglichen Arbeit, eifrig studierend und erwägend, der Verantwortung seiner Tagesarbeit deutlich bewußt. Man sieht die Herren Räte in den Allongeperücken um den grünen Tisch versammelt, wo sie in langen Sitzungen diskutieren, wie man den Handel auf der Donau in die Wege leiten könnte. Man hört ihre gespitzten Gänsekiele über das körnige und wellige handgeschöpfte Papier kreischen, bis sie Memoranden oder wie man damals lieber sagte „Memoirs" und „Promemoria" zustandebringen, von denen manche den sehr beachtlichen Umfang von 200 Folioseiten erreichen und durch Verarbeiten aller zugänglichen Quellenschriften sowie eines reichen Zahlenmaterials den Eindruck einer heutigen wissenschaftlichen Monographie machen. Nach der Hauptstadt am Bosporu'S entsendet Oesterreich einen bedeutenden Internuntius in der Person des sprachkundigen, im Unterhandeln vielfach erprobten und bewährten, trotz seiner vornehmlich außenpolitischen Sendung den Bedürfnissen des Handels und der Donauschiffahrt aufgeschlossenen Freiherrn von H erb er t - Rathkeal. Er sieht seine Hauptaufgabe nicht nur darin, dem russischen Einfluß bei der Pforte wirksam die Spitze zu bieten, scndern bleibt eifervoll darauf bedacht, Oesterreichs Handel und Schiffahrt auf der Donau außerhalb der Erblande ins Leben zu rufen und zu sichern. Zum Unterschied von allen seinen Vorgängern erwirkt er von der Pforte die Erlaubnis, seinen Weg nach Konstantinopel zwecks Antritts seines Amtes auf der Donau zu nehmen. Er setzt seine neuernde Absicht durch und kommt 4.0 Tage nach seiner Abreise von Wien mit einer aus sieben Schiffen.bestehenden Flottille in Ruschtschuk an. Damit eröffnet er die seither unübersehbar gewordene Reihe der Fahrgastreisen auf der Donau. Doch das lag nicht in seinem Plan. Ueber mündlichen Wunsch Kaiser Josephs II., der aus militärischen, aber auch kommerziellen Gründen zuverlässige Angaben über den Lauf 2f

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