Halm: Die Entdeckung der Donau· als Welthandelsstraße größter Bedeutung war. Noch ist Oe'Sterreich im Jahr des Hubertusburger Friedensschlusses sich der Schwere dieses Verlustes nicht recht bewußt, als sich wiederum ausländische Initiative der Donau nähert, diesmal östliche und zwar erstmalig russisch-ukrainische Initiative. Noch sucht Oesterreich nicht nach einem Ersatz für das verlorene Schlesien, sondern umgekehrt: Rußland sucht Dinge der europäischen Zivilisation käuflich an sich zu bringen, ähnlich wie bei der ein wenig später ins Leben tretenden englisch-russischen Schwarzmeerhandelsgesellschaft oder wie im Mittelalter. Die Ostwest-Richtung, der Drang nach dem Westen, der kulturell höher steht, herrscht vor. Wieder gilt es, eine für den Landweg unbequeme Ware zu befördern, die noch heute ein von der Sowjetunion gesuchter und geschätzter Ausfuhrartikel Oesterreichs geblieben ist: Steyrische Sensen, also schwere Eisenlast. Aber auch dieser gigantische, rin echt russischer Weite gleich eine Million Sensen umfassende Plan des kaiserlich-russischen Hofrates Lady g in (1763) wurde nur zum kleinen Teil verwirklicht. Außer Sensen führt Ladygin mit Vorsicht zu befördernde Gegenstände wie Gemälde und den nicht minder ruhliebenden Ungarwein auf der Donau nachhause. Nachdem also zerbrechliches Glas und wohl auch lebende Vögel als erste, dann allmählich ungefüges Eisen, heikle Gemälde und Wein den ihnen bekömmlichsten Wasserweg herausgefunden hatten, folgten ihnen erst ein halbes Jahrzehnt später Kaufmannsgüter und zwar Galanteriewaren oder sogenannte „Nürnberger Waren", Linzer Zeug (bedruckte Leinwand) und Papier. Und zwar ist es der trotz seines hohen Adels kaufmännisch weitblickende und gewandte Graf Rüdiger S t a r h e m b e r g, der diese Kaufmannsgüter unter der Leitung des aus Nürnberg stammenden, in Oesterreich seßhaften Nikolaus K l e e m an n, auf der Donau nach der Krim sendet. Kleemanns Expedition (begonnen 1768, beendet 1771) ist die Tat eines echten Pioniers des Donauhandels. Er brachte als erster Kunde von sagenhaften Gegenden heim, von denen so gut wie kein einziger Europäer mehr etwas genaues wußte, seitdem die Türken Hand auf sie gelegt hatten (Goethe trat mit der ersten Fassung seiner auf der Krim spielenden „Iphigenie" acht Jahre nach Kleemanns Heimkehr hervor). Es war ein kühner Versuch, auf der Donau von den Erblanden aus die Krim zu erreichen, zumal Kleemann mitten in den beginnenden russischtürkischen Krieg von 1768/74 hineinfuhr. Aber der Versuch mußte gemacht werden, so brennend war schon das Bedürfnis geworden, den Waren der österreichischen Erblande an Stelle .Schlesiens einen neuen Absatzmarkt zu gewinnen. Blieb auch die von Starhemberg inspirierte und finanzierte, von Kleemann durchgeführte Entdeckungsfahrt ohne Nachfolge, so begann doch der Gedanke des Donauhandels und der Donauschiffahrt ins Ausland um sich zu greifen, denn die wachsende Notlage des österreichischen Handels wies immer wieder auf den Osten und als einzigen Weg zu ihm auf die Donau. Theoretische Vorschläge. regen sich von vielen Seiten, nicht von den beamteten zuständigen·
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